Grafikkarten-Stromverbrauch: Leistungsaufnahme und Spitzenlast in Spielen neu ermittelt
ComputerBase nutzt zur Messung der Leistungsaufnahme bei Grafikkarten ab sofort nicht mehr PCAT, sondern das deutlich genauere System Powenetics V2 (Details im Bericht). Konsequenterweise wurden alle AMD-, Nvidia- und Intel-Grafikkarten im Testparcours in Spielen neu vermessen – inklusive neuen Messreihen zum Spitzenverbrauch.
Das ändert sich bei Grafikkarten-Tests mit Powenetics V2
Anstatt 10 Messungen pro Sekunde wie mit PCAT kann ComputerBase die Leistungsaufnahme von Grafikkarten ab sofort mit bis zu 1.000 Messpunkten festhalten – jede Millisekunde gibt es einen Messwert. Das neue Messequipment Powenetics V2 (Bericht) macht das und noch mehr möglich. Konsequenterweise hat sich die Redaktion dazu entschieden, die Grafikkarten des aktuellen Testparcours neu zu ermitteln. In diesem Artikel geht es dabei um die Ergebnisse unter Last beim Spielen, ein Artikel zum Verbrauch auf dem Windows-Desktop folgt.
Ab sofort 100 oder 1.000 Samples pro Sekunde
Sämtliche Messungen werden ab sofort mit einer höheren Geschwindigkeit durchgeführt. Das bisher genutzte System PCAT von Nvidia hat 10 Messungen pro Sekunde ermöglicht, nun wird das Intervall auf 100 Messungen erhöht. Nur in Detailbetrachtungen werden Leser die ganze Datenflut von 1.000 Samples pro Sekunde auch zu Gesicht bekommen. Dasselbe gilt für den Fall einer Grafikkarten-Neuvorstellung um genau untersuchen zu können, wie sich das Modell unter Last verhält – und ob sehr hohe Spitzenlasten potenziell die Notabschaltungen von vermeintlich stark genug ausgelegten Netzteilen auslösen könnte.
Neue Messungen zum Spitzenverbrauch
Darüber hinaus wird es zwei neue Messreihen geben, die auf einen ähnlichen Effekt abzielen. Die eine beschäftigt sich mit der maximal gemessenen Leistungsaufnahme bei normaler Spielelast, die von den durchschnittlichen Werten je nach Modell deutlich abweichen kann. Die andere treibt das Ganze ins Extreme und zeigt als Worst-Case-Szenario die maximale Leistungsaufnahme beim plötzlichen Wechsel vom Idle-Modus auf Volllast.
Bei den gewöhnlichen Messreihen ändert sich hingegen wenig. Nach wie vor wird die Leistungsaufnahme in Full HD, WQHD und Ultra HD gemessen. Als Spiel kommt wieder Metro Exodus zum Einsatz, denn kein anderer Titel lastet moderne Grafikkarten so gut aus.
Ein neuer Ansatz für die FPS-Limit-Messungen
Etwas Neues gibt es auch bei den Effizienzmessungen mit Hilfe eines FPS-Limiters. Denn dort hat sich Metro Exodus als tückisch entpuppt, weswegen die Redaktion wieder auf das bewährte Doom Eternal zurückgreift. Es ist zwar nicht optimal, für Volllast- und Teillast-Messungen unterschiedliche Spiele zu verwenden, jedoch gibt es aktuell keine Games, die beides vergleichbar gut vereinen wie Metro Exodus und Doom Eternal im Doppel.
Die Idle-Messungen kommen noch – mit einer Überraschung
Auch sämtliche Messreihen im Idle-Modus auf dem Windows-Desktop und weitere Szenarien wie den Dual-Monitor-Betrieb und die YouTube-Messungen hat ComputerBase in den letzten Wochen erneuert. Die Ergebnisse werden in einem weiteren Artikel präsentiert – und es sei schon mal gesagt, dass es dort eine Überraschung gegeben hat.
Leistungsaufnahme beim Spielen in Full HD, WQHD und Ultra HD
Bei den Messungen unter Volllast gibt es wie erwartet kaum Änderungen. Das ist auch kein Wunder, denn die schnellere Messgeschwindigkeit (100 anstatt 10 Messungen pro Sekunde) macht bei Durchschnittsmessungen quasi keinen Unterschied aus. Da mit Metro Exodus auch das Testszenario gleich geblieben ist und dasselbe für die Testsequenz und die Grafikeinstellungen gilt, liegen die Unterschiede maximal bei einer Handvoll Watt.
