Nahost-Konflikt: X (Twitter) für Umgang mit Falschinformationen in der Kritik
Infolge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel und des nun eskalierenden Nahost-Konflikts kursieren eine Vielzahl von Falschinformationen auf X (ehemals Twitter). Der Dienst sei keine zuverlässige Quelle für Nachrichten mehr, erklärt ein Forscher. Die EU-Kommission fordert X zum Handeln auf.
Offener Brief der EU an Musk
EU-Kommissar Thierry Breton wendet sich in einem offenen Brief an Musk. In diesem verweist er auf die verbreiteten Falschinformationen und den Digital Service Act (DSA), der regelt, wie Plattformen mit solchen Inhalten in der EU umgehen müssen. Dazu gehören Vorgaben zur Moderation und Löschvorgaben. Sollte X diese nicht einhalten, würden Strafen drohen. Musk und die EU-Kommission befinden sich wegen den DSA-Vorgaben ohnehin im Clinch.
In dem Brief setzte Breton eine Frist von 24 Stunden, bis eine Reaktion erfolgen muss. Musk hat auf X bereits geantwortet. Er erklärte, X verfolge bei den Vorgaben – im Sinne der EU – einen Open-Source-Ansatz. Zudem forderte er von Breton eine Liste mit Beiträgen, die gegen die Vorgaben verstoßen. Breton hatte in seinem Brief keine konkreten Beispiele genannt.
Als Antwort auf Musks Beitrag erklärte Breton, Musk kenne solche Inhalte. Er erwarte nun Taten und kündigte an, die EU-Kommission werde den DSA rigoros durchsetzen.
Falschinformationen kursieren
Von den Falschinformationen, die seit dem Angriff am Samstag kursieren, berichten eine Vielzahl von Medien. Generell wurden auf X Bilder und Videos mit teils grauenhaften Inhalten verbreitet. Viele Inhalte waren aber gefälscht, alt oder aus dem Kontext gerissen, wie Heise Online berichtet und auch Beispiele nennt.
Dass Plattformen in Breaking-News-Situationen mit Falschinformationen konfrontiert sind, ist nicht neu. Entscheidend ist aber, wie Plattformen damit umgehen, heißt es in einem Bericht von Bloomberg. Der Terrorangriff der Hamas sei „der erste Echtzeit-Test für Elon Musks Version von Twitter und es ist spektakulär gescheitert“, sagt Mike Rothschild, ein auf Verschwörungsideologien spezialisierter Forscher und Autor, zu Bloomberg. Die von Musk seit der Übernahme eingeführten Änderungen hätten dazu geführt, dass die X in Krisenzeiten keine zuverlässige Quelle für Nachrichten sei. „Es ist jetzt praktisch unmöglich zu sagen, was Fakt ist, was ein Gerücht, was eine Verschwörungstheorie und bei was es sich um Trollen handelt“, so Rothschild.
Zu den Gründen zählen laut dem Bericht von Heise Online etwa, dass blaue Haken nicht mehr für ein geprüftes Konto stehen, sondern lediglich ein Bezahl-Abo. Die Inhalte solche Nutzer werden in im News-Feed bevorzugt angezeigt. Hinzu kommen ausgedünnte Moderationsteams, die von Musks Entlassungswellen besonders betroffen waren. Zuletzt kündigte er etwa dem Team, das für die Integrität bei Wahlen zuständig war.
Community Notes als umstrittene Alternative
Das für Sicherheitsaspekte zuständige X-Konto verwies gestern auf die Community Notes, durch die Nutzer die Möglichkeit haben, Beiträge um zusätzliche Informationen zu ergänzen. Nutzer sollen so mehr Kontext erhalten, um Inhalte einordnen zu können.
Imran Ahmed, Vorsitzender des Center for Countering Digital Hate (CCDH), kritisiert das Vorgehen gegenüber Bloomberg. Die Verantwortung für Inhalte würde so auf die Nutzer übertragen. Die Organisation befasst sich generell mit der Verbreitung von Hatespeech auf X. Untersuchungen im Sommer hatten ergeben, dass diese zunimmt. Aufgrund der Berichte hat X eine Klage gegen die CCDH eingereicht.
X-CEO Linda Yaccarino hat Breton ebenfalls mit einem offenen Brief geantwortet. Die Kernaussage: X bemühe sich, falsche und irreführende Aussagen zu entfernen, die Bedrohungslage nehme man erst. Ebenso setze die Plattform die Vorgaben des Digital Service Act (DSA) um.
Zehntausende Inhalte habe man entfernt oder markiert, zudem wären Community Notes bei Tausenden von Beiträgen eingeblendet. Yaccarino verweist außerdem auf die Nutzungsbedingungen von X, die unter anderem illegale – und insbesondere terroristische – Inhalte ausschließen. X entferne diese auch, Nutzer könnten solche Beiträge zudem melden. Mit weiteren Verfahren schränke man zudem die Reichweite von Beiträgen ein, die zwar nicht illegal sind, aber als fragwürdig eingestuft werden.
„Es ist kein Platz auf X für terroristische oder gewalttätig-extremistische Gruppen, wir entfernen solche Konten weiterhin in Echtzeit“, so Yaccarino. X versuche darüber hinaus, proaktiv gegen solche Gruppen vorzugehen. Um das Vorgehen abzustimmen, habe es bereits kurz nach dem Angriff der Hamas ein Treffen der X-Führungsebene gegeben.
Breton wendet sich auch an Meta
Die EU-Kommission nimmt derweil nicht nur X ins Visier. Thierry Breton hat auch einen offenen Brief an Meta-Chef Mark Zuckerberg verfasst. Auf den Plattformen des Konzerns werde ebenfalls falsche oder irreführende Informationen verbreitet, Meta müsse daher „wachsam“ sein. Ein Meta-Sprecher erklärte gegenüber CNBC, man habe kurz nach dem Angriff ein Team eingerichtet, dass die Situation überwache. Zuckerberg hat ebenfalls eine 24-Stunden-Frist für eine Antwort.