Twitters X-Odyssee: Programm für Werbebeteiligung verzögert sich
Twitters Wandel in X zelebrierte Elon Musk am Hauptquartier in San Francisco mit einer grellen X-Struktur auf dem Dach. Erneut handelte es sich aber um eine Baumaßnahme, die ohne Genehmigung erfolgte. Das X musste deshalb nun entfernt werden.
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„Heute Morgen haben Bauinspektoren kontrolliert, wie die Konstruktion abgebaut wurde“, sagte eine Sprecherin von San Franciscos Bauaufsichtsbehörde der Nachrichtenagentur Reuters. Den Grundstückseigentümer erwartet nun ein Bußgeld, weil eine nicht genehmigte Struktur installiert wurde. Ein Twitter/X-Sprecher erklärte derweil, das Unternehmen habe die Struktur freiwillig entfernt.
Als Twitter/X die Struktur am Wochenende installierte, wurden schnell Beschwerden von Nachbarn publik, die über das grelle Licht klagten. Die Stadt wollten offenbar den Aufbau zeitnah kontrollieren, weil es unter anderem Sicherheitsbedenken gab. Mitarbeitern soll aber der Zugang verweigert worden sein, heißt es bei The Verge. Das Unternehmen erklärte anscheinend, die Struktur sei ohnehin nur temporär geplant.
Somit hat Twitter/X binnen kurzer Zeit mehrmals Ärger mit der Bauaufsicht. Kurz nach der Umbenennung sollte das Fassaden-Schild entfernt werden. Weil auch diese Maßnahme ohne Genehmigung erfolgte, entstanden Verkehrsprobleme.
Markenrechtsprobleme dürften Twitter noch länger begleiten
Turbulent bleibt es auch abseits der Bauarbeiten. Twitter setzt den Wandel in X weiter um, der Name oder Begriffe wie Tweets werden sukzessive entfernt. Zudem erfolgte ein Logo-Wechsel beim Fav-Icon sowie bei der App. Vor allem im iOS App Store war das aber problematisch, normalerweise erlaubt Apple keine Apps mit einem einzelnen Buchstaben als Titel. Ebenso gilt der Namenswechsel samt Icon-Wechsel bei Apps als schwierig, weil so etwas klassischerweise das Vorgehen von Schadsoftware ist. Zumindest von Apple scheint Musk in diesem Fall ein Zugeständnis erhalten zu haben.
Was aber auf absehbare Zeit bestehen bleiben dürfte, sind die markenrechtlichen Probleme. Allein in der EU soll der Buchstabe X 262-mal registriert sein, berichtete Politico. So verfügen etwa Sony und Panasonic jeweils über mehrere eingetragene X-Marken, Microsoft hat ebenfalls zwei – eine davon ist das Symbol der Xbox. Hinzu kommen noch zahlreiche weitere Bereiche bis zur TV-Show X-Faktor.
Sollte nun die Inhaber von X-Markenrechten der Ansicht sein, die Logos oder Dienste ähneln den bestehenden Marken zu stark, könnten diese rechtlich tätig werden, erklärte eine Juristin Lisbeth Depyere von der Kanzlei CMS gegenüber Politico. Für Twitter/X könnte das mit hohen Strafen einhergehen. Da es für Musk nicht untypisch sei, Probleme mit Geldzahlungen zu lösen, rechnet sie mit Gerichtsverfahren.
Hinzu kommen noch weitere Meldungen. Eine Übersicht der Geschehnisse in den letzten Tagen:
- Twitter verschwindet. So wird etwa Tweet durch Post ersetzt.
- Twitter droht einer Non-Profit-Organisation, die gegen Diskriminierung, Hassrede und Hetze vorgeht, mit Klagen.
- X.Com wurde in Indonesien aufgrund von Anti-Pornografie- und Glücksspielgesetzen blockiert.
- Twitter startet Programm, um Werbeeinkünfte mit Kreativen zu teilen.
Analysten bezweifeln Erfolgschancen der Super-App
Dass Twitter/X künftig Kreative an Werbeeinnahmen beteiligen will, ist Teil des Prozesses, um den Kurznachrichtendienst in die Everything-App umzuwandeln. Social-Media-Inhalte sind einer der Bereiche, zusätzlich soll diese aber auch Alltagsdienste wie ein Bezahl- und Banking-System beinhalten. Analysten bezweifeln aber nach wie vor, ob der Umbau von X zu einem System wie der chinesischen WeChat-App gelingen kann.
So hat WeChat zunächst als Messaging-App angefangen und entwickelte sukzessive ein Ökosystem, dem Nutzer kaum entgehen können, berichtet Business Insider. Einer der Gründe für den Erfolg waren letztlich den besonderen Umständen in China wie der eingeschränkte Wettbewerb durch andere Dienste sowie die staatliche Kontrolle. Will Musk seine Pläne in den USA oder der EU umsetzen, konkurriert er hingegen mit praktisch allen Tech-Konzernen: Von Metas sozialen Netzwerken über PayPal bis Google.
Die Umbaupläne zu X stocken etwas. Vor einigen Tagen kündigte der Konzern an, Kreative an den Werbeeinnahmen der Plattform beteiligen zu wollen. Es ist Teil eines Maßnahmenpakets, um die Attraktivität von Twitter/X für entsprechende Inhalte-Anbieter zu steigern – zu diesem zählt auch die Subscription-Funktion, die vor einigen Wochen eingeführt wurde.
So schnell wie erwartet startet die Beteiligung an den Werbeeinnahmen aber nicht. Am Freitag teilte der Konzern mit, die Anzahl der Anfragen habe die Erwartungen deutlich überstiegen. Man benötige noch Zeit, um die für das Programm berechtigten Nutzer zu identifizieren und die Zuschläge zu erteilen. Für die Teilnahme benötigen Konten ein X-Blue-Abonnement, eine organische Reichweite von 15 Millionen über die letzten drei Monate hinweg und mindestens 500 Follower.
Musk will erneut über Apples 30-Prozent-Gebühren diskutieren
Welchen Anteil Twitter/X von den Umsätzen nimmt, die Kreative auf der Plattform erwirtschaften, wird ebenfalls noch diskutiert. Die ersten zwölf Monate sollen keine Abgaben fällig sein, danach will Musk erst dann eine 10-Prozent-Abgabe durchsetzen, wenn ein Kreativer mehr als 100.000 US-Dollar einnimmt. In diesem Kontext kündigte er Gespräche mit Apple-Chef Tim Cook an. Es soll erneut um die Plattform-Gebühren in Höhe von 30 Prozent gehen, die Apple für Umsätze in der iOS-App verlangt. Es könnte also erneut zum Streit kommen.
Die Geldschatulle will Musk dafür an anderer Stelle öffnen. Er verspricht, die Gerichtskosten „ohne Begrenzung“ zu übernehmen, sofern jemand wegen Beiträgen auf Twitter/X Ärger mit seinem Arbeitgeber hat. Die Reaktionen sind erstaunt bis kritisch. So verweist etwa The Verge darauf, dass Musk selbst Twitter-Mitarbeiter entlassen hat, weil diese ihm widersprachen und sich kritisch – auch auf Twitter/X– über ihn äußerten.