Chatkontrolle: EU-Kommission will freiwillige Übergangsregelung verlängern
Es ist ein Zurückrudern bei der Chatkontrolle: Mittlerweile geht offenbar auch die EU-Kommission nicht mehr davon aus, dass man die Verordnung noch zeitnah umsetzen kann. Verlängert werden soll daher die Regelung, die Kommunikationsdiensten und sozialen Medien ein freiwilliges Scannen von Nutzerinhalten ermöglicht.
Damit würde es also vorerst beim Status quo bleiben. Dieser ermöglicht es sozialen Medien und Cloud-Anbietern, nach Missbrauchsdarstellungen von Kindern zu suchen. Das erfolgt über einen Abgleich mit bekanntem Material. Kommt es zu Funden, können die Unternehmen sowohl die Inhalte als auch die Nutzer an zuständige Stellen melden, heißt es in dem Bericht von Netzpolitik.org.
Der Grund für diesen Schritt: Die EU-Kommission bezweifelt, dass die neue Verordnung rechtzeitig fertig wird. Denn die aktuelle Regelung läuft am 3. August 2024 aus. Somit besteht Handlungsbedarf.
Chatkontrollen-Regelung steckt fest
Eigentlich sollte diese Regelung durch die Verordnung zum Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch im Internet ersetzt werden. Diese beinhaltet auch die äußerst umstrittene Chatkontrolle-Regelung, also das anlasslose Scannen von sämtlichen Inhalten, die über einen Dienst laufen. Im Fall von Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messenger-Diensten würde das aber bedeuten, dass die Inhalte auf den jeweiligen Geräten der Nutzer überwacht werden müssten – das sogenannte Client-Side-Scanning.
Der Widerstand ist aber groß. Weder sei es zielführend beim Schutz von Kindern, noch sei es mit den Grundrechten vereinbar, sagen Kritiker. Der Widerstand ist so groß, dass es im EU-Parlament keine Mehrheit gab, die Abgeordneten verständigten sich auf eine entschärfte Version ohne allgemeine Überwachung verschlüsselter Inhalte. Und auch im EU-Rat – also unter den Mitgliedsstaaten – bröckelt die Zustimmung immer weiter, Staaten wie Deutschland wollen die Vorgaben ohnehin nicht mittragen.
In der Konsequenz erklärt nun auch die EU-Kommission (PDF), es sei unklar, ob und wann eine langfristige Lösung erreicht werde. Aus diesem Grund sei es erforderlich, die Interimsregulierung für eine begrenzte Zeit zu verlängern. Damit gebe es dann genug Spielraum, um die Verhandlungen abzuschließen.
„Eingeständnis des Scheiterns“
Patrick Breyer, Abgeordneter der Piraten im EU-Parlament, bezeichnet diese Ankündigung der EU-Kommission in einer Stellungnahme als „Eingeständnis des Scheiterns“. Indem man auf Massenüberwachung setze, verhindere man „wirklich wirksame Schutzmaßnahmen etwa durch sichere Gestaltung der Internetdienste (Security by Design)“.