Datenschutz-Organisation Noyb: Beschwerde und Anzeige gegen Schufa eingereicht
Noyb hat beim Hessischen Datenschutzbeauftragten eine Beschwerde und Anzeige gegen die Schufa eingereicht. Darin wirft die Datenschutz-Organisation dieser vor, mit ihrem Online-Auftritt Bürgern die gesetzlich verankerte kostenlose Auskunft zu erschweren und sie stattdessen auf eine kostenpflichtige Ausgabe ihrer Daten zu leiten.
Noyb bezeichnet sich als Europäisches Zentrum für digitale Rechte für die Durchsetzung des Datenschutzes innerhalb der Europäischen Union und wurde 2017 unter anderem von Max Schrems gegründet, der für seine erfolgreichen Klagen gegen das transnationale Safe-Harbor-Abkommen zwischen der EU und den USA und den EU-US Privacy Shield bekannt ist. Das Akronym Noyb steht für „none of your business“.
Mit diesem Vorgehen würde die Schufa laut Noyb durch geschickte Manipulation der Website Bürgern ihre eigenen Daten verkaufen und dabei Einnahmen in Millionenhöhe generieren. Dabei soll die Auskunftei bewusst die verpflichtende kostenlose Kopie der eigenen Daten nach Artikel 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erschweren. Dieser verpflichtet Unternehmen und Institutionen, Bürgern Auskunft darüber zu geben, welche Daten über sie bei diesen gespeichert sind. Stattdessen bewirbt die Auskunftei aktiv die „Bonitätsauskunft“, für die der Nutzer 29,95 Euro bezahlen soll.
Manipulation für die Wohnungssuche
Nach Ansicht von Noyb habe die Schufa vor allem Wohnungssuchende ins Auge gefasst, da diese bei ihren Bemühungen um eine Wohnung immer wieder Nachweise über ihre finanzielle Zuverlässigkeit erbringen müssen. Dieses Angebot werde der Beschwerde nach vonseiten des Unternehmens aktiv mit der Behauptung beworben, dass diese Auskunft Vorteile auf dem Wohnungsmarkt biete. Ein transparenter Hinweis auf die frei erhältliche Datenkopie fehle. Die Schufa gehe in ihren Ausführungen sogar so weit, die kostenlose Auskunft als ungeeignet für die Weitergabe an Dritte darzustellen und sogar davon abzuraten – unter anderem, weil die ausgehändigten Informationen angeblich sensible Daten und zudem keine aktuelle Berechnung des Bonitätsscores enthielen. „Die Schufa behauptet fälschlicherweise, dass nur ihre kostenpflichtigen Produkte an Dritte weitergegeben werden dürfen. In Wirklichkeit hat der Europäische Gerichtshof mehrfach betont, dass Betroffene mit ihren freien Informationen machen dürfen, was sie wollen“, so Martin Baumann, Datenschutzanwalt bei Noyb in einem Blogeintrag zur Beschwerde. Dadurch würde die Schufa in mehrfacher Hinsicht gegen das europäische Datenschutzrecht verstoßen.
Irreführende Benennungen
Auch die verwendeten Bezeichnungen werden von den Beschwerdeführern als irreführend angesehen. So würde die kostenlose Auskunft lediglich als „Datenkopie“ bezeichnet, während die kostenpflichtige Herausgabe der eigenen Daten werbewirksamer als „Bonitätsauskunft“ tituliert werde. Wer dennoch die Möglichkeit der kostenlosen Variante finde, werde mit Werbung für das kostenpflichtige Produkt „bombardiert“. Die Wirtschaftsauskunftei, so der Vorwurf, würde zudem keine Maßnahmen ergreifen, um den betroffenen Personen ihr Recht auf Datenauskunft zu erleichtern – was den klaren Vorgaben der DSGVO widerspreche.
Das Unternehmen soll zudem bewusst Informationen zurückhalten, um ihr kostenpflichtiges Produkt zu verkaufen: So sollen die kostenlosen Informationen unter anderem nur einen „Basis-Score“ aufweisen, während die kostenpflichtige Variante sechs verschiedene „Branchen-Scores“ beinhalte. Nach Artikel 15 DSGVO sind Unternehmen jedoch verpflichtet, alle verarbeiteten Daten vollständig offenzulegen. Ebenso kritisiert Noyb, dass das am 18. Oktober 2023 kostenpflichtig bestellte Produkt am 23. Oktober 2023, also nach fünf Tagen, eintraf, während die gleichzeitig bestellten kostenlosen Informationen erste eine Woche später, am 30. Oktober 2023, ankamen. Auch dieses Vorgehen verstoße nach Ansicht von Noyb gegen die Datenschutz-Grundverordnung, die hierfür eine unverzügliche Zusendung vorsieht.
Beschwerde und Anzeige
Da die Schufa ihren Geschäftssitz in Wiesbaden innehat, reichte Noyb bei der Hessischen Datenschutzbehörde eine Beschwerde gegen die Auskunftei ein. Durch das für die Organisation systematische Verschweigen und Verzögern der kostenlosen Auskünfte sowie das bewusste Zurückhalten von Daten verstoße das Unternehmen gegen die DSGVO. Damit aber nicht genug: Da die Schufa auch systematisch gegen das gesetzliche Gebot der kostenlosen Auskunft verstoße, indem sie den Eindruck erweckt, dass nur die kostenpflichtigen Produkte als Nachweis gegenüber Dritten geeignet seien, habe Noyb ebenso Anzeige bei der Hessischen Datenschutzbehörde gestellt.