Smartphones „Made in Germany“: Gigaset aus Bocholt meldet Insolvenz an
Die in Bocholt ansässige Gigaset AG hat aufgrund von Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens sowie eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung für die Tochtergesellschaft Gigaset Communications GmbH beim Amtsgericht Münster gestellt. Ausschlaggebend war ein erheblicher Umsatzrückgang.
Wie die Gigaset AG erklärt, habe es im zweiten Halbjahr 2023 einen erheblichen und unerwarteten Umsatzrückgang gegeben, der im Wesentlichen Hintergrund für den Insolvenzantrag sei. Die Geschäftsentwicklung liege erheblich unter den Planungen, außerdem gebe es eine anhaltende und sich weiter zuspitzende schwache Nachfrage nach Gigaset-Produkten sowie eine allgemeine Kauf- und Konsumzurückhaltung in Deutschland und Europa. All das habe Auswirkungen auf die Unternehmensliquidität gehabt und die aktuellen Schritte notwendig gemacht. Zwar habe die Gigaset AG mit Kapitalgebern Verhandlungen für neues Eigen- bzw. Fremdkapital geführt, diese hätten sich aber nicht ausreichend konkretisiert, um den notwendigen Finanzmittelzufluss zur Fortführung des Unternehmens außerhalb eines Insolvenzverfahrens abzusichern.
Smartphones „Made in Germany“
2015 hatte Gigaset angekündigt, auf Festnetzgeräte und Tablets mit Android künftig auch Smartphones mit Googles Betriebssystem folgen zu lassen. Zur Berliner IFA im selben Jahr folgten drei Modelle der Smartphone-Serie ME. Das erste Smartphone aus eigener Entwicklung war schließlich das 2017 veröffentlichte GS160. Für das 2018 angekündigte GS185 konnte ComputerBase in Bocholt hinter die Kulissen von Smartphones „Made in Germany“ blicken.
Abhängigkeit von bröckelnder Festnetztelefonie
Doch mit den neuen Geschäftsbereichen, zu denen neben Smartphones auch Smart-Home-Produkte gehören, ließ sich das rückläufige Kerngeschäft mit DECT-Schnurlostelefonen nicht auffangen. Wie das Handelsblatt berichtet, bestehe weiterhin eine Abhängigkeit von der Festnetztelefonie, die im Geschäftsjahr 2022 mit 241,3 Millionen Euro rund 90 Prozent des Umsatzes ausgemacht hat. Smartphones spülten 18,8 Millionen Euro, das Smart-Home-Geschäft 1,5 Millionen Euro in die Kassen.
Gigaset ist es während der letzten Jahre nicht gelungen, den Rückgang im Kerngeschäft mit DECT-Schnurlostelefonen durch die richtigen Weichenstellungen in den neuen Geschäftsbereichen zu kompensieren. Diese ungesunde und einseitige Geschäftsausrichtung und der nunmehr eingetretene unerwartete und erhebliche Umsatzrückgang im 2. Halbjahr 2023 haben zur aktuellen Lage geführt.
Dr. Magnus Ekerot, CEO und Vorstandsvorsitzender der Gigaset AG
Die Geschäftsaktivitäten sollen im Zuge der Insolvenzverfahren unverändert fortgeführt werden, wobei die Wirtschaftlichkeit jedes Geschäftsbereichs intensiv geprüft werde. Löhne und Gehälter der Mitarbeiter werden bis Ende November 2023 durch die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des Insolvenzausfallgelds getragen. Gemeinsam mit Dr. Ekerot werde der einzusetzende Sachwalter unter Einbindung des Gläubigerausschusses die weiteren Maßnahmen zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs umsetzen. Der Fokus der nächsten Wochen liege auf der Umsetzung des Restrukturierungskonzeptes.