Digital Markets Act der EU: Apple ermöglicht alternative App-Marktplätze und Zahlungen
Der Digital Markets Act der Europäischen Union zwingt Apple zu den vielleicht größten Veränderungen am App Store seit dessen Einführung. Ab März wird Apple alternative App-Marktplätze für das Sideloading von Apps, neue Zahlungsabwicklungen sowie andere Browser-Engines als WebKit in den 27 EU-Mitgliedsländern unterstützen.
Die neuen Optionen sollen im März mit iOS 17.4 und den zugehörigen Releases von iPadOS, macOS, watchOS und tvOS eingeführt werden. Für Entwickler steht die erste Beta von iOS 17.4 ab sofort kostenfrei zum Download bereit. Mehr als 600 neue APIs, erweiterte App-Analysen, Funktionen für alternative Browser-Engines und Optionen für die Verarbeitung von App-Zahlungen und den Vertrieb von iOS-Apps seien für die Erfüllung des Digital Markets Act (DMA) notwendig gewesen, erklärt Apple.
Apple sieht viele Risiken in Anpassungen
In der Ankündigung der weitreichenden Veränderungen geht Apple mehrfach darauf ein, dass der DMA neue Möglichkeiten für Malware, Betrug und Betrugsversuche, illegale und schädliche Inhalte sowie andere Bedrohungen für Datenschutz und Sicherheit mit sich bringe. Deshalb führe das Unternehmen Schutzmaßnahmen ein – darunter die Beglaubigung von iOS-Apps, eine Autorisierung für Entwickler des Marktplatzes und neue Angaben zu alternativen Zahlungsmöglichkeiten.
Die Änderungen, die wir heute ankündigen, erfüllen die Anforderungen des Gesetzes über digitale Märkte in der Europäischen Union und tragen gleichzeitig dazu bei, die Nutzer:innen in der EU vor den unvermeidlichen erhöhten Datenschutz- und Sicherheitsbedrohungen zu schützen, die diese Regulierung mit sich bringt. Unsere Priorität bleibt es, unseren Nutzer:innen in der EU und auf der ganzen Welt die bestmögliche und sicherste Erfahrung zu bieten. Entwickler:innen können sich ab sofort über die neuen Werkzeuge und Bedingungen, die für den alternativen Vertrieb von Apps und die alternative Zahlungsabwicklung zur Verfügung stehen, sowie über neue Möglichkeiten für alternative Browser-Engines, kontaktlose Zahlungen und vieles mehr informieren. Wichtig ist, dass Entwickler:innen sich auch dafür entscheiden können, bei den bisher geltenden Geschäftsbedingungen zu bleiben, wenn sie das vorziehen.
Phil Schiller, Apple Fellow
Apps aus alternativen App-Marktplätzen
Konkret sind für iOS 17.4 neue Optionen für den Vertrieb von iOS-Apps über alternative App-Marktplätze vorgesehen. Dazu gehören neue APIs und Tools, um iOS-Apps auf alternativen App-Marktplätzen zum Download anzubieten. Neue Frameworks und APIs für die Erstellung alternativer App-Marktplätze kommen ebenso hinzu und sollen Entwicklern von Marktplätzen ermöglichen, Apps zu installieren und Updates im Namen anderer Entwickler von ihrem Store aus zu verwalten.
Epic hat unmittelbar den Epic Games Store für iOS in Europa und die Rückkehr von Fortnite auf das iPhone angekündigt.
Andere Browser-Engines als WebKit
Frameworks und APIs für alternative Browser-Engines sind ebenfalls neu, sodass Entwickler künftig andere Browser-Engines als WebKit für Browser und Apps mit In-App-Browsing verwenden können. Damit könnte zum Beispiel Google den Chrome oder Vivaldi den eigenen Browser jetzt mit Chromium oder Mozilla den Firefox mit Gecko unter iOS laufen lassen.
