Patentklage verloren: Älteren Intel-Prozessoren droht möglicher Verkaufsstopp
In den USA abgeschmettert, in Deutschland gewonnen: Das Unternehmen R2 aus Kalifornien hat beim Landgericht Düsseldorf eine Patentklage gegen Intel gewonnen. Dabei geht es um ein Patent für eine bestimmte Spannungsregulation, die in CPUs bis Alder Lake zum Einsatz kam. Raptor Lake (Refresh) und alles neuere sind nicht betroffen.
R2 Semiconductor, Inc. hatte im November 2022 in Großbritannien und Deutschland Klage gegen Intel und einige von Intels Kunden eingereicht. Dabei geht es laut Dokumenten um den Sachverhalt, dass ein Patent betroffen sei: „One European patent is infringed by Intel’s Ice Lake, Tiger Lake, Alder Lake and Ice Lake Server (Xeon) processors, and customer servers and laptops that contain those processors.“ Das Patent wurde in den USA zuvor für ungültig erklärt, in Europa hingegen aber nicht, weshalb R2 hier vor die Gerichte zog und jetzt in Düsseldorf Erfolg hatte. Das Patent EP 3 376 653 wurde nach seiner Einreichung im Jahr 2010 in Europa erst Anfang 2020 gewährt und beschreibt eine „OVER VOLTAGE PROTECTION OF A SWITCHING CONVERTER“.
Ein Gericht in Düsseldorf gab R2 nun in diesem Sachverhalt Recht, im April wird das Urteil in England erwartet. Intel zeigt sich wenig überraschend nicht begeistert von der Entscheidung.
We are disappointed with the Regional Court of Duesseldorf's decision, and we intend to appeal
Intel
Der Umfang der Auswirkung des Gewinns durch R2 ist indes noch unklar. Im schlimmsten Fall müsste Intel betroffene Produkte vom lokalen Markt nehmen. Da interessanterweise Intel Raptor Lake und der Raptor Lake Refresh ebenso nicht betroffen sind wie Intel Core Ultra alias Meteor Lake und die aktuellen Server-CPUs Intel Sapphire Rapids und Intel Emerald Rapids, geht es primär um ältere Lösungen, die natürlich noch verkauft werden, aber nicht mehr im Fokus stehen. Ice Lake und Tiger Lake sind als Consumer-Produkte längst abgekündigt. Im Server ist Ice Lake allerdings noch vorhanden, Alder Lake vor allem in vielen günstigen Consumer-Geräten ebenso noch. Was Intel durch die Entscheidung am Ende wie umsetzen muss, das dürfte erst in den kommenden Wochen klar werden.
Intel erklärte auf Nachfrage von ComputerBase am Vormittag, dass aktuell noch an einem offiziellen Statement gearbeitet werde, da sich die Dinge derzeit schnell entwickeln würden. Die direkten und konkreten Auswirkungen seien noch nicht final, insbesondere auch was die Thematik um einen möglichen Verkaufsstopp betrifft. ComputerBase wird weitere Informationen nachreichen, sobald diese eintreffen.
Intel erklärt R2 zur Briefkastenfirma und „Patenttroll“
R2 ist für Intel kein echtes Unternehmen, sondern nur eine Firma, die Patente eingekauft hat und diese für Klagen nutzt. Diese sogenannten „Patenttrolle“ haben in vielen Bereichen Hochkonjunktur und sorgen für Arbeit in den Rechtsabteilungen vor allem großer Firmen. Ende 2019 hatten sich Intel und Apple zusammengeschlossen, um gegen VLSI, Fortress sowie weitere Subunternehmen des Firmenzusammenschlusses von SoftBank vorzugehen. SoftBank hatte mit der Übernahme auch 200 Patente von NXP Semiconductors aufgekauft und diese anschließend in kleinere neue Firmen ausgelagert – diese wurden dann für Klagen genutzt.
Spektakulär „verlor“ Intel gegen besagte VLSI im März 2021. Mit Rechtsmitteln ging Intel dagegen vor und konnte die Strafzahlung von 2,18 Milliarden US-Dollar abwenden. Nachdem im Sommer 2023 bereits der erste Teil der Anschuldigungen abgewiesen wurde, löste sich der Rest im Dezember 2023 auf. Am Ende ging VLSI leer aus. Doch die Klagen laufen auch in den USA weiter, der Ausgang ist ungewiss.
Am Freitagnachmittag hat Intel gegenüber ComputerBase sein Statement noch einmal etwas ausgebaut, der Inhalt entspricht aber weitestgehend dem, was bereits bekannt ist. Weitere Aussagen wird man aufgrund der nun anstehenden Berufung aktuell nicht tätigen.
Wir sind enttäuscht von der Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf und beabsichtigen, Berufung einzulegen. R2 reicht Serienklagen ein, um große Summen von Innovatoren wie Intel zu erlangen. R2 hat zuerst Klage gegen Intel in den USA eingereicht, aber nachdem Intel das minderwertige US-Patent von R2 für ungültig erklärt hatte, verlagerte R2 seine Kampagne gegen Intel nach Europa. Intel ist der Meinung, dass Unternehmen wie R2, die anscheinend nur ein Scheinunternehmen sind, dessen einziges Geschäft die Prozessführung besteht, nicht berechtigt sein sollten, einstweilige Verfügungen für CPUs und andere wichtige Komponenten auf Kosten von Verbrauchern, Arbeitnehmern, der nationalen Sicherheit und der Wirtschaft zu erwirken.
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