Grafikkarten 2023 im Test: Lautstärke, Temperatur und Leistungsaufnahme
3/4Lautstärke & Kühlung
Bei der Lautstärkemessung haben sich mit dem neuen Testparcours nur minimale Änderungen ergeben. Zum ersten Mal vermessen hat die Redaktion dagegen Intels Arc A770 und Arc 750, die beide beim Spielen auf eine Lautstärke von 38,5 respektive 38 dB kommen. Damit ist das Intel-Design hörbar lauter als die Konkurrenzmodelle. So kommt die Radeon RX 6700 XT zum Beispiel auf eine Lautstärke von 36 dB, die GeForce RTX 3060 Ti von lediglich 33,5 dB. Problematischer als die reine Lautstärke ist bei den Intel-Ablegern jedoch ein andauerndes Wummern der Lüfter, das dadurch entsteht, dass sie die Lautstärke nicht halten, sondern stattdessen immer die Drehzahl minimal variieren – und das lässt sich hören.
Arc und Radeon haben Fan-Stop-Probleme
Auf dem Windows-Desktop zeigt sich zudem, das der Fan-Stop bei den zwei Intel-Grafikkarten sinnlos ist. Dieser funktioniert zwar mittlerweile einwandfrei, doch wird die GPU auf dem Windows-Desktop so warm, dass sich der Fan-Stop nach einigen Minuten schlicht ausschaltet und die Lüfter dann dauerhaft weiterrotieren. Mit etwa 550 Umdrehungen in der Minute ist die Drehzahl zwar niedrig, doch sollte das so nicht passieren.
Genau dasselbe Problem zeigen die Referenzmodelle der Radeon RX 7900 XTX und Radeon RX 7900 XT. Aber immerhin funktioniert der Fan-Stop auf den Radeons in 3.840 × 2.160 bei 60 Hz noch einwandfrei, erst auf einem 144-Hz-Monitor gibt es die genannten Umstände. Weitere Messungen unten auf der Seite zeigen, warum dies so ist. Alle anderen AMD-Grafikkarten sind davon nicht betroffen. Auch die Flaggschiff-Modelle von RDNA 3 rotieren mit 500 Umdrehungen pro Minute, was es so eigentlich aber ebenso wenig geben darf.
Temperaturen unter Last
Auf die Temperaturen unter Last geht die Redaktion an dieser Stelle gar nicht weiter ein, denn sie liegen alle im absolut grünen Bereich. Darüber hinaus gibt es nichts Ungewöhnliches zu berichten. Anders sieht es dagegen bei den Temperaturen im Idle-Modus aus – eine Messreihe, die gewöhnlich kaum langweiliger sein könnte. Dieses Mal kommt es aber anders.
Denn dort erkennt man schnell, warum die Lüfter der Arc A750 und Arc A770 auf dem Windows-Desktop andauernd rotieren. Die GPUs werden mit je 48 °C ungewöhnlich warm. Und darum setzt der Fan-Stop nach kurzer Zeit wieder aus. 38 °C sind das höchste Ergebnis abseits der Arc-Grafikkarten.
Genau dasselbe Problem, nur noch extremer, haben die Radeon RX 7900 XTX und die Radeon RX 7900 XT, wenn der Desktop in Ultra HD mit 144 Hz statt 60 Hz betrieben wird. Mal eben 57 °C fürs absolute Nichtstun lassen sich dort messen. Auffällig ist, dass alle Radeon-Probanden bei 144 Hz deutlich wärmer werden als bei 60 Hz. Abseits der zwei Radeon-RX-7900-Kandidaten hat dies nur keine weiteren Auswirkungen.
Leistungsaufnahme: Spiele, YouTube, Desktop
Die nächste Messreihe geht den Fan-Stop-Problemen dann endgültig auf den Grund. Intel-Grafikkarten hatten von Anfang an keinen richtigen Idle-Modus und dies hat sich seit dem Launch nicht geändert. Und das hat die Auswirkung, dass sich die Arc A750 auf dem Windows-Desktop 37 Watt und die Arc A770 gar 43 Watt genehmigt. Die konkurrierende Radeon RX 6700 XT kommt in dem Szenario auf 8 Watt. Und die Kühler sind nicht in der Lage, die bis zu 43 Watt abzuführen, ohne dass die Temperaturen die Fan-Stop-Grenze nicht überschreiten.
RDNA 3 explodiert bei 144 Hz regelrecht
Absolut schockierend ist die Leistungsaufnahme von AMDs neuen RDNA-3-Grafikkarten im High-End-Segment, wenn in Ultra HD 144 statt 60 Hz auf dem Desktop genutzt werden. Aus 17 Watt bei der Radeon RX 7900 XTX werden dann mal eben satte 104 Watt. Auf dem Windows-Desktop – das ist regelrecht irre! Kein Wunder, dass der Kühler nicht in der Lage ist, mehr als 100 Watt ohne Lüfter abzuführen.
Auffällig ist dabei, dass sämtliche Radeon-Grafikkarten mehr Energie mit 144 Hz als bei 60 Hz benötigen, wenn auch nicht in dem Maße wie RDNA 3. Die Radeon RX 6800 XT kommt dann auf 43 statt 8 Watt, bei den anderen AMD-GPUs sieht es genauso aus. Ganz anders dagegen die GeForce-Probanden, die dies in den meisten Fällen nicht großartig interessiert. Ja, die GeForce RTX 4070 Ti benötigt bei 144 Hz 32 statt 19 Watt, was aber eine deutlich geringere zusätzliche Leistungsaufnahme als bei AMD ist. Zudem betrifft dies primär nur das Modell, die meisten anderen ziehen nur eine Handvoll Watt mehr.