Apple führt neue Schutzmaßnahmen ein
Den laut Apple „zwangsläufig neuen Risiken“ der neuen Optionen in der EU soll mit gewissen Schutzmaßnahmen entgegengewirkt werden, die in Kraft treten, sobald Anwender ab März iOS 17.4 oder neuer herunterladen. Apple führt eine Beglaubigung für iOS-Apps ein, bei der es sich um eine grundlegende Überprüfung handelt, die für alle Apps unabhängig von ihrem Vertriebskanal gilt. Die Beglaubigung umfasst eine Kombination aus automatisierten Kontrollen und menschlicher Prüfung. Installationsblätter für Apps beinhalten Informationen aus dem Beglaubigungsprozess, um Beschreibungen von Apps und deren Funktionen vor dem Download bereitzustellen, einschließlich der Entwickler, Screenshots und anderer wichtiger Informationen.
Autorisierung von App-Marktplätzen erforderlich
Alternative App-Marktplätze müssen darüber hinaus von Apple autorisiert werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Entwickler von Marktplätzen sich an laufende Anforderungen halten, die zum Schutz von Nutzern und Entwicklern beitragen sollen. Apple führt auch einen zusätzlichen Schutz vor Malware ein, damit iOS-Apps nicht mehr gestartet werden können, wenn sie nach der Installation auf dem Gerät des Anwenders Malware enthalten.
Apple erklärt, dass es mit den neuen Schutzmaßnahmen einige der „Datenschutz- und Sicherheitsrisiken für iOS-Nutzer in der EU“ verringern könne. Dazu zählt der Konzern Bedrohungen wie Malware oder bösartigen Code und das Risiko, dass Apps installiert werden, die ihre Funktionalität oder deren verantwortliche Entwickler falsch darstellen. Die Transparenz beim App-Tracking werde zudem weiterhin mit Apps funktionieren, die außerhalb des Apple App Store vertrieben werden, indem die Nutzer um Erlaubnis gefragt werden, bevor Daten über Apps oder Websites hinweg per Tracking protokolliert werden.
Das Unternehmen habe mit dem DMA jedoch weniger Möglichkeiten zum Schutz vor Apps, die Betrug und Missbrauch beinhalten oder die Nutzern unerlaubte, anstößige oder schädliche Inhalte zeigen. Andere Browser-Engines als WebKit könnten zudem das Nutzererlebnis negativ beeinflussen, einschließlich Auswirkungen auf die Systemleistung und die Batterielaufzeit. Gewisse App-Store-Funktionen wie die Kauffreigabe für Familien und Kaufanfragen sind außerdem nicht mit Apps kompatibel, die außerhalb des App Store von Apple geladen werden. Für Apps, die eine alternative Zahlungsabwicklung nutzen, wird Apple keine Rückerstattungen ausstellen können.
Zahlungen nicht über Apple abwickeln
Für den App Store von Apple selbst gibt es ebenso eine Reihe von Anpassungen, die sich auf iOS, iPadOS, macOS, watchOS und tvOS auswirken. Dazu gehören neue Optionen für die Nutzung von Zahlungsdienstleistern (PSPs) innerhalb der App, um Zahlungen für digitale Waren und Services zu verarbeiten. Neue Optionen für die Abwicklung von Zahlungen per Link-Out ermöglichen künftig den Abschluss von Transaktionen für digitale Waren und Services auf der externen Website der Entwicklers. Diese können EU-Nutzer erstmals auch über Werbeaktionen, Rabatte und andere Angebote informieren, die außerhalb ihrer Apps verfügbar sind. Tools für die Geschäftsplanung sollen Entwicklern dabei helfen, die Gebühren abzuschätzen und die mit den neuen Apple-Geschäftsbedingungen für Apps in der EU verbundenen Metriken zu verstehen.
