Moore Threads MTT-S80 & S30 im Test: So schnell sind die China-Grafikkarten im iGPU-Testparcours
Seit Ende 2022 gibt es mit der MTT-Serie des Herstellers Moore Threads Gaming-Grafikkarten aus chinesischer Entwicklung und Fertigung. Zuletzt hieß es, neue Treiber hätten deren Leistungsfähigkeit deutlich erhöht. ComputerBase hat sich das Topmodell MTT-S80 und die kleine MTT-S30 geschnappt und nachgemessen.
Technische Eckdaten sind das eine …
Mit MTT-S80, -S70, -S50, -S30 und -S10 gibt es inzwischen ein umfassendes Portfolio des Herstellers Moore Threads – allerdings nur in China. Das Topmodell MTT-S80 zieht mit 4.096 Shadern (und erstmals PCI Express 5.0) auf dem Papier mit Grafikkarten der Größenordnung Intel Arc A770 (4.096) oder annähernd RTX 4060 Ti (4.352) gleich. Die kleinere MTT-S30 liegt mit 1.024 Shadern auf dem Niveau einer Radeon RX 6500 XT oder Intel Arc A380 (beide 1.024).
Moore Threads MTT-S80 | Moore Threads MTT-S30 | |
---|---|---|
Shader-Einheiten | 4.096 MUSA-Cores | 1.024 MUSA-Cores |
Taktfrequenz | 1,8 GHz | 1,3 GHz |
FP32-Leistung | 14,4 TFLOPS | 2,6 TFLOPS |
Speicher | 16 GB GDDR6, 256 Bit | 4 GB GDDR6, 128 Bit |
PCIe | Gen5 x16 | Gen4 x8 |
AV1-De-/Encoding | Ja/Nein | Ja/Nein |
TDP | 255 Watt | 40 Watt |
Stromanschluss | 2× 8-PIN | – |
Maße | 285 mm × 112 mm × 49 mm (L × B × H) | 144 mm × 67 mm × 25 mm (L × B × H) |
… der Treiber ist das andere
Doch bis dato erwies sich das Datenblatt zur Einordnung der Leistungsfähigkeit der chinesischen GPUs als wenig hilfreich, denn auch Moore Threads kämpfte mit dem Treiber – und zwar noch mehr, als es Intel mit Arc zu Anfang tat.
Das galt sowohl in Bezug auf die Leistung als auch die Kompatibilität, denn lange Zeit war der Treiber nicht mal zu DirectX 11 kompatibel. Das änderte sich im Sommer 2023. DirectX 12 und Vulkan sowie eine englische, geschweige denn deutsche Oberfläche sind hingegen weiterhin außen vor.
Im Februar hieß es dann, der neue Treiber 240.50 hätte die Performance in DirectX 11 gegenüber den ersten Varianten, die die API unterstützten (211.30), signifikant erhöht. Im 3DMark Fire Strike sollte der Leistungszuwachs annähernd den Faktor 3 betragen.
ComputerBase kann das anhand einer MTT-S80, die Anfang 2023 aus China importiert worden war, nachvollziehen. Von etwas über 3.365 Punkten geht es mit dem aktuellen Treiber (anfangs 240.50, dann 240.60) auf über 8147 Punkte hinauf, was einem Zuwachs von 140 Prozent (Faktor 2,4) entspricht.
Und was bedeutet das für die Leistung in Spielen?
Testergebnisse und Benchmarks
Um das herauszufinden, hat sich ComputerBase den zuletzt für die iGPUs der Ryzen-8000G-Prozessoren genutzten Parcours geschnappt. Er sollte, weil auch eine Radeon RX 6400 (768 Shader) oder GeForce GTX 1650 (896 Shader) enthalten war, eine gute Orientierung ermöglichen.
Genutzt wurde neben der MTT-S80 auch die deutlich kleinere MTT-S30. Beide durchliefen die Tests mit dem Treiber 240.60 auf einem Ryzen 7 5800X mit 16 GB DDR4-3200CL14 auf einem MSI B550 Tomahawk (AM4). Das Mainboard ist auch weiterhin eine entscheidende Einflussgröße: Die Moore-Threads-Grafikkarten arbeiten nur mit ausgewählten Modellen zusammen.
Was läuft denn überhaupt?
