Vorratsdaten­­speicherung: Innenministerin Faeser will IP-Adressen speichern lassen

Andreas Frischholz
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Vorratsdaten­­speicherung: Innenministerin Faeser will IP-Adressen speichern lassen
Bild: PxHere | CC0 1.0

Wie eine Nachfolgeregelung der Vorratsdatens­peicherung aussehen kann, ist innerhalb der Bundesregierung weiterhin umstritten. Bundes­innenministerin Nancy Faeser spricht sich erneut für eine Speicherpflicht für IP-Adressen aus.

Man braucht die IP-Adressen, um die Täter aufzufinden“, sagte Faeser am Wochenende in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Verwendet werden sollen diese unter anderem für den Kampf gegen Hass und Hetze im Netz. Die klassische Vorratsdaten­speicherung benötige man ihrer Ansicht nach nicht mehr.

Derzeit befinde Faeser sich mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der einen Quick-Freeze-Ansatz umsetzen will, in einem „guten Austausch“. In den nächsten Wochen will man sich einigen.

Sicherheitspolitiker wollen IP-Adressen

Die Vorratsdatens­peicherung ist weiterhin ein Dauerthema im Sicherheitsbereich. Bei der Innenminister­konferenz in der letzten Woche waren es vor allem die Innenminister der Länder, die sich unisono für die Vorratsdaten­speicherung aussprechen. Man wolle wissen, was im Netz los ist, sagte beispielsweise Herbert Reul, CDU-Innenminister aus Nordrhein-Westfalen. Eine Baustelle wäre die Vorratsdaten­speicherung. „Warum kommen wir da nicht zu einem Ergebnis?“, so Reul.

Regelungen zur Vorratsdaten­speicherung wurden mittlerweile mehrfach vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) einkassiert, die anlasslose und allgemeine Datenerfassung ist nicht mit den Grundrechten vereinbar. Das gilt auch für das letzte Gesetz aus Deutschland, das 2017 noch die Bundesregierung von CDU/CSU und SPD beschlossen hatten. Das wurde mittlerweile auch von deutschen Gerichten kassiert.

Ziel der Sicherheitsbehörden ist, die Auflagen des EuGH möglichst auszureizen. Daher läuft der Streit derzeit vor allem rund um die Speicherung von IP-Adressen, bei denen man Spielräume sieht, wie etwa aus einem Positionspapier des Bundeskriminalamts (BKA) hervorgeht. Im Bundestag ist das Thema bereits angekommen, bei einer Expertenanhörung im Oktober ergab sich aber kein einheitliches Bild. Grundlage für diese Anhörung war ein Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, IP-Adressen samt Portnummer im Kampf gegen Kindesmissbrauch zu speichern.

Während Vertreter der Sicherheitsbehörden den Vorschlag unterstützen, zweifeln Bürgerrechtler am Nutzen und halten den Vorschlag generell für rechtswidrig. So spricht Tom Jennissen vom Verein Digitale Gesellschaft von Massenüberwachung; weder national noch international gebe es zudem belastbaren Daten, die unterstreichen, dass die Speicherung von IP-Daten für die Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder einen großen Nutzen hätte.

Technisch ist die Umsetzung zudem nicht ohne Weiteres möglich, erklärte Sabine Witting, Assistenzprofessorin an der niederländischen Universität Leiden, in ihrer Stellungnahme. Ein Problem bestehe etwa mit dynamischen IP-Adressen, die von Providern mehrfach vergeben und nur in Verbindung mit weiteren Daten wie Portnummern und Zeitstempel einem konkreten Nutzer zugeordnet werden können. Eine Vorratsdaten­speicherung solcher Daten sei jedoch eine höhere Eingriffsintensität und höchstrichterlich noch nicht geklärt. Dementsprechend hoch sei das Risiko, das ein entsprechendes Gesetz erneut vor dem EuGH scheitere.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die IP-Adresse allein nicht einen*r bestimmte*n Internetuser*in identifizieren kann, sondern allenfalls den*die Anschlussinhaber*in. Ein typisches Beispiel für die Wichtigkeit von Zusatzdaten wie der Portnummer ist hierbei der Zugang zum Internet über das WLAN-Netzwerk eines Hotels. Mit der IP-Adresse kann zwar der Anschlussinhaber, also das Hotel, ermittelt werden, doch nur mit der Portnummer auch der*die User*in einer bestimmten Website.

Auszug aus der Stellungnahme von Dr. Sabine Witting

Eine Alternative zu fixen Speicherfristen ist der Quick-Freeze-Ansatz, bei dem Strafverfolgungs­behörden die Daten bei den Telekommunikations­anbietern im Verdachtsfall „einfrieren“ lassen, um diese später mit einem Gerichtsbeschluss abzurufen. Bei diese Variante werden die Daten also nicht anlasslos und allgemein gespeichert.