Chatkontrolle: EU-Parlament bestätigt seine Position

Michael Schäfer
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Chatkontrolle: EU-Parlament bestätigt seine Position
Bild: ChequeredInk | gemeinfrei

Wie erwartet hat das EU-Parlament den Ende des letzten Monats erarbeiteten Kompromissvorschlag bezüglich der Chatkontrolle nun final bestätigt. Die Ablehnung einiger Punkte blieb dabei nahezu unverändert. Mit der Bestätigung durch das Parlament im Rücken geht es nun in die Trilog-Verhandlungen.

Weitestgehend Zustimmung

Das Europäische Parlament hat in seiner letzten Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) seine Position zu der von der EU-Kommission vorgelegten sogenannten Chatkontrolle noch einmal bestätigt. Nachdem sich bereits bei der Anhörung Ende Oktober eine Einigung abzeichnete, wurde diese im Innenausschuss des EU-Parlaments Mitte des Monats bekräftigt. Eine Ablehnung des Kompromissvorschlags in der nun stattgefundenen Ausschusssitzung wäre den Regularien zufolge zunächst dann erfolgt, wenn 10 Prozent der Parlamentarier gegen den Vorschlag gestimmt hätten. Als Folge hätte erneut ein Kompromiss gefunden werden müssen, wozu es jedoch nicht kam. Damit gilt der ausgehandelte entschärfte Vorschlag als vom Parlament angenommen. Als nächster Schritt folgen die Trilog-Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem Rat der Europäischen Union.

Weitreichende Folgen

Die Chatkontrolle wird federführend von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson vorangetrieben und richtet sich vorrangig gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder im Internet. Die ersten Umsetzungsvorschläge halten sowohl die Europäische Union wie auch eine Reihe von Bürgerrechtsorganisationen und weiteren Experten bereits seit geraumer Zeit in Atem, da es sich bei dieser laut Kritiker um eine neue Form der anlasslosen Massenüberwachung handeln würde. Die Pläne der EU-Kommission sehen sogar das Aufweichen von verschlüsselter Kommunikation vor. Um diese zu umgehen, wäre ein Überprüfen der Inhalte nur durch Client-Side-Scannings, also noch vor dem Versenden auf den Geräten der Nutzer, möglich. Damit sich die Inhalte bereits vor der Verschlüsselung einsehen lassen, was die Sicherheitsmechanismen im Grunde obsolet machen würde.

Eigener Vorschlag deutlich abgeschwächt

Der Kompromiss des Parlaments sieht eine massive Abschwächung der Eingriffe vor. So soll nach dem Willen der Parlamentarier das verdachtslose, automatisierte Durchsuchen von Dateien, die sogenannte Aufdeckungsanordnung, im Gesetzestext keine Rolle mehr spielen. Damit wären auch Anbieter von Kommunikationsdiensten von ihrer Pflicht entbunden, sämtliche bei ihnen ausgetauschten Inhalten auf Darstellungen von Kindesmissbrauch zu überprüfen. Ebenso haben die Abgeordneten eine Ausnahme für Dienste aufgenommen, die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nutzen.

Gleichzeitig soll die Position verschlüsselter Kommunikation gestärkt werden. So sollen entsprechende Kontrollen nur auf richterlichen Beschluss bei begründetem Verdacht gegenüber Einzelpersonen oder Gruppen durchgeführt werden dürfen. Die EU-Kommission hatte hier noch eine generelle Überprüfung aller Geräte in der Europäischen Union vorgesehen. Darüber hinaus sieht der Kompromisstext die Möglichkeit von Netzsperren und Alterskontrollen vor, setzt aber auch hier hohe Hürden.

Schwierige Verhandlungen erwartet

Nachdem sich das EU-Parlament nun auf eine gemeinsame Marschrichtung geeinigt hat, stehen im Dezember die ersten Trilog-Verhandlungen zwischen dem Parlament, der EU-Kommission und dem Rat der Europäischen Union an. Es ist davon auszugehen, dass sich die Verhandlungen als äußerst schwierig gestalten werden, da EU-Innenkommissarin Johansson weiterhin wenig Kompromissbereitschaft zeigt und an ihrem strikten Kurs festhält. Aber auch im EU-Rat scheint ein Kompromiss schwierig zu sein, eine entsprechende Abstimmung wurde bereits zweimal verschoben. So hatten Deutschland, Österreich, Polen und Estland deutlich gemacht, dass sie dem Entwurf des Rates in seiner aktuellen Form nicht zustimmen werden. Deutschland sah dabei das anlasslose Durchsuchen von Inhalten auf Anordnung sowie das Aufweichen der Verschlüsselung als kritisch an. Auch Frankreich hatte diesbezüglich Bedenken geäußert. Ebenfalls abgelehnt wurde der Kompromissvorschlag der spanischen Ratspräsidentschaft, dass die Art des zu suchenden Materials zunächst eingeschränkt werde, bis sich die jeweiligen technischen Möglichkeiten geändert haben. Der Umgang mit verschlüsselten Inhalten sollte jedoch beibehalten werden.

Strikte Regelung eher unwahrscheinlich

Der Ausgang der Verhandlungen ist derzeit noch ungewiss. Zwar deutet sich an, dass Johansson ihre strikten Forderungen nicht durchsetzen können wird, doch gilt dies ebenso für das EU-Parlament. Darüber hinaus dürfte Johanssons Position deutlich geschwächt sein, nachdem verschiedene Enthüllungen die Neutralität der EU-Innenkommissarin massiv in Zweifel gezogen haben. So wurde bekannt, dass ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen mit Hilfe finanzkräftiger Stiftungen die umstrittenen Pläne der EU-Kommission zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern durchzusetzen versuchten. Zudem soll die EU-Innenkommissarin laut Medienberichten einen Tag, nachdem sich abzeichnete, dass das Vorhaben unter den Mitgliedsstaaten keine Mehrheit finden würde, ausgerechnet in den Ländern, die dem Vorhaben eher kritisch gegenüberstehen, Werbung für die Chatkontrolle auf X, ehemals Twitter, geschaltet haben.

Hinzu kommt, dass die Regelungen nach Ansicht des Juristischen Dienstes des EU-Rates (CLS) gegen EU-Grundrechte verstoßen und die Verordnung nach Ansicht der Juristen daher in ihrer ursprünglichen Form vor dem EuGH keinen Bestand haben würde.

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