Doch bevor es ans Testen ging, stellt sich zuerst die Frage: Welcher Titel aus dem iGPU-Testparcours läuft denn überhaupt mit aktuellen Treibern auf den Moore-Threads-Grafikkarten? Antwort: Vier der elf Spiele nutzen (alternativ) DirectX 11, der Rest ist mit DirectX 12 raus. Und wie schnell sind die beiden Moore-Threads-Grafikkarten über diesen reduzierten Vier-Spiele-Parcours?
Titel im Parcours | API | Lauffähig auf MTT-S80/S30? |
---|---|---|
Anno 1800 | DirectX 11/12 | ✓ |
Baldur's Gate 3 | DirectX 11/Vulkan | ✓ |
Counter-Strike 2 | DirectX 11 | ✓ |
CP 2077: Phantom Liberty | DirectX 12 | läuft nicht |
Diablo IV | DirectX 12 | läuft nicht |
Dota 2 | DirectX 9/11 | ✓ |
F1 23 | DirectX 12 | läuft nicht |
Pioneers of Pagonia | DirectX 12 | läuft nicht |
Ratchet & Clank | DirectX 12 | läuft nicht |
Resident Evil 4 | DirectX 12 | läuft nicht |
Uncharted | DirectX 12 | läuft nicht |
Die Grafkeinstellungen sind dem Artikel Ryzen 7 8700G & 5 8600G (OC) im Test: AMDs Zen-4-RDNA-3-APU vs. 5700G, Radeon, GeForce & Xe zu entnehmen.
Leistungsrating Full HD
Im Durchschnitt schlägt die MTT-S80 knapp die iGPU des AMD Ryzen 7 5700G mit 8-CUs-Vega-iGPU aus dem Jahr 2021, die aktuelle 8-CUs-RDNA-3-iGPU im Ryzen 5 8600G ist um 60 Prozent voraus. Das ist mit Blick auf die 4.096 Shader der MTT-S80-GPU natürlich immer noch erschreckend wenig Performance in der Praxis. Die MTT-S30, die sich allerdings auch eher an Business-PCs denn an Gaming-PCs richtet, erreicht ein Viertel des Leistungsniveaus. Bei den Frametimes fällt das Ergebnis vergleichbar aus.
Einzelergebnisse
Allerdings sollte der Blick nicht nur auf den Durchschnitt über den sehr kleinen Testparcours gelenkt werden, sondern auch auf die Einzelergebnisse. Sie zeigen sehr deutlich, wo Moore Threads die Prioritäten gesetzt hat: Spiele, die in China extreme Popularität genießen – darunter Dota 2.
Der Titel wird im Treiber direkt als optimiert ausgewiesen – und dass das im Vergleich zu anderen Spielen nicht nur leere Worte sind, zeigt sich im Benchmark: Hier kann es die MTT-S80 mit dem Ryzen 5 8600G aufnehmen.
Bei Counter-Strike 2 fällt wiederum die sehr dunkle, sehr kontrastreiche Darstellung auf, die von anderen Grafikkarten respektive Treibern so nicht bekannt ist.
Fazit
Moore-Threads-Grafikkarten sind mit neuen Treibern viel schneller geworden, hieß es im Februar, und der 3DMark Fire Strike wurde dabei als Aushängeschild präsentiert. ComputerBase kann das bestätigen: In diesem synthetischen Test legt die MTT-S80 um 140 Prozent zu.
Aber zugleich gilt es festzuhalten: Die Grafikkarten aus China bleiben weit hinter dem zurück, was der Blick auf das Datenblatt vermuten lässt und im Praxiseinsatz, der auch viel weniger vom neuen Treiber profitiert hat, gilt das umso mehr.
Dota 2, bei dem immerhin annähernd die Leistung eines Ryzen 7 8700G erreicht wird, zeigt allerdings auch: Moore Threads weiß, welche Aufgabe die Grafikkarten vorrangig erfüllen sollen. Die populären Multiplayer-Titel sollen mit älteren APIs flüssig dargestellt werden.
Für europäische Kunden sind die Moore-Threads-Grafikkarten, an die man ohnehin nur über Umwege kommt, eindeutig weiterhin nichts. Neben Kompatibilität und Leistung spricht auch der hohe Leerlaufverbrauch (ca. 100 Watt bei der MTT-S80, der Lüfter läuft dauerhaft) dagegen.
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