Deutlich größere Unterschiede lassen sich im Teillastbereich mit Hilfe eines FPS-Limiters erkennen. Das liegt daran, dass nun statt Metro Exodus eben Doom Eternal zum Einsatz kommt und dort das FPS-Limit 144 beträgt. Doch nicht nur das Einsatzszenario ist anders, denn Metro Exodus hat in Verbindung mit einem FPS-Limiter teils sehr merkwürdige und schwer bis gar nicht reproduzierbare Resultate erzeugt – Doom Eternal hat mit dem Problem nicht zu kämpfen.
Die Ergebnisse sind nun deutlich konstanter
Die merkwürdig anmutenden Ergebnisse von teils unter 50 Watt gibt es nun nicht mehr. In Full HD erreicht die GeForce RTX 4090 mit 88 Watt jetzt das beste Resultat – und das wirkt schon deutlich realistischer. Nvidias Ada-Lovelace-Generation hat bei dieser Messreihe nach wie vor die Nase klar vorne, kann sich aber nicht mehr so enorm von den Konkurrenzmodellen absetzen, AMDs RDNA 3 hält in Full HD und WQHD gut dagegen.
Auffällig ist darüber hinaus, dass wiederum Intels Arc-Grafikkarten in Doom Eternal deutlich mehr Schwierigkeiten damit haben die Leistungsaufnahme zu drosseln. In Metro Exodus gelang das den Modellen noch gut, rund 130 Watt haben sie dann benötigt. In Doom Eternal will dies dagegen kaum noch gelingen: Die Arc A770 benötigt mit 204 Watt fast so viel wie unter Volllast (227 Watt).
Neue Messreihen zu Lastspitzen
Die letzten zwei Messreihen sind tatsächlich neu, da sie mit dem alten Messequipment schlicht nicht möglich gewesen sind. Neben den klassischen Messreihen (siehe oben) gibt es nun auch Tests, die sich mit Lastspitzen beschäftigen. Damit dies möglich ist, wird die Messgeschwindigkeit auf die vollen 1.000 Hertz hochgedreht und der Ultra-HD-Lauf in Metro Exodus wiederholt.
Dadurch ist es nicht nur möglich, bei neuen Grafikkarten ein detailliertes Verlaufsdiagramm bezüglich Spannung, Stromstärken und Leistungsaufnahme zu erstellen, sondern ebenso, Spitzen in der Leistungsaufnahme herauszufinden. Und davon gibt es eine Menge, die bis jetzt aber völlig verborgen geblieben sind. So benötigt eine GeForce RTX 3080 Ti zum Beispiel im Durchschnitt 362 Watt, die Lastspitze liegt aber bei höheren 433 Watt. Das sind unter anderem dann auch Gründe, warum Netzteile gerne mal abschalten, obwohl der durchschnittliche Verbrauch eigentlich im grünen Bereich liegt.
Auch innerhalb einer Generation gibt es Unterschiede
Nvidia scheint bei allen Grafikkarten eine ähnliche Strategie zu verfolgen und peilt offenbar Schwankungen von rund 20 Prozent nach oben gegenüber dem Durchschnitt an – zumindest zieht sich dieser Wert über die meisten GeForce-Probanden hinweg. Nur zwei Modelle weichen von diesem Muster ab: Die GeForce RTX 3090 Ti ist mit 6 Prozent auf Sparflamme konfiguriert, was an dem generell sehr hohen Niveau liegen könnte. Und bei der GeForce RTX 4060 ist das Gegenteil der Fall, da es hier gleich 36 Prozent nach oben hinausgeht.
AMD lässt den Radeons generell mehr Spielraum, was die Lastspitzen betrifft. Auch dort gibt es quasi zwei Zustände: Manche Modelle weisen Lastspitzen von etwa 35 Prozent auf, wobei dies ausschließlich Einsteiger- bis Mittelklasse-Modelle betrifft. Ob alt (RDNA 2) oder neu (RDNA 3), spielt da keine Rolle. Die Oberklasse geht durchweg vorsichtiger zu Werke, hier liegen die Lastspitzen bei unter 20 Prozent. Die Radeon RX 7900 XTX hat mit 14 Prozent den geringsten Unterschiede zwischen dem Durchschnitt und der Lastspitze.
Plus 50 Prozent sind bei Lastspitzen möglich
Die Lastspitzen beim normalen Spielen sind das eine. Allerdings gibt es auch Szenarien, in denen eine Grafikkarte von der einen zur anderen Millisekunde vom Idle-Modus auf Volllast umschaltet. Das ist zwar nichts, was andauernd passiert, beim Spielen müssen Grafikkarten aber oft durch so ein Szenario – wenn auch eben nur ein Mal. Manche Produkte interessiert das kaum, sie zeigen keine oder kaum Unterschiede zu den normalen Lastspitzen. Andere dagegen explodieren regelrecht. Simuliert wird dies einfach dadurch, dass in Doom Eternal mittels des Steam Overlays ein Screenshot erzeugt wird. Während dies geschieht, pausiert die GPU kurzfristig komplett und rechnet dann urplötzlich mit voller Leistung weiter.