Beim Dual-Monitor-Betrieb sieht es bei 144 Hz für AMDs RDNA 3 logischerweise nicht besser aus, dasselbe gilt für den realitätsnahen Fensterbewegungstest und die HDR-Videowiedergabe auf YouTube. Immerhin: Nochmals mehr Energie benötigen die Grafikkarten dann nicht. Ganz mysteriös wird es jedoch bei der Wiedergabe eines SDR-Videos auf YouTube, denn dann zieht die Radeon RX 7900 XTX statt 104 Watt plötzlich geringere 72 Watt. Wie dies überhaupt sein kann, ist völlig unklar, denn der Monitor wird ja trotz eines 4K60-Videos immer noch mit 144 Hz in Ultra HD angesteuert. Das Verhalten ist aber absolut reproduzierbar. Zumal die älteren Radeon-Ableger sich so nicht verhalten und bei der Videowiedergabe mehr Energie brauchen als auf dem Windows-Desktop.
Doch warum verhalten sich Radeons (und vor allem RDNA 3) bei 144 Hz so?
Es stellt sich noch die Frage, warum sich Radeon RX 7900 XTX und Radeon RX 7900 XT bei 144 Hz auf dem Desktop so völlig verschieden zu alten Radeons und sich Radeons generell anders als GeForce-Grafikkarten verhalten. Es ist offensichtlich, dass sämtliche AMD-GPUs beziehungsweise deren Display-Engine anders als die Nvidia-Ableger offenbar ihren DPM-State nicht mehr halten können, wenn die Bildausgabe deutlich schneller erfolgen muss (knapp 8,3 Millionen Pixel 144 statt 60 Mal pro Sekunde). Auch Nvidia-GPUs können das teilweise nicht, aber selbst dann sind die Auswirkungen davon nicht im Ansatz so hoch wie bei AMD.
Und dies ist ein nicht zu unterschätzender Nachteil. Bei RDNA 2 konnte das noch quasi ignoriert werden. Ja, die Leistungsaufnahme der Grafikkarte vergrößerte sich dann, ist aber zumindest nicht völlig aus dem Ruder gelaufen und es gab auch keine dadurch entstehende Probleme mit dem Fan-Stop. Bei RDNA 3 beziehungsweise zumindest den zwei RX-7900-Modellen ist dies nun anders. Auch zwischen den AMD-Generationen hat sich also etwas geändert – zum Schlechteren hin. Seit dem Launch von RDNA 3 steht das Verhalten so zwar als Bug in den Release-Notes sämtlicher Radeon-Treiber, doch hat sich diesbezüglich eben seit fünf Monaten absolut nichts geändert. Und ein UHD-144-Hz-Display ist bei Käufern einer RX 7900 XT/XTX sicherlich keine Seltenheit. Das ist etwas, was AMD unbedingt angehen muss. Und zwar schnellstmöglich, nicht irgendwann.
Leistungsaufnahme in Games
Im Gegensatz zu den Idle-Ergebnissen sind die Messwerte der Leistungsaufnahme beim Spielen regelrecht langweilig – weil es dort nichts Neues oder Ungewöhnliches gegenüber vorherigen Messungen zu berichten gibt. Neu sind natürlich auch dort die Ergebnisse von Intels Arc-Grafikkarten. Die Arc A750 benötigt unter Volllast 223 Watt, die Arc A770 kommt auf minimal höhere 231 Watt. Das sind bei letzterer 11 Watt mehr als bei der Radeon RX 6700 XT und 16 Watt mehr als bei der GeForce RTX 3060 Ti, die beide eine spürbar bessere Performance zeigen.
Energieeffizienz in FPS pro Watt
Auch bei der Energieeffizienz gibt es entsprechend wenig Neues. Nvidias Ada Lovelace ist klar die effizienteste Architektur auf dem Markt, AMDs RDNA 3 folgt an zweiter Stelle. Sämtliche GeForce-RTX-4000-Modelle liefern mehr FPS pro Watt als die Radeon RX 7900 XT und die Radeon RX 7900 XTX.
An letzter Stelle finden sich Intels Arc-Modelle ein, wobei die Arc A770 den vorletzten und die Arc A750 den letzten Platz einnimmt. Die Arc A770 liefert in Full HD 11 Prozent weniger FPS pro Watt als die Radeon RX 6700 XT und 26 Prozent weniger FPS pro Watt als die GeForce RTX 3060 Ti – obwohl Intel von allen drei Ablegern noch auf die modernste Fertigung setzt.
Mit aktiviertem FPS-Limiter bekommt man vor allem in Full HD dann fast schon das Gefühl, dass Nvidias Ada Lovelace Energie produziert. Je niedriger die Auflösung, desto effizienter kann RTX 4000 mit einem FPS-Limiter umgehen. Doch auch in hohen Auflösungen sind die Nvidia-Grafikkarten den Modellen von AMD klar überlegen, einzig WQHD ist die etwas merkwürdige Ausnahme. Dort agiert die RX 7900 plötzlich auf dem Niveau von RTX 4000 und ist teils überlegen, was in Full HD und Ultra HD nicht einmal im Ansatz gelingt.