Recht auf Reparatur: Untersuchung gegen Apple in Frankreich eingeleitet
Die französische Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung gegen Apple eingeleitet. Grund ist der Verdacht, dass das US-Unternehmen gegen den seit Anfang 2021 in Frankreich geltenden Reparatur-Index verstoße und Reparaturen bewusst verhindern soll. Gleichzeitig wird wegen betrügerische Geschäftspraktiken ermittelt.
Die nun eingeleitete Untersuchung geht auf die Nichtregierungsorganisation Halte a L’Obsolescence Programmee (HOP) zurück, die in Frankreich gegen die sogenannte geplante Obsoleszenz vorgeht und die bereits am 7. Dezember des letzten Jahres Klage gegen Apple einreichte. Dieser hat sich nun die französische Staatsanwaltschaft angenommen. Anlässlich des Besuchs von Apples CEO Tim Cook im nächsten Monat bei der Technologie-Konferenz VivaTech in Paris forderte HOP den Smartphone-Hersteller nun auf, das Recht auf Reparatur seiner Geräte zu gewährleisten.
Reparaturen nur mit Einschränkungen
Im Kern geht es um den Vorwurf gegen das von Apple betriebene sogenannte „Pairing“, bei dem der Konzern Einzelteile mit einer Seriennummer ausstattet, um Reparaturen durch nicht autorisierte Werkstätten unterbinden zu können. Dies hat nicht selten zur Folge, dass dadurch bei reparierten Geräten die Funktionalität eingeschränkt wird. So berichteten Nutzer eines iPhone 13 und 13 Pro, dass nach einem Display-Tausch Face ID nicht mehr nutzbar war. Erst mit einem Update auf iOS 15.2 hob Apple die Sperre nach großer Kritik wieder auf.
Der Verband sieht darüber hinaus die Gefahr, dass Apple weitere „Reparaturbremsen“ verschiedenster Art organisieren könnte. So müssen für die Anfang Dezember 2022 in Europa gestartete „Self Service-Reparatur“ erst einmal 391 Euro auf den Tisch gelegt werden. Darin inbegriffen sind 60 Euro Leihgebühr für die in zwei Hartschalen-Koffern gelieferten Werkzeuge, welche rund 36 Kilogramm wiegen sollen. Zusätzlich muss der Nutzer eine Sicherheitsleistung von 1.200 Euro für die Rücksendung der unversehrten Werkzeuge hinterlegen. Und das alles um vielleicht „nur“ das Display zu wechseln oder den Akku zu tauschen. Hier sieht HOP bereits das Recht auf Reparatur umgangen, da sich weder der Aufwand noch die Kosten für eine eigene Reparatur rechnen würden.
Gleichzeitig hofft die NGO dass zusammen mit der französischen Verbraucherzentrale DGCCRF (Direction Générale de la Concurrence, de la Consommation et de la Répression des Fraudes), welche in Frankreich eine Behörde des französischen Wirtschaftsministeriums darstellt und damit weitreichende Befugnisse besitzt, „die von der Vereinigung angezweifelten Serialisierungspraktiken seitens Apple zu ahnden und ihren kriminellen Charakter nachzuweisen“, so die HOP in einer Erklärung.
Laut der Organisation würde jedes Jahr, das ein iPhone zusätzlich genutzt werden kann, seinen CO2-Abdruck um bis zu 25 Prozent verringern. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass Reparatur und Wiederverwendung eine Priorität darstellt, wie es von französische und europäische Normen vorgeschrieben wird.
HOP schon einmal erfolgreich gegen Apple
Bereits 2020 ist die Organisation erfolgreich gegen Apple vorgegangen: Das Ende 2017 als „Battery-Gate“ bekannt gewordene Vorgehen seitens Apple, bei dem bei nachlassender Akku-Leistung der Prozessortakt ohne für den Kunden ersichtlich zu sein reduziert wurde. Bereits nur ein paar Tage später bestätigte der Hersteller die Drosselung für einige seiner Smartphones, um diese Anfang 2018 mit einem Software-Update zu entfernen. Gleichzeitig bot das Unternehmen betroffenen Kunden bis Ende 2018 einen von 89 Euro auf 29 Euro vergünstigten Akku-Tausch an. Das konnte aber nicht verhindern, dass Apple in Frankreich aufgrund der Vorkommnisse eine Strafzahlung von 25 Millionen Euro auferlegt wurde.
Milliardenklage in Großbritannien
Ein Ungemach ganz anderer Größenordnung erwartet das Unternehmen indes in Großbritannien: Dort droht dem Unternehmen aufgrund gleicher Verfehlungen eine Strafzahlung von umgerechnet 1,8 Milliarden Euro – plus Zinsen. Eine entsprechende Klage wurde Anfang Mai von Verbraucherschützern beim Londoner Competition Appeal Tribunal eingereicht. Apple weist die Vorwürfe von sich.
Doch auch in der Vergangenheit musste Apple in gleicher Sache tief in die Tasche greifen: Nach einer erfolgreichen Sammelklage gegen die intransparente Drosselung seiner Smartphone-Modelle iPhone 6, 6 Plus, 6s, 6s Plus und iPhone SE (1. Generation) mit iOS 10.2.1 (oder höher) sowie iPhone 7 und 7 Plus mit iOS 11.2 (oder höher) hatte Apple in den USA jedem betroffenen iPhone-Nutzer 25 US-Dollar Schadensersatz gezahlt. Auch wenn die Zahlungen zunächst gering anmutet, bedeutete die verlorene Klage eine Gesamtsummer von 310 bis 500 Millionen US-Dollar.
Aufgrund der weltweiten Vorkommnisse der letzten Jahre ist zu erwarten, dass Gerichte in der nächsten Zeit bei Apples Praktiken genauer hinschauen werden.