So zum Beispiel die GeForce RTX 3080, die im Schnitt 320 Watt braucht, bei einer Lastspitze während des Spielens 383 Watt und beim Sprung von Idle zur Volllast kurzfristig mal eben 499 Watt. Das sind 56 Prozent mehr elektrische Leistung, als im Schnitt benötigt wird. Zwar eben immer nur für eine Handvoll Millisekunden, doch reproduzierbar. Bei der später erschienenen GeForce RTX 3090 Ti lässt sich übrigens gut erkennen, dass Nvidia diesen Umstand bei dem Modell anscheinend nicht mehr riskieren wollte. Dort hat man das Verhalten der Grafikkarte geändert, sodass sie in dem Fall gar minimal weniger elektrische Leistung aufnimmt als bei den Lastspitzen während einer längeren Spiele-Session.
AVG-Watt zu Lastspitze Spiel Dauerlast |
AVG-Watt zu Lastspitze Idle-Last-Wechsel |
|
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Nvidia | ||
GeForce RTX 3060 | +17 % | +19 % |
GeForce RTX 3060 Ti | +15 % | +49 % |
GeForce RTX 3070 | +17 % | +50 % |
GeForce RTX 3080 | +20 % | +56 % |
GeForce RTX 3080 Ti | +20 % | +38 % |
GeForce RTX 3090 Ti | +17 % | +16 % |
GeForce RTX 4060 | +36 % | +34 % |
GeForce RTX 4060 Ti | +20 % | +16 % |
GeForce RTX 4070 | +20 % | +24 % |
GeForce RTX 4070 Ti | +19 % | +17 % |
GeForce RTX 4080 | +16 % | +28 % |
GeForce RTX 4090 | +14 % | +16 % |
AMD | ||
Radeon RX 6650 XT | +31 % | +24 % |
Radeon RX 6700 XT | +32 % | +27 % |
Radeon RX 6800 | +16 % | +15 % |
Radeon RX 6800 XT | +18 % | +44 % |
Radeon RX 6950 XT | +16 % | +31 % |
Radeon RX 7600 | +38 % | +25 % |
Radeon RX 7900 XT | +18 % | +35 % |
Radeon RX 7900 XTX | +14 % | +27 % |
Intel | ||
Arc A750 | +26 % | +17 % |
Arc A770 | +22 % | +34 % |
Generell zeigen sich sehr unterschiedliche Verhalten, die auch innerhalb einer Generation unterschiedlich ausfallen. Denn so gibt es auch ältere Ampere-Modelle, bei denen es Nvidia nicht ausarten ließ. Die GeForce RTX 3060 wird noch mit angezogener Handbremse betrieben, erst ab der GeForce RTX 3060 Ti werden die Lastspitzen sehr groß. Bis inklusive zur Radeon RX 6800 verhält sich auch AMDs RDNA 2 recht zurückhaltend, ab der Radeon RX 6800 XT werden die Lastspitzen beim Wechsel von Idle auf Volllast größer – wenn auch nur im mittleren Maß.
Und die aktuellen Grafikkarten? Die verhalten sich etwas zurückhaltend und zeigen Lastspitzen, die vergleichbar bis meist geringer sind als bei den Vorgängern. Das gilt sowohl für Ada Lovelace als auch für RDNA 3. Vor allem im Nvidia-Lager sind sie bei RTX 4000 deutlich gegenüber RTX 3000 gesunken, einzig die GeForce RTX 4060 hält sich nicht an die „Regel“. Doch auch bei der Radeon RX 7900 XT und XTX gibt es Positives im Vergleich zu den Vorgängern zu berichten.
Schlussworte
Mit den neuen Messmethoden kann ComputerBase Einblicke in das Verhalten neuer Grafikkarten liefern, die vorher nicht möglich gewesen sind. Darüber hinaus sind die Ergebnisse mit aktiviertem FPS-Limiter nach dem Spielwechsel nun wieder zuverlässiger – sie haben zuvor ohne erkennbaren Grund teils deutlich geschwankt.
ComputerBase hat sich nach der Anschaffung des neuen Messsystems Powenetics V2 mit dem Thema Leistungsaufnahme bei Grafikkarten in zwei weiteren Artikel auseinandergesetzt, sodass es insgesamt drei Artikel dieser Art gibt. Wer diesbezüglich Interesse hat, sollte entsprechend einen Blick in die zwei anderen Berichte werfen.
- GPU-Verbrauch mit Powenetics V2: Ab sofort misst die Redaktion 100 Mal häufiger pro Sekunde
- Grafikkarten: Leistungsaufnahme in Spielen neu vermessen (dieser Artikel)
- GPU-Leistungsaufnahme: Auch Radeons können sparsam auf dem Desktop sein
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