Scannen privater Nachrichten: Zugeständnisse sollen Chatkontrolle retten

Andreas Frischholz
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Scannen privater Nachrichten: Zugeständnisse sollen Chatkontrolle retten
Bild: PxHere | CC0 1.0

Die Verhandlungen über die Chatkontrolle laufen in der EU weiter. Im Kern geht es nach wie vor um die Frage, ob sich die EU-Staaten auf eine – im Zweifel abgeschwächte – Version verständigen können oder das Vorhaben vorerst gestrichen wird. Letzteres ist der Wunsch der Bundesregierung.

Durchsuchte Geräte trotz Kompromiss

Über potenzielle Kompromisse verhandeln derzeit die EU-Staaten im EU-Rat, die Gespräche laufen noch. Das Ziel der spanischen Ratspräsidentschaft ist, das Vorhaben noch zu retten. Der Druck steigt, zuletzt wurde die Abstimmung schon mehrfach verschoben, weil es keine Mehrheit gibt.

Nun möchte man Zugeständnisse machen, berichtet Netzpolitik.org. Demnach soll die Art des Materials eingeschränkt werden, die Anbieter finden müssen. Diese müssten laut dem Kompromiss nur nach bekannten Inhalten suchen, nicht nach bislang unbekanntem Material. Der Zugriff auf verschlüsselte Inhalte soll aber weiterhin Teil der Reform sein.

Das ist aber der Knackpunkt. Das Kernvorhaben der Chatkontrolle ist: Messenger-Dienste wie WhatsApp, E-Mail-Betreiber und soziale Medien werden verpflichtet, auch in privaten Nachrichten der Nutzer nach Missbrauchsmaterial von Kindern (CSAM) zu suchen. Das erfolgt ohne konkreten Anlass, es muss also kein Verdacht vorliegen. Um Verschlüsselungsverfahren zu umgehen, müssten die entsprechenden Scan-Verfahren dann auch auf den Geräten der Nutzer stattfinden.

Unterschiedliche Ansätze bei der Suche nach Missbrauchsmaterial

Je nach Ansatz unterscheidet sich die Technologie, um Missbrauchsdarstellungen zu identifizieren. Die Suche nach bekanntem Material erfolgt über einen Hash-Wert-Abgleich mit bestehenden Datenbanken. Unbekanntes Material soll mit KI-Lösungen erkannt werden; es bestehen aber erhebliche Zweifel, wie zuverlässig solche automatischen Bilderkennungen arbeiten können. Ebenfalls erkannt werden soll Grooming, also die Kontaktaufnahme von Erwachsenen mit Minderjährigen, bei der eine Missbrauchsabsicht besteht. Wie man solche Texte erkennen möchte, ist auch unklar.

Das Vorhaben ist äußerst umstritten. Kritisiert wird, dass es kein zielführender Ansatz sei und zudem ein massiver Eingriff in die Privatsphäre. Vertreter der Bundesregierung erklären etwa, eine „anlasslose Kontrolle der Kommunikation“ wäre mit Deutschland nicht machbar. Skeptisch sind EU-Staaten wie Österreich, Schweden, Polen und die Niederlande. Problematisch für die spanische Ratspräsidentschaft, denn mit den im kommenden Jahr anstehenden Europawahlen besteht nur noch wenig Zeit, um die Verordnung zu beschließen.

Chatkontrolle vom Rest der Verordnung abspalten

Die Chatkontrolle ist lediglich ein Bestandteil einer Verordnung, mit der die EU den sexuellen Missbrauch von Kindern im Netz bekämpfen möchte. Der Vorschlag der Bundesregierung lautet daher, das Vorhaben aufzuspalten. Wie Euractiv berichtet, soll es einen Teil geben, der die allgemein akzeptablen Maßnahmen enthält. Dazu zählen etwa Vorgaben für Plattformbetreiber wie die Risikobewertung. Ebenso will man regeln, wie gemeldete Missbrauchsdarstellungen gelöscht, blockiert oder – etwa in Suchmaschinen – nicht mehr aufgelistet werden sollen. Auch Punkte wie zusätzliche Rechte für Opfer zählen. Kontroverse Punkte wie die Chatkontrolle will man hingegen ohne Druck in einer separaten Verordnung beschließen.

Befürworter wie EU-Kommissarin Ylva Johansson warben in den letzten Wochen intensiv um das Vorhaben. Das Argument ist: Zu viel Missbrauchsmaterial kursiere, diesem will man einen Riegel vorschieben. Kritiker bezweifeln allerdings, dass die Chatkontrolle so etwas überhaupt erfüllen kann.

Zuletzt drehte sich die Debatte noch um die Organisation Thorn, die Lobby-Arbeit für die Chatkontrolle macht. Auch hier wurde Kritik laut, berichtet Heise Online. Einer der Vorwürfe ist, dass sich bei Thorn politische und geschäftliche Interessen überschneiden.