Mehr Energie für Rechenzentren: AI-Boom könnte Kohleausstieg in den USA verzögern

Andreas Frischholz
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Mehr Energie für Rechenzentren: AI-Boom könnte Kohleausstieg in den USA verzögern
Bild: PxHere | CC0 1.0

Bei Microsoft führten die KI-Investitionen zu einem um 30 Prozent erhöhten Ausstoß von CO2-Emissionen. Der Energiebedarf betrifft aber die komplette Branche und beeinflusst den kompletten Sektor. Aufgrund der erhöhten Nachfrage könnte sich in den USA der Kohleausstieg verzögern.

So werden die Abschalttermine für alternde Kohlekraftwerke derzeit nach hinten verschoben, heißt es in einem Bericht der Financial Times. Die Betreiber erwarten einen rasant steigenden Strombedarf, daher will man Kapazitäten erhalten.

Rechenzentren-Boom erhöht den Stromverbrauch

Prognosen der Beratungsfirma Grid Strategies gehen von einer um 4,7 Prozent erhöhten Stromnachfrage in den nächsten fünf Jahren in den USA aus. Neben neuen Industrie- und Produktionslagen sind Rechenzentren für AI-, Krypto- und Cloud-Dienste einer der Gründe, die in dem Report genannt werden. Laut einer Studie des Electric Power Research Institute sollen die Rechenzentren bis 2030 für rund 9 Prozent des amerikanischen Stromverbrauchs verantwortlich sein, das ist mehr als doppelt so viel wie aktuell.

Es sind vor allem die generativen AI-Tools, die mehr Rechenpower benötigen und damit einen erhöhten Strombedarf haben. Die Internationale Energie Agentur geht davon aus, dass eine ChatGPT-Anfrage annähernd 10-mal so viel Strom wie eine herkömmliche Google-Suche verbraucht. Andere Untersuchungen gehen sogar vom 24- bis 236-fachen aus.

Hinzu kommt: Viele der Technologien kommen jetzt grade erst in den Markt. Google führt derzeit etwa den AI Overview ein, der bei Suchanfragen auch eine generierte Antwort präsentiert. Damit steigt dann auch der Energieverbrauch von Google-Suchen. Microsoft integriert den KI-Assistenten Copilot derzeit in Windows 11, von Apple werden ebenfalls bald KI-Lösungen erwartet. Die Nutzung dürfte generell also steigen.

Bedarf ohne fossile Energiequellen decken

Für die Biden-Administration sei der hohe Energiebedarf der KI-Entwicklung ein Dilemma, heißt es in der Financial Times. Teil des Investitionsprogramms rund um den Inflation Reduction Act ist auch ein Clean-Energy-Programm, mit dem das Weiße Haus den Energiesektor umbauen will. So sehen Vorgaben der Umweltbehörde EPA vor, dass Kohlekraftwerke ab 2032 schrittweise abgeschaltet werden, sofern diese keine teuren Filter installieren.

Indiana klagt als einer von 25 Bundesstaaten gegen diese Vorgaben. Der Strombedarf steige, dementsprechend sei mehr Energie nötig. „Wir können es uns als Amerikaner nicht leisten, den KI-Krieg zu verlieren“, sagte Indianas Gouverneur Eric Holcomb (Republikaner) der Financial Times. Die EPA erklärt hingegen, eine erhöhte Nachfrage im Energiesektor könne auch im Rahmen der Vorgaben bedient werden.

Die Big-Tech-Konzerne setzen ebenfalls auf eine Versorgung ohne fossile Energieträger wie Kohle. Neben erneuerbaren Energiequellen liegt das Augenmerk auf Atomkraft. Microsoft kündigte zudem Investitionen in die Entwicklung von grünem Stahl und Beton an, um die Dekarbonisierung voranzutreiben.