Amazon im Visier: FTC plant angeblich potenziell folgenschwere Kartellklage
Die US-amerikanische Federal Trade Commission (FTC) soll kurz davor stehen, eine Kartellklage gegen den E-Commerce-Giganten Amazon einzuleiten, hat Politico von vier mit der Angelegenheit vertrauten Personen erfahren. Erwartet werde die Klage schon im kommenden Monat.
Die FTC fechte damit voraussichtlich eine ganze Reihe von Geschäftspraktiken an, auf die Amazon seither zurückgreife. Sofern der Prozess erfolgreich verlaufe, könne die Klage eine gerichtlich angeordnete Umstrukturierung des Konzerns zur Folge haben.
Vorbereitungen laufen schon seit Monaten
Den Fokus wolle die FTC demnach mitunter auf einige von Amazons Regelungen richten, mit denen der Konzern niedrigere Preise in konkurrierenden Online-Shops verhindere sowie solche, mit denen das Unternehmen Händler dazu zwinge, seine eigenen Logistik- und Werbedienstleistungen zu nutzen. In Arbeit sei die Klage, die voraussichtlich vor einem Bundesgericht eingereicht werde, bereits seit Ende letzten Jahres. Seither habe die FTC Dutzende von Zeugen befragt und „Millionen von Dokumenten von Amazon und Dritten gesammelt“, um für eine gerichtliche Auseinandersetzung gewappnet zu sein.
Darüber hinaus wolle die Behörde aber auch Amazons Prime-Abonnement thematisieren. So befürchte die FTC etwa, der Konzern missbrauche das Angebot, um seine Marktmacht auf illegale Weise zu festigen. Und auch das digitale Werbegeschäft der Handelsplattform stehe auf dem Prüfstand. Diesbezüglich liege etwa der Verdacht im Raum, Amazon zwinge Händler dazu, Werbeanzeigen zu kaufen, um eine bessere Platzierung in den Suchergebnissen zu erhalten.
Jenen US-Bundesstaaten, die sich dafür interessieren, sich der Klage der FTC anzuschließen, wolle die Behörde bis Ende Juli weitere Informationen als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stellen. Jedoch sollen sich einige Staaten bereits dagegen gewehrt haben, dass die unter Verbrauchern beliebte Prime-Mitgliedschaft ebenfalls im Zentrum des Verfahrens steht. Einer der letzten und in Kürze anstehenden Schritte vor Einreichung der Klage soll darin bestehen, den Führungskräften und Anwälten von Amazon die Gelegenheit einzuräumen, ihren Fall vor der Kommission zu erläutern.
Nicht die erste Auseinandersetzung zwischen Amazon und der FTC
Es ist nicht die erste Klage der FTC gegen Amazon. So durfte sich der Konzern etwa schon im Sommer 2014 für zu geringe Schutzbarrieren in Bezug auf über den unternehmenseigenen App-Store getätigte In-App-Käufe verantworten. Dadurch war es Eltern nicht möglich, ihre Kinder vor hohen Ausgaben durch unerlaubte Käufe innerhalb von mobilen Anwendungen zu schützen.
Erst vor wenigen Wochen stimmte der Konzern Strafzahlungen in Höhe von insgesamt mehr als 30 Millionen US-Dollar zu, nachdem die FTC dem Konzern vorgeworfen hatte, mit über seinen Sprachassistenten Alexa sowie Ring-Geräte getätigten Video- und Tonaufnahmen aus dem Privatleben seiner Kunden nicht sorgfältig genug umgegangen zu sein. Darüber hinaus steht aber derzeit noch eine andere Klage im Raum, in der die FTC Amazon vorwirft, auf manipulative Mittel zurückzugreifen, um Kunden zum Abschluss kostenpflichtiger Prime-Abonnements zu drängen. Und auch die Kündigung dieser Abos habe der Konzern seinen Abonnenten zusätzlich erschwert.
Dass längst nicht jede Klage der FTC von Erfolg gekrönt ist, zeigte erst kürzlich die einstweilige Verfügung, die die Behörde gegen die Übernahme von Activision Blizzard durch Microsoft angestrebt hatte. Nach umfassenden Verhandlungen entschied die zuständige Richterin in diesem Fall zugunsten von Microsoft. Auch der darauffolgende Berufungsantrag der FTC wurde abgelehnt.