Neuer OpenAI-Verwaltungsrat: Immer noch unklar, warum Sam Altman entlassen wurde
OpenAI konsolidiert sich nach den Chaostagen rund um die Entlassung und Rückkehr von Sam Altman, der neue Verwaltungsrat nimmt die Arbeit auf. Warum die Situation aber überhaupt eskalierte und Altman gehen sollte, ist nach wie vor nicht bekannt. Nur zu den internen Abläufen kommt mehr ans Licht.
Der neue Verwaltungsrat von OpenAI besteht aus dem Vorsitzenden Bret Taylor (ehemals Twitter und Facebook), Larry Summers (Ökonom und ehemaliger US-Finanzminister) und Quora-CEO Adam D’Angelo, der zuvor schon Teil des Gremiums war. Microsoft erhält ebenfalls einen Sitz, wird aber nicht stimmberechtigt sein. „Meine aktuelle Priorität – und auch die des derzeitigen Verwaltungsrates – ist, weiter an der Stabilisierung des Unternehmens zu arbeiten“, sagt Altman dem Wall Street Journal.
Aus dem alten Verwaltungsrat scheiden Helen Toner und Tasha McCauley aus, dasselbe gilt für OpenAIs Chef-Wissenschaftler Ilya Sutskever. Er soll aber im Unternehmen bleiben, in der öffentlichen Darstellung auf X (ehemals Twitter) bemüht man sich, ein einträchtiges Bild zu zeichnen. Greg Brockman – der gemeinsam mit Altman ging – ist weiterhin Präsident von OpenAI, aber auch nicht mehr im Verwaltungsrat vertreten.
Altman konnte sich nicht vollständig durchsetzen
An dieser Stelle sind die Vorgänge bereits erstaunlich, wie Casey Newton vom Platformer-Newsletter analysiert. Denn mit D’Angelo ist noch ein Mitglied des alten Verwaltungsrates vertreten, der für einen Rausschmiss von Altman votierte. Damit konnte dieser sich zumindest nicht in einem Punkt durchsetzen. Als eine Bedingung für seine Rückkehr forderte er ursprünglich, der Verwaltungsrat müsse komplett ausgetauscht werden.
Kalkül des Verwaltungsrats
Klar wird nun, warum der Rauswurf so plötzlich erfolgte. Als man sich im Verwaltungsrat mehrheitlich entschied, Altman zu feuern, wollte man diesen Schritt schnellstmöglich umsetzen. Altman ist in der Tech-Branche bestens vernetzt und hat eine enge Bindung zu OpenAIs wichtigstem Partner Microsoft. Die Sorge war, er könnte mit genügend Vorlaufzeit einen Machtkampf organisieren, den der Verwaltungsrat nicht gewinnen kann. Wie The New Yorker berichtet, soll Microsoft erst 20 Minuten vor OpenAIs offizieller Mitteilung von den Vorgängen erfahren haben – so groß war die Angst, dass Informationen durchsickern.
Den Machtkampf verlor der Verwaltungsrat dennoch. Die Geschwindigkeit hatte ihren Preis, der Coup war schlecht vorbereitet. Wie Plattformer berichtet, existierten keine Pläne für die Nachfolge. Und laut Informationen von The New Yorker ging man schlicht davon aus, dass Mitarbeiter und Investoren den Schritt akzeptieren würden – was bekanntlich nicht der Fall war.
Immer noch nicht bekannt, warum Altman gehen musste
Nicht abschließend geklärt ist nach wie vor, warum Altman überhaupt gehen sollte. Er sei nicht aufrichtig in der Kommunikation mit dem Verwaltungsrat gewesen, war die offizielle Begründung, die weder OpenAI-Mitarbeiter noch Investoren überzeugte. Vor allem, weil keine konkreten Beispiele existieren.
Dass Altman mit seinem Stil zumindest auf der Führungsebene aneckt, ist ein Muster, das sich allerdings durch seine Karriere zieht. Wie Eric Newcomer, ein Silicon-Valley-Insider im Bereich der Risikokapitalgeber, beschreibt, soll es bereits bei Altmans Abgang beim Startup-Gründerzentrum Y-Combinator – das er vor OpenAI leitete – Querelen gegeben haben. Bei OpenAI kam es bereits zum Bruch mit Elon Musk, später wanderten Mitglieder aus der Führungsriege im Streit ab und gründeten mit Anthropic ein neues KI-Unternehmen.
Im letzteren Fall ging es bereits um die Sicherheit von KI-Lösungen. Denkbar ist, dass diese erneut der Anlass waren. Die Spannung zwischen einer Kommerzialisierung von KI-Entwicklungen, die etwa im Rahmen von ChatGPT stattfinden, und einem sicheren Entwicklungspfad wurden von Anfang thematisiert. Spekuliert wird zudem, der Verwaltungsrat habe sich nicht über alle Aspekte der Entwicklungen ausreichend informiert gefühlt.
Aufklärung soll andauern
Zumindest offiziell will OpenAI die Vorgänge nicht allzu schnell aufklären. „Ich verstehe absolut, warum Leute jetzt eine Antwort wollen“, sagte Altman im Interview mit The Verge. Seiner Ansicht nach sei es aber unangemessen, diese jetzt zu erwarten. Der neue Verwaltungsrat soll die Vorgänge aber noch aufarbeiten, sagte Altman zu The Verge. Zudem will man generell die Struktur des Gremiums verbessern.
Offene Fragen zur Mathe-KI
Ungeklärte Details gibt es auch bei Q* (gesprochen: Q-Star). Bei diesem handelt es sich um ein KI-Modell, das bei mathematischen Aufgaben besonders leistungsfähig sein soll, enthüllte die Nachrichtenagentur Reuters. Altman bestätigte einen angeblich unbeabsichtigten Leak, aus OpenAI-Kreisen war von einem potenziellen KI-Durchbruch bis hin zu AGI die Rede. Substanz haben die Diskussionen bis dato aber noch nicht, Forschende bewerten die bisherigen Q*-Erkenntnisse zurückhaltend bis skeptisch. OpenAI will die Arbeiten nun wie gehabt fortsetzen.
Verzögerung neuer GPT-Produkte
Kleinere Auswirkungen auf die OpenAIs Produktentwicklung haben sich aber ergeben: Bei der Entwicklerkonferenz hat das Unternehmen die GPT-Chatbots – also individuell und einfach anpassbare ChatGPT-Varianten – vorgestellt. Ein separater Store für diese GPTs sollte eigentlich noch in diesem Jahr kommen. Nun verzögert er sich aber auf das kommende Jahr.