Microsoft-CEO Nadella: Mehr als 100 Milliarden Dollar in Bing investiert
Microsoft hätte selbst gern viele Milliarden Dollar an Apple bezahlt, damit Bing zur Standardsuche in Apple-Produkten wird. Das erklärte Microsoft-Chef Satya Nadella bei der Befragung im „US-vs-Google“-Kartellverfahren.
Das amerikanische Bundesjustizministerium will in dem Verfahren nachweisen, dass Google die dominierende Position im Suchmaschinengeschäft ausnutzt, um die Konkurrenz auszubremsen. Im Fokus stehen die Abkommen mit Smartphone-Anbietern wie Apple sowie Browser-Entwicklern wie Mozilla. Die Kernfrage in dem Verfahren ist: Installieren Smartphone-Anbieter und Browser-Entwickler Google aufgrund der Qualität als Standardsuche – oder liegt es an den Zahlungen. Im Fall von Apple sollen es mittlerweile über 15 Milliarden Dollar sein, die der Konzern von Google erhält.
Das Google-Web
Nadella betonte, wie bedeutend Suchmaschinen sind – und wie sehr Google den Markt dominiere. Suchmaschinen seien so etwas wie die Organisations-Schicht im Netz. „Alle sprechen über das offene Web, tatsächlich ist es aber das Google-Web“, sagte Nadella laut CNBC. Verlage würden Inhalte per SEO für Google optimieren, Werbetreibende samt den entsprechenden Netzwerken würden sich an den Anforderungen des Konzerns ausrichten. Google bestimme also die Spielregeln, was Konkurrenten wie Bing erschwere, Marktanteile zu gewinnen.
Um Bing zu fördern, wollte Microsoft ein Abkommen mit Apple, schilderte Nadella. Von diesen Verhandlungen berichtete letzte Woche bereits Bloomberg, der Microsoft-Chef bestätigte die Erkenntnisse im Prinzip. Er beschrieb nun, wie weit Microsoft zu gehen bereit war. Der Konzern wollte wie Google Milliarden zahlen. Zusätzlich hätte Apple die Option gehabt, die Bing-Suche als „Apple-Suche“ zu vermarkten, auch Wünsche bei den Privatsphäre-Einstellungen hätte man umgesetzt. Wichtig wäre nur, dass Bing die Standardsuche ist.
Ist die Suche als Standard eingestellt, gehe es nicht nur um mehr Nutzer und höhere Umsätze. Man erhalte auch mehr Signale – gemeint ist damit, was die Nutzer suchen und welche Links sie anklicken. Es sind die Informationen, die erforderlich seien, um Ergebnisse für Suchanfragen zu verbessern. Wie The Verge anmerkt, bestätigt Nadella auf diese Weise allerdings mehr oder weniger, dass Bing bei der Qualität nicht mit Google mithalten kann.
Apples Vice President Eddy Cue hat bereits als Zeuge erklärt, die Qualität der Suche sei Apples ausschlaggebender Grund gewesen, um weiterhin auf Google zu setzen.
Suchmaschinengeschäft selbst für Bing lukrativ
Ein Ausstieg aus dem Suchmaschinengeschäft kommt laut Nadella aber nicht in Frage, obwohl er es als „größte No-Fly-Zone“ im Silicon Valley bezeichnet. Selbst mit einem Marktanteil im einstelligen Prozentbereich erwirtschafte Bing immer noch Profit. Trotzdem habe der Konzern viel investiert. Über die letzten 20 Jahre hinweg sollen sich die Kosten für Bing auf über 100 Milliarden US-Dollar belaufen.
Der für Google an der Befragung teilnehmende Anwalt John Schmidtlein nutzte den Tag für mehrere Schlagabtäusche mit Nadella, heißt es bei The Verge. Eines der Argumente: Microsoft hat Windows-PCs ausgeliefert, bei denen der Edge-Browser mit Bing als Standardsuche voreingestellt ist. Dennoch würden Nutzer Google nutzen. Für ihn ist es das Argument, dass der voreingestellte Suchdienst nicht so ausschlaggebend ist, wie Microsoft behauptet. Nadella antwortete, Microsofts Ökosystem wäre eben offener als das von Google.
Während der Konzern also – wie andere Suchmaschinenbetreiber – argumentiert, Google zementiere mit den Voreinstellungen seine Position, verweist Schmidtlein erneut auf die Produktqualität. Sowohl im Suchbereich als auch im Mobil-Geschäft habe Microsoft den Großteil der letzten 20 Jahre Fehler gemacht. Googles Verteidigungslinie bleibt also simpel: Man habe schlicht die beste Suche entwickelt.
Auch bei AI warnt Nadella nun
Beim Thema AI gab sich Nadella übrigens deutlich zurückhaltender als im Winter, als er verkündete, Microsoft wolle „Google tanzen lassen“. Euphorie sei dabei gewesen, „nennen Sie es Überschwang von jemanden, der drei Prozent der Aktien besitzt“, so der Microsoft-Chef. Nun nutzte er den Anlass, um zu erklären, dass die KI-Entwicklung ebenfalls Google helfen könnte. Relevant sei, ob Google potenzielle Abkommen mit Verlagen und Publishern abschließen könne, um exklusiven Zugang zu den Inhalten zu gelangen – so etwas könnte beim Training und Betrieb der Large Language Models (LLM) essentiell sein.