Smartphone-Überwachung: Ausmaß der Chatkontrolle entscheidet sich im September

Andreas Frischholz
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Smartphone-Überwachung: Ausmaß der Chatkontrolle entscheidet sich im September
Bild: Sébastien Bertrand | CC BY 2.0

Nun beginnt die heiße Phase in den Verhandlungen über die sogenannte Chatkontrolle. Im Herbst will der EU-Rat sich auf eine finale Position in dem Vorhaben verständigen, das weitreichende Konsequenzen für die private Kommunikation in Europa haben kann.

Bei der Chatkontrolle geht es nach wie vor um die von der EU-Kommission präsentierte Verordnung, die Kinder vor sexuellem Missbrauch im Internet schützen soll. Ein Aspekt ist allerdings die sogenannte „Aufdeckungsanordnung“, die Anbieter von Kommunikationsdiensten wie WhatsApp verpflichten würde, in den Inhalten der Nutzer automatisiert nach Kinderpornographie zu suchen. Es geht also um Client-Side-Scanning – ein Ansatz, den sowohl Bürgerrechtler als auch IT-Sicherheitsexperten scharf kritisieren, weil so Verschlüsselungsverfahren ausgehebelt werden.

Wesentliche Fragen noch offen

Wie die Vorgaben nun konkret ausfallen, ist aber noch nicht klar. Das geht aus einem als geheim eingestuften Verhandlungsprotokoll hervor, dass Netzpolitik.org veröffentlicht hat. Demnach existieren noch grundsätzliche Streitpunkte, zu denen etwa die folgenden zählen:

  • Ob es eine allgemeine Überwachungspflicht geben soll oder die Kontrolle auf Verdächtige beschränkt wird.
  • Wie und ob Verschlüsselungsverfahren zu schützen sind.
  • Der Umgang mit Audio-Kommunikation.
  • Inwieweit etwa beim Client-Side-Scanning auch bis dato unbekanntes Material erfasst werden soll.

Beim Client-Side-Scanning geht es insbesondere um die Frage, ob nur nach bekannten Inhalten gesucht werden soll oder auch nach unbekanntem Material. Bei bekanntem Material, das Kinderschutzorganisationen in Datenbanken sammeln, erfolgt der Abgleich mittels eines Hash-Wertverfahrens. Bei unbekanntem Material müsste ein Algorithmus kinderpornographische Inhalte erkennen – die Technik gilt als besonderes fehleranfällig.

Daher sprechen sich etwa die Niederlande dafür aus, die Suche nach unbekanntem Material und Grooming aus dem Entwurf zu streichen. Ohnehin sei das Vorhaben „sehr kritisch“, Inhaltskontrollen sollten daher nur als Ultima Ratio zum Einsatz kommen, sofern alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen worden sind.

Die Position ist selbst in den EU-Staaten nicht einheitlich, beispielhaft steht dafür die Bundesregierung. Während das von Nancy Faeser (SPD) geführte Innenministerium für eine strikte Umsetzung eintritt, forderten Regierungsvertreter von FDP und Grüne weitreichende Korrekturen, um den Beschluss zu entschärfen. Nun scheint sich Deutschland dafür einzusetzen, Vorschläge wie das Client-Side-Scanning aus der EU-Verordnung zu streichen.

Teilweise wurden im EU-Rat weitgehende Maßnahmen diskutiert. Spanien wollte zeitweise sogar Verschlüsselungen verbieten, diese Idee ist aber bereits vom Tisch.

Entscheidung im Herbst

Nach dem offiziellen Zeitplan sollen die Justiz- und Innenminister der EU-Staaten am 28. September eine Entscheidung fällen. Auch im EU-Parlament laufen die finalen Verhandlungen. Mitgliedsstaaten wie die Niederlande und Schweden bezeichnen die Frist aber als zu ehrgeizig, angesichts der Konflikte wünschen diese sich mehr Zeit. Mit Blick auf die Europawahl im Juni 2024 drängt die EU-Kommission jedoch auf ein rasches Vorgehen.

Vetodrohungen einiger Staaten stehen aber ebenfalls noch im Raum, weil das Vorhaben ohnehin äußerst umstritten ist. Die juristischen Dienste in der EU und im Bundestag haben bereits in Analysen festgestellt, dass die aktuell im Raum stehenden Vorschläge vermutlich grundrechtswidrig sind. Organisationen wie der Deutsche Kinderschutzbund zweifeln ebenfalls erheblich an der Effektivität der Maßnahmen.

Bürgerrechtler kündigten derweil bereits Protestaktionen an, um das Überwachungsvorhaben noch zu stoppen.