Zum Beispiel muss auf den Produktseiten im App Store eine entsprechende Kennzeichnung vorhanden sein, wenn eine App eine alternative Zahlungsabwicklung verwendet. In-App-Informationsblätter sollen darüber informieren, sobald Transaktionen nicht mehr mit Apple durchgeführt werden und wenn der Entwickler dazu auffordert, eine alternative Zahlungsabwicklung zu nutzen. Angepasste App-Review-Prozesse sollen sicherstellen, dass Entwickler Informationen über Transaktionen, die über alternative Zahlungsdienstleister abgewickelt werden, korrekt übermitteln. Über eine erweiterte Datenübertragbarkeit auf der Apple-Website zu Datenschutz und Privatsphäre können EU-Nutzer neue Daten über ihre Nutzung des App Store abrufen und an einen autorisierten Dritten exportieren.
Neue Geschäftsbedingungen für Apps in der EU
Sobald ein Entwickler eine der neuen Optionen speziell für die EU nutzen möchte, muss Apples neuen Geschäftsbedingungen für Apps in der EU zugestimmt werden. Entwickler können aber weiterhin wählen, ob sie diese neuen Geschäftsbedingungen übernehmen oder bei den bestehenden Bedingungen von Apple bleiben wollen. Entwickler müssen die neuen Geschäftsbedingungen für EU-Apps annehmen, um die neuen Möglichkeiten für den alternativen Vertrieb oder die alternative Zahlungsabwicklung nutzen zu können.
Die neuen Geschäftsbedingungen für iOS-Apps in der EU umfassen drei Elemente:
- Reduzierte Provision: Entweder 10 Prozent (für die große Mehrheit der Entwickler und Abonnements nach dem ersten Jahr) oder 17 Prozent auf Transaktionen für digitale Waren und Services.
- Gebühr für die Zahlungsabwicklung: Nutzung der Zahlungsabwicklung des App Store gegen eine Gebühr von 3 Prozent. Keine Gebühr bei Nutzung eines eigenen Zahlungsdienstleisters innerhalb der App oder bei Verlinkung auf Website des Entwicklers.
- Core Technology Fee: iOS-Apps, die über den App Store und/oder einen alternativen App-Marktplatz vertrieben werden, werden 0,50 Euro für jede erste jährliche Installation zahlen, die eine Schwelle von 1 Million überschreitet.
Für Apps auf iPadOS, macOS, watchOS und tvOS in der EU erhalten Entwickler, die Zahlungen mit einem PSP oder durch Verlinkung auf ihre Website abwickeln, einen Rabatt von 3 Prozent auf die Provision, die an Apple zu entrichten ist.
NFC-Schnittstelle wird geöffnet
Die Anpassungen zur Erfüllung des DMA haben auch auf andere Bereiche Auswirkungen, etwa die Öffnung der NFC-Schnittstelle. Neu sind APIs, um die NFC-Technologie auch bei Drittanbietern in Banking- und Wallet-Apps im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum zu nutzen. Apple führt in der EU außerdem neue Bedienelemente ein, um die App eines Drittanbieters für kontaktlose Zahlungen — oder einen alternativen App-Marktplatz — als Standard auszuwählen. Beim ersten Öffnen von Safari in iOS 17.4 oder höher erscheint künftig zudem ein Bildschirm, der Nutzer vor die Auswahl eines Standardbrowsers aus einer Liste von Optionen stellt.
Spiele-Streaming über native Apps
Eine nicht nur EU-bezogene, sondern globale Anpassung des App Store speziell für das Spiele-Streaming erfolgt ebenso. Künftig müssen Anbieter von Spiele-Streaming-Apps wie Nvidia GeForce Now oder Xbox Cloud Gaming unter iOS oder iPadOS nicht mehr den Umweg über eine Web-App gehen, da Apple jetzt auch die Auslieferung des gesamten Spiele-Katalogs des Streaming-Anbieters innerhalb der nativen Hauptanwendung erlaubt, ohne dass jeder Inhalt einzeln für den App Store abgesegnet werden muss.