Onyx Boox Note Air 3 C im Test: Android und alternative Apps
3/5Offenes, wenn auch leicht älteres Android
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger bildet beim Note Air 3 C Android 12 die Software-Grundlage. Die Sicherheitspatches sind bei dem System nicht ganz so alt wie noch beim Test des Note Air 2, taufrisch sind sie mit Veröffentlichungsdatum 1. September 2023 aber auch nicht mehr. Die letzte von Onyx ausgerollte Firmware wurde am 27. März dieses Jahres an die Nutzer verteilt.
Die Oberfläche wurde vom Hersteller an einigen Stellen verbessert, an anderen Stellen ist vieles gleich geblieben, was auch für die teilweise schlechte, anscheinend automatisch erfolgte Übersetzung gilt. Generell hat sie kaum noch etwas mit dem von Android bekannten Homescreen zu tun, auch beim Testkandidaten wurde das Erscheinungsbild stark an die Nutzung als E-Book-Reader angepasst.
Unmittelbar nach dem Einschalten blickt der Nutzer zunächst auf die Bibliothek mit den eigens aufgespielten oder aus dem Onyx-„Store“ heruntergeladenen Büchern, bei denen es sich allerdings überwiegend um englischsprachige und vor allem ältere Titel handelt, deren Urheberrechte schon längst abgelaufen sind. An der auf der linken Seite angebrachten und nach wie vor viel zu kleinen Seitenleiste hält der Hersteller nach wie vor fest. Es ist dabei fraglich, warum für die sechs Icons, die zur Bibliothek, zum Shop, zu den Notizen, dem Speicher, den Apps und den Einstellungen führen sollen, so viel Platz verschwendet wird. Deutlich besser wäre es gewesen, sie wie bei Android üblich am unteren Bildschirmrand zu platzieren, wo sie auch direkt und bequem mit dem Daumen zu erreichen sind. Und wenn sie dennoch dort verbleiben sollen, wäre es der Optik sicherlich dienlicher gewesen, zumindest auf die Beschriftungen der eigentlich für sich stehenden Grafiken zu verzichten: Aufgrund des geringen Platzes werden sie wie bereits beim Vorgänger nach wie vor mitten im Wort umgebrochen, was zu Kapriolen wie „Biblioth-ek“, „Anmerk-ungen“ (mit denen die Notizen gemeint sind und bei denen letztere Bezeichnung sogar in den vorhandenen Platz hineingepasst hätte), „Speiche-r“ oder „Einstell-ungen“ führt.
Gleiches gilt für die nach wie vor unzureichende Übersetzung der Oberfläche in die deutsche Sprache – vor allem bei vielen Menüpunkten wechseln sich Deutsch und Englisch fast fließend ab. Hier darf sich Onyx nicht wundern, wenn ihm bei der Erstellung seiner Software keine hohe Sorgfalt attestiert wird.
Verbesserte App-Unterstützung
Durch das offene Android-System ist es wie beim Vorgänger möglich, die Funktionalität des Readers mittels Apps zu erweitern – und das nicht nur in Bezug auf Lese-Applikationen. Den Weg dahin haben Onyx und Google dem Nutzer jedoch deutlich vereinfacht. Da dem Anschein nach nun auch E-Ink-Displays die Zertifizierungsregeln für den Play Store berücksichtigen, muss Googles Marktplatz nicht mehr umständlich aufgespielt und registriert werden, sondern ist bereits installiert. So müssen Anwender wie von Smartphones oder Tablets gewohnt nur noch ihre Zugangsdaten eingeben und können loslegen.
Wie gut sich die gewünschten Anwendungen auf dem Note Air 3 C nutzen lassen, hängt vor allem von ihrer Art ab. So eignen sich Programme mit wenigen Bewegungen sehr gut für die im Vergleich zu LC-Displays meist etwas träge Darstellung. Spiele, die einen schnellen Bildaufbau erfordern, oder gar Videos lassen sich zwar ebenfalls damit nutzen, dürften aber trotz aller Optimierungen in den meisten Fällen wenig Spaß bereiten.
Um die Erweiterungen für den E-Book-Reader optimal verwenden zu können, gibt Onyx dem Nutzer erneut zahlreiche Hilfestellungen und Optimierungen an die Hand. So lässt sich wie bereits vom Vorgänger gewohnt die generelle Refresh-Rate des Displays in Sekundenschritten von 1 bis 5 Sekunden einstellen. Hier sollte jedoch mit Bedacht vorgegangen werden: Eine hohe Erneuerungsrate kann zwar zu weniger Ghosting führen, sorgt aber gerade bei eher statischen Inhalten für eine unruhigere Darstellung. Gleichzeitig steigt dadurch natürlich auch der Energieverbrauch.
Besserer Refresh-Auslöser
Darüber hinaus ist es nun möglich, die komplette Invertierung einer Seite, also die vollständige Neuausrichtung aller Bildpunkte, an Berührungen auf den Bildschirm zu koppeln. Diese Umsetzung bietet vor allem bei alternativen Lese-Apps spürbare Vorteile: So kann bei den eigenen Applikationen die Invertierung an den Seitenwechsel gekoppelt werden und damit das Ghosting, also das Durchscheinen vorheriger Inhalte durch nicht vollständig neu ausgerichtete Pixel, weitestgehend unterbunden werden , was wiederum der Darstellungsqualität zugutekommt. Dies ist in dieser Form bei den alternativen Applikationen jedoch nicht möglich, da sie nicht so tiefgehend mit dem System verbunden sind und entsprechende Informationen nicht weitergegeben werden können – die Folge ist eine nicht immer schön anmutende Darstellung der Inhalte.
