Risiken für Glasfaserausbau: Bürokratie, Fachkräftemangel und Überbau gefährden Ausbauziele
Mit einer Glasfaserabdeckung von 35,6 Prozent bestehe eine gute Chance, die Gigabit-Ziele der Bundesregierung zu erreichen, erklärt der Provider-Verband Breko. Investitionen befinden sich demnach auf einem Rekordniveau, nur der taktische Überbau bleibe neben der Bürokratie und dem Fachkräftemangel eines der zentralen Probleme.
Diese Angaben stammen aus der Marktanalyse 2023, für die 240 Mitglieder des Breko sowie weiter Unternehmen befragt und öffentlich zugängliche Ausbauzahlen ausgewertet worden sind. Der Studie zufolge sind Stand Mitte 2023 insgesamt 17,3 Millionen Haushalte, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen mit Glasfaser versorgt – das ist mehr als ein Drittel Deutschlands. Diese Glasfaserquote bezieht sich aber auf Homes-Passed-Anschlüsse. Das heißt: Es reicht aus, wenn das Glasfaserkabel durch die Straße verläuft. Der Anschluss zum Haus muss womöglich noch verlegt werden. Ein Drittel dieser Homes-Passed-Anschlüsse stammt von der Telekom, zwei Drittel von den Wettbewerbern.
Ende 2022 hatten bereits 3,4 Millionen Haushalte einen FTTB/H-Anschluss. Im Vorjahr waren es noch 2,6 Millionen, der Zuwachs lag also bei 31 Prozent. Während direkte Glasfaseranschlüsse zulegen, stagnieren derweil die Kabelanschlüsse, die mit dem DOCSIS-3.1-Standard erstmals Gigabit-Anschlüsse in der Breit ermöglichten. Die Zahl der geschalteten Anschlüsse bei dieser Kategorie lag laut dem Breko im Jahr 2022 bei 8,7 Millionen – das ist derselbe Wert wie 2020 und im Vergleich zu 2021 sogar ein Rückschritt um 1 Prozent.
Rekordinvestitionen und Risiken
Was registriert wurde, sind Rekordinvestitionen in die Netze. Laut der Marktanalyse lag die Summe 2022 bei 13,1 Milliarden Euro, davon stammen 4,7 Milliarden Euro von der Telekom und 8,7 Milliarden Euro von den Wettbewerbern. Angesichts dieser Entwicklung seien die Gigabit-Ziele der Bundesregierung erreichbar, so der Breko. Der Plan ist, bis 2025 eine Glasfaserquote von 50 Prozent zu erreichen.
Es bestehen aber Risiken, die die Ausbauziele noch vereiteln können. Zu diesen zählen: Zu viel Bürokratie durch langwierige und komplexe Genehmigungs- und Planungsverfahren, der Fachkräftemangel bei den ausbauenden Unternehmen und die schlechte Wirtschaftslage, die die Nachfrage nach schnellen Internetanschlüssen hemmen kann.
Nötig wäre daher laut Breko, vor allem die Planungsphase weiter zu entschlacken. Für diesen Zweck hat die Bundesregierung gestern einen Entwurf für ein Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz vorgelegt, das generell begrüßt wird. Ein Problem bleibe allerdings, dass der Glasfaserausbau demnach nur im „öffentlichen Interesse“ sei und nicht „im überragenden öffentlichen Interesse“. Dieser Punkt hätte die Folge, dass der Ausbau noch weiter beschleunigt werden könne, wie auch der Provider-Verband VATM in einer Stellungnahme mitteilt.
Open Access statt Doppelausbau
Besonders geprägt war die Debatte rund um den Glasfaserausbau in den letzten Monaten durch den strategischen Überbau. Dabei werden Ausbauvorhaben konkurrierender Anbieter gezielt attackiert, indem bestehende Infrastruktur in lukrativen Gegenden überbaut wird oder entsprechende Maßnahmen angekündigt werden. Allein letzteres kann schon so viel Unsicherheit schaffen, dass Kommunen oder Netzbetreiber ein geplantes Ausbauvorhaben wieder absagen. Inwieweit es aber tatsächlich ein verbreitetes Phänomen ist, bleibt umstritten.
Aus dem Breko-Umfeld richteten sich die Vorwürfe bereits in der Vergangenheit vor allem gegen die Telekom, nun wurden diese wiederholt. „Die Zahlen, die uns vorliegen, sehen insbesondere Aktivitäten der Deutschen Telekom“, erklärte Breko-Geschäftsführer Stephan Albers. Mittlerweile laufen die Untersuchungen der Bundesnetzagentur, man warte nun auf die Ergebnisse.
Die Telekom rechtfertigte Doppelausbau zuletzt mit einem Verweis auf den normalen Wettbewerb sowie die bisweilen nicht ausreichende Qualität bei anderen Anbietern. Diese Kritik konnte der Breko bereits vor einigen Wochen nicht nachvollziehen, zudem wird an Branchenstandards für Open-Access-Verfahren gearbeitet.
Über solche Verfahren können auch weitere Netzbetreiber die Infrastruktur eines Unternehmens nutzen. Bei 71 Prozent der im Breko vertretenen Unternehmen ist das bereits der Fall, durchschnittlich sollen diese somit 18 Prozent ihres Gesamtumsatzes erwirtschaften. „Taktischer Doppelausbau von Glasfasernetzen ist volkswirtschaftlich unsinnig und (mit Open Access) existiert bereits eine funktionierende Alternative, um fairen Wettbewerb zu ermöglichen“, so Albers.
Bundesländer im Vergleich: Schleswig-Holstein ist vorne
Wie weit Homes-Passed-Zugänge verbreitet sind, unterscheidet sich je nach Bundesland deutlich. Führend ist Schleswig-Holstein mit einer Glasfaserquote von 82 Prozent, es folgen Hamburg mit 72 Prozent und Brandburg mit 54 Prozent. Brandenburg verzeichnete von Mitte 2022 bis Mitte 2023 mit einem Zuwachs von 31 Prozentpunkten auch das größte Plus. Schlusslichter sind Baden-Württemberg mit 23 Prozent und Berlin mit 19 Prozent.