Verwaltungsdigitalisierung: Unternehmen benötigen immer noch Fax und Papier
Unternehmen sind beim Kontakt mit der Verwaltung in der Regel immer wieder auf Fax und Papier angewiesen, ergibt eine Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom. So kommuniziert keines der 604 befragten Unternehmen ausschließlich digital mit Behörden.
Stattdessen erklären 74 Prozent der Unternehmen, häufig digitale Dokumente ausdrucken zu müssen. 60 Prozent sagen, sie nutzen bei der Kommunikation mit der Verwaltung ebenso häufig analoge wie digitale Mittel. Und sieben Prozent geben sogar an, dass der Kontakt überwiegend analog stattfindet. 31 Prozent vermelden aber eine überwiegend digitale Kommunikation mit Behörden.
Die Angaben bestätigen im Kern bekannte Ergebnisse. Beim eGovernment Benchmark 2022 der EU-Kommission liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Rang 18.
Fehlende Digitalisierung der Behörden als Standortnachteil
Angesichts der Zahlen ist es wenig überraschend, dass viele Unternehmen unzufrieden mit dem digitalen Angebot der Verwaltungen sind. 83 Prozent sehen darin einen Standortnachteil, 94 Prozent einen Bremsklotz für die Digitalisierung des eigenen Unternehmens. Ferner geben 21 Prozent der befragten Unternehmen an, die öffentliche Verwaltung funktioniere hervorragend, während 81 Prozent sie für zu träge halten.
„Manche Verwaltungen sind in den letzten Jahren bei der Digitalisierung vorangekommen, aber es gibt immer noch zu viele Systembrüche“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. 94 Prozent der Unternehmen erklären, die Digitalisierung der Verwaltung müsse eine Top-Priorität in der Politik haben. Und auch der Bitkom-Präsident Wintergerst sagt, man müsse „viel stärker als bisher erfolgreiche Modell- und Pilotprojekte in die Fläche bringen, anstatt das Rad überall immer wieder neu erfinden zu wollen“.
Digitalprojekte im föderalen Staat
Ohne Weiteres ist es aufgrund der föderalen Staatsstruktur in Deutschland aber nicht möglich, ein bestimmtes Projekt bundesweit durchzusetzen. Denn bei Digitalprojekten sind neben dem Bund in der Regel auch die Länder und Kommunen involviert. Der Bund hat daher mit dem Online-Zugangsgesetz (OZG) lediglich festgelegt, welche Leistungen digitalisiert werden müssen. Wie dies umgesetzt wird, ist aber Sache der Behörde, die für die jeweilige Leistung verantwortlich ist.
Konkret bedeutet das: Wenn Kommunen eine bestimmte Leistung erbringen, werden diese durch das OZG verpflichtet, diese auch über einen digitalen Weg anzubieten. Bund und Länder können auch Lösungen für die Umsetzung anbieten. Doch im Endeffekt ist es die Kommune, die entscheidet, wie die Digitalisierung realisiert wird. Daher ist es nicht ohne Weiteres möglich, ein bestimmtes System bundesweit auszurollen.
Die Gründe für die Verweigerung sind vielfältig. Manche Kommunen sind Vorreiter und wollen etablierte Systeme nicht ersetzen. Andere sind von den Lösungen, die etwa der Bund anbieten will, nicht überzeugt. Streit gibt es immer wieder. Ein populäres Beispiel ist etwa die Digitalisierung von Zeugnissen, die die alte Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch kurz vor Abschluss der Legislaturperiode mit einem Blockchain-Pilotprojekt realisieren wollte. Es scheiterte an technischen und konzeptuellen Mängeln, bei Golem bezeichnete man das Projekt etwa als „kaputter Blödsinn mit Ansage“.
Finanzielle Förderung des Bundes als Streitpunkt
In manchen Kommunen fehlen auch die Fachkräfte, um ein spezifisches System zu einem bestimmten Zeitpunkt umzusetzen. Prioritäten innerhalb der einzelnen Verwaltungen – und Kommunen – können sich deutlich unterscheiden. An dieser Stelle könnte der Bund mit finanziellen Förderungen aushelfen, doch die entsprechenden Mittel wurden im aktuellen Haushalt zusammengestrichen. Zudem steht eine Neuauflage des Online-Zugangsgesetzes (OZG 2.0) weiter im Raum. Denn ursprünglich sollte die Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen bis Ende 2022 erfolgen – ein Ziel, das verfehlt wurde.