Concept CLA Class: Mercedes kühlt Nvidias „Supercomputer“ mit Wasser
Mit dem Concept CLA Class zeigt Mercedes-Benz zur IAA 2023, in welche Richtung sich die Elektromobilität des Herstellers in den kommenden Jahren bewegen wird. Dazu gehören das eigene MB.OS, wassergekühlte Hardware von Nvidia, ein neuer Antriebsstrang mit gesteigerter Effizienz und Reichweite sowie neue Assistenzsysteme.
Das Concept CLA Class sei Vorreiter für ein neues elektrisches Fahrzeugsegment des Unternehmens, sagte Vorstandsvorsitzender Ola Källenius, zur IAA. Dieses neue Segment soll den Einsteig in das Portfolio von Mercedes-Benz markieren und ein viertüriges Coupé, einen Shooting Brake und zwei SUVs umfassen. Erste Fahrzeuge sind wahrscheinlich ab 2025 zu erwarten. Grundlage bildet die neue MMA-Plattform (Mercedes-Benz Modular Architecture) mit einem Elektroantrieb der nächsten Generation, der eine Reichweite von mehr als 750 km (WLTP) zum Ziel hat. Die neue 800-Volt-Architektur soll einen Verbrauch von lediglich noch 12 kWh/100 km ermöglichen und setzt dabei auf ein Batteriesystem, das vom Käufer mit zwei verschiedenen Zellchemien wählbar sein wird. Als Einstieg kommt Lithium-Eisen-Phosphat zum Einsatz, die Top-Variante verfügt über Anoden mit Siliziumoxid-Anteil für eine höhere Energiedichte.
MB.EDU mit 93 Prozent Effizienz
Die neue elektrische Antriebseinheit MB.EDU (Mercedes-Benz Electric Drive Unit) besteht aus Motor, Getriebe und Leistungselektronik. Die permanenterregte Synchronmaschine liefert 175 kW und wird von Mercedes-Benz mit einem Zweiganggetriebe gekoppelt. Das Gesamtpaket mit der Leistungselektronik mit Siliziumkarbid-Wechselrichter soll weniger als 110 kg auf die Waage bringen und eine Energieeffizienz von bis zu 93 Prozent von der Batterie bis zu den Rädern bei Langstreckenfahrten erreichen. Bei der technischen Realisierung greift das Unternehmen auch auf Erkenntnisse aus dem Vision EQXX zurück, der dank einer maximalen Optimierung in Richtung Effizienz für elektrische Reichweiten von über 1.000 km ausgelegt war.
MMA-Plattform läuft mit MB.OS
Die MMA-Plattform wird zudem die erste sein, die vollständig auf dem neuen MB.OS läuft, das Mercedes-Benz Anfang des Jahres im Detail vorgestellt hatte. Das Unternehmen spricht dabei von einer Chip-to-Cloud-Architektur, sie soll demnach alle Facetten des Fahrzeugs von den verbauten Prozessoren bis zur Cloud-Infrastruktur dahinter berühren und dementsprechend auch mit OTA-Updates und Diensten inklusive Drittanbietern versorgt werden. Hardware und Software sollen entkoppelt, die Entwicklung beschleunigt und anpassungsfähiger gemacht werden. Zu unterscheiden gilt es weiterhin zwischen MB.OS als das gesamte Auto-Betriebssystem für Bereiche wie Infotainment, automatisiertes Fahren, Komfort-Einstellungen oder das Fahren und Laden sowie MBUX als nach außen gerichtetes User Interface, mit dem der Nutzer im Fahrzeug interagiert.
Nvidia liefert den Supercomputer fürs Auto
Der von Nvidia beigesteuerte Chip im Auto – Mercedes-Benz spricht von einem Supercomputer – wird beim Concept CLA Class besonders in Szene gesetzt. Das Unternehmen setze auf Chips und System-on-Chips (SoCs) der neuesten Generation, wie es in der Ankündigung heißt, Details zur Nvidia-Lösung sind aber noch nicht geteilt worden. Bekanntlich will Mercedes-Benz für das automatisierte Fahren bis Level 3 ab 2024 auf den Drive AGX Orin von Nvidia setzen, im Concept CLA Class könnte aber schon ein neueres Modell zum Einsatz kommen. Bekannt ist jedenfalls, dass der Chip in dem Konzeptfahrzeug wassergekühlt werden muss. Diese Eigenschaft nutzt Mercedes-Benz dann auch gleich, um die Elektronik mit Anlehnung an einen Gaming-PC blau beleuchtet in Szene zu setzen.
MBUX auf Mini-LED-Displays
Alles andere als unauffällig gestaltet sich auch der sich über die gesamte Breite des Cockpits erstreckende, insgesamt drei Bildschirme umfassende MBUX Superscreen, dessen Mini-LED-Hintergrundbeleuchtung besonders effizient arbeiten soll. Die Mini-LED-Technik kommt auch bei der Vision Neue Klasse von BMW zum Einsatz und sorgt auch für eine hohe Helligkeit und starken Kontrast. Die Echtzeitgrafiken werden bei dieser Lösung über die Unity Game Engine gerendert. Die turbinenähnlichen Lüftungsdüsen sitzen im Superscreen und zeigen auf dem festen inneren Ring die eingestellte Temperatur an, während der äußere analoge Ring aus der Glasoberfläche ragt und als analoges Bedienelement dient. Die eigentlichen Lüftungsdüsen sind hingegen diskret hinter dem Bildschirm platziert.
Level 2 und Level 3 mit neuem Lidar
Bei den Assistenzsystemen will Mercedes-Benz mindestens Level 2 bieten und integriert dafür erstmals einen Lidar-Sensor oberhalb der Windschutzscheibe anstelle des Kühlergrills wie derzeit noch bei S-Klasse und EQS. Dabei vertraut Mercedes-Benz analog zu Polestar und Volvo auf eine schmale Lösung des US-amerikanischen Unternehmens Luminar, an dem Mercedes-Benz seit Anfang 2022 beteiligt ist.
Die MB.OS-Software und ihre Rechenleistung seien grundsätzlich fähig für ein SAE-Level-3-Upgrade, erklärt das Unternehmen. Dies gelte für Fahrzeuge, die mit umfassender Sensorik einschließlich eines Lidar-Sensors und Redundanzen für wichtige Fahrzeugsysteme ausgestattet sind, wie sie etwa auch S-Klasse und EQS bieten.