Arbeitskräfte-„Drama“: US-Gewerkschaften gehen in Arizona gegen TSMC vor

Volker Rißka
128 Kommentare
Arbeitskräfte-„Drama“: US-Gewerkschaften gehen in Arizona gegen TSMC vor
Bild: Potus

Hold TSMC Accountable“ schreit eine Webseite der Arizona Pipe Trades 469 Union in einer Petition, nachdem TSMC Öl ins Feuer gegossen hatte. Denn die Aussagen, dass für den Fabrikbau in den USA nicht genügend US-Fachkräfte zur Verfügung stehen und einige Aushilfen aus Taiwan kommen sollen, ließen die Flammen hochschießen.

Fakten treffen Fiktion

Dass dabei Fakten und Fiktion schnell vermischt werden, ist keine Seltenheit und natürlich auch hier der Fall. Dabei schaukelt sich die eine Seite hoch, aber auch die andere hält nicht wirklich still. Und so behauptet die von der Gewerkschaft mitfinanzierte US-Webseite, dass TSMC billige Arbeitskräfte einschleusen und gar keine US-Jobs schaffen wolle. Taiwanische Medien schießen mit Bildern über „am Handy herumsitzende US-Arbeiter“ auf der Baustelle zurück und erklären sprichwörtlich, dass sei der Grund, warum der Bau nicht fertig werde.

TSMC hatte vor Jahren bereits gefürchtet, dass es zu dieser Situation kommen könnte, und exakt deshalb vor einem Fabrikbau in den USA oder auch Deutschland lange zurückgeschreckt. Denn mächtige Arbeitnehmerverbände, Gewerkschaften und Betriebsräte fürchtet TSMC nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande. Ein Interview aus dem Jahr 2016 zeigte den TSMC-Gründer Morris Chang ganz deutlich in dieser Angelegenheit, er verwies damals auch auf Google, Microsoft, Intel, Amazon, Texas Instruments und Facebook in den USA: „Keiner hat Unions!

Fehlende Fachkräfte für Reinraum-Ausbau

Angefangen hatte es zum Quartalsbericht von TSMC am 21. Juli, als TSMCs Chairman Mark Liu erklärte, warum sich der Start der US-Fabrik in Arizona verschieben wird. Er versuchte dabei zwar diplomatisch zu bleiben, doch durch die Blume war abzulesen, dass US-Arbeiter die Ausrüstung einer modernsten Halbleiterfabrik nicht beherrschen würden. Also soll taiwanisches Personal für eine begrenzte Zeit eingeflogen werden, um die US-Arbeiter anzulernen.

However, we are encountering certain challenges, as there is an insufficient amount of skilled workers with those specialized expertise required for equipment installation in a semiconductor-grade facility. While we are working to improve the situation, including sending experienced technicians from Taiwan to train the local skilled workers for a short period of time, we expect the production schedule of N4 process technology to be pushed out to 2025.

Mark Liu, Chairman of TSMC

Für die US-Arbeitnehmerverbände war dies ein Schlag ins Gesicht und der Feldzug gegen TSMC begann nun erst richtig. Hinter den Kulissen brodelt es jedoch schon länger, die „Unions“ (Gewerkschaften) haben sich schon seit einiger Zeit in Stellung gebracht. Dabei wird primär gegen das Lieblingsziel der Zeit- und Leiharbeiter geschossen. Ein Gewerkschaftssprecher erklärte so mitunter, dass die neue TSMC-Fabrik „die unsicherste Baustelle sei, auf der er je gearbeitet habe“. Aufgezählt werden dabei eine Reihe an Unfällen, die angesichts des Mega-Projekts und 12.000 Arbeitern vor Ort niemals völlig vermeidbar sind und auch nicht nur die Baustelle von TSMC betreffen. TSMC erwiderte daraufhin leicht schnippisch, dass es „keine gravierenden Unfälle direkt auf dem Fabrikgelände gab und die Baustelle viel sicherer sei, als viele andere in Arizona oder den ganzen USA“.

Die Gewerkschaften fürchten um ihren Einfluss. Aktuell sind durch verschiedene Unions nur rund 3.000 der 12.000 Arbeiter vor Ort in diesen zu finden. Viele weitere sind Leih- und Zeitarbeiter, was auf Baustellen aber nichts außergewöhnliches ist. Dass nun aber noch weitere aus Taiwan mit einem Visum hinzukommen sollen, brachte das Fass zum Überlaufen. Das sollen die besorgten Bürger mit ihrer Stimme und ihren Senatoren doch bitte verhindern, heißt es auf der Webseite in großen Buchstaben: „BLOCK TSMC’S FOREIGN WORKER VISAS“

TSMC dürfte auch für Deutschland lernen

TSMC dürfte in dieser Angelegenheit einiges lernen, was ihnen auch in Deutschland helfen wird – denn mit der Entscheidung für Deutschland gingen ähnliche Befürchtungen einher. Hier sind für den Fabrikbau aber lokale Partner mit im Boot, die sich in der Sache auskennen und ganz ähnliche Projekte bereits umgesetzt haben. Deshalb wird TSMC auch in Deutschland, wie Intel aktuell bereits das ein oder andere Mal, zwar mal unter Feuer kommen, wie stark aber, muss sich erst noch zeigen.