AMD Ryzen Threadripper 7000 im Test: Fazit
4/4AMDs HEDT-Plattform liefert
Der High-End-Desktop (HEDT), den nach Intel auch AMD mit Threadripper 5000 vorerst ad acta gelegt hatte, ist zurück. Der Umgang mit der Plattform macht – der Blick auf den Preis vorerst außen vor – noch immer Spaß.
Bei den neuen AMD Ryzen Threadripper 7000 fühlt man sich als Tester (oder Anwender) sofort in die Ära, die Ende 2019 mit Ryzen Threadripper 3000 vorerst ein Ende fand, zurückversetzt. Das liegt auch daran, dass viele im Umgang mit dem System wesentliche Eigenschaften schlichtweg so aufgebaut sind wie vor vier Jahren: Es gibt riesige CPUs in orangen Halterungen, die in einen Käfig im Sockel auf dem Mainboard geschoben und dann mit einem mitgelieferten, ebenfalls orangen Drehmoment-Sechskantschlüssel in fest vorgegebener Reihenfolge im Sockel verschraubt werden – das gibt es sonst nirgendwo anders.
Nach dem Einbau folgte im Test die erste positive Überraschung direkt auf dem Fuß: Die Plattform präsentierte sich frei von Kinderkrankheiten und funktionierte vom Start weg wie gewünscht, das war bei Intels Sapphire Rapids im Frühjahr über Wochen nicht der Fall. Bei Ryzen Threadripper 7000 arbeiteten das Mainboard (Asus Pro WS TRX50-Sage WiFi) und der flotte Arbeitsspeicher von G.Skill (Zeta R5 Neo) von Anfang an problemlos mit. Dank Zen-4-Architektur lag die Performance der CPUs auf hohem Niveau – in Anwendungen, aber (und auch das darf auf einem High-End-Desktop getan werden) ebenso in Spielen.
Bei leichter Last kämpft zwar vor allem der 64-Kerner ein wenig, packt dafür in Mehr-Kern-Szenarien aber die ganz große Keule aus – sofern die Anwendung skaliert. Ist das der Fall, ist der Ryzen Threadripper 7980X konkurrenzlos – und das wirklich ohne Zweifel. Und AMD bietet im Portfolio mit dem Ryzen Threadripper 7995WX mit 96 Kernen sogar noch eine Option darüber an – allerdings mit Fokus für reine Workstations und auch erst ab dem Jahr 2024.
Hoher, aber nicht zu hoher Verbrauch
Der Verbrauch der beiden getesteten Modelle Threadripper 7980X und 7970X sowie der Plattform ist hoch, aber nicht ausufernd – vor allem in Anbetracht der Leistung. Im Leerlauf genehmigt sich die neue Generation immerhin keine 100 Watt mehr (trotz RAM-Vollbestückung), unter Last deckelt das auferlegte Power-Target von 350 Watt (TDP und PPT liegen damit auch bei der neuen Generation Threadripper wieder auf demselben Niveau). Werden Volllast-Leistung und Volllast-Verbrauch ins Verhältnis gesetzt, glänzt Threadripper 7000 in vielen Anwendungen mit einer Effizienz, die Ryzen 7000 und insbesondere Intel Core nicht im Ansatz erreichen – mehr Kerne bei weniger Takt sei dank.
Nichtsdestoweniger bedeuten 350 Watt unter Last, dass das Gesamtsystem trotzdem problemlos 500 Watt aus der Steckdose zieht – und das nur bei CPU-Last. Mit Workstation-Loads, die auch eine GeForce RTX 4090 oder RTX „Ada“ fordern, oder Spielen, die die neuen Threadripper nach getaner Arbeit im Game-Mode mit nur zwei aktiven CCDs (16 Kerne, 32 Threads) ebenfalls gut beherrschen, sind die 1.000 Watt in Reichweite.
Eine teure Nische
AMD Ryzen Threadripper 7000 für den High-End-Desktop ist also wirklich schnell. Doch am Ende bleibt die Frage: Wer braucht diese Leistung in dieser Plattform zu diesem Preis?
HEDT ist ein Bindeglied zwischen Mainstream und Workstation, hier gibt es also mehr als im klassischen Desktop-PC, aber eben nicht so viel wie bei einer Workstation. Dieser Lage muss man sich stets bewusst sein. Die zusätzlichen PCIe-Lanes (148 vs. 92) sind ein Argument für die WX-Modelle für den Workstation-Sockel, Quad-Channel-Speicher eventuell auch und natürlich noch mal die bis zu 32 zusätzlichen Kerne – vorausgesetzt, die eigenen Anwendungen machen davon Gebrauch, auch weil sie noch nicht von einer GPU (noch deutlicher) beschleunigt werden. Sonst rechnet sich das nicht.
Apropos Rechnen: Threadripper 7000 ist auch in der „HEDT-Version“ ein teures Unterfangen. Schon der 32-Kerner kostet 2.500 US-Dollar vor Steuern, der mit 64 Kernen das Doppelte. Der Schritt vom schnellsten Mainstream-Desktop-Prozessor im selben Hause, dem AMD Ryzen 9 7950X, ist sehr groß. Diese CPU gibt es derzeit schon ab 459 Euro. Selbst wenn Boards und RAM nur einen minimalen Aufpreis kosten (würden), liegt die Differenz für den Plattformaufstieg schnell bei mindestens 2.000 Euro.
Mit Blick auf die Leistung, die es heutzutage bereits im Desktop gibt, und die hohen Kosten wird Ryzen Threadripper 7000 die glorreichen Zeiten des HEDT-Desktops trotz der gezeigten Leistung am Ende nicht zurückbringen. Anno 2014 konnten Anwender bei Intel aus der regulären Mainstream-Serie (die über Jahre nur wenig Fortschritt, in Sachen Kerne sogar über Generationen gar keinen Zuwachs zeigte) für gerade mal 50 Euro ins HEDT-Segment aufsteigen und sich einen Intel Core i7-5820K zulegen. Damals kam alles zusammen: Die Mainstream-Plattform war immer mehr Enthusiasten zu langweilig und der Aufpreis auf die größere Plattform von Intel zumindest am unteren Ende relativ klein. Heute ist das anders.
Der Mainstream-Desktop ist heute viel leistungsfähiger als damals, die High-End-Desktop-CPUs decken selbst anspruchsvollste semiprofessionelle Anwendungsfälle ab. Darüber hinaus geht der Wechsel auf die HEDT-Plattform in Form von Ryzen Threadripper 7000 richtig ins Geld. Der bietet derweil eigentlich noch mehr als Intels Plattform im Jahr 2014: Heute stehen maximal 16 Kernen bei AMD im Desktop bis zu 64 Kerne im HEDT gegenüber, anno 2014 waren es 4 Kerne im Desktop und gerade mal 8 Kerne im High-End-Desktop auf Basis von Intel Haswell-E.
Damit stellt sich am Ende dieses Artikels noch eine andere Frage: Ist der Desktop jetzt wieder am Zug, steht eine nächste Mainstream-(Kern-)Evolution ins Haus? Die letzte leitete AMD ein, eventuell auch die nächste?
ComputerBase hat ein Threadripper-7000-Testkit mit zwei Prozessoren, Board und Speicher von AMD unter NDA leihweise zum Testen erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungstermin. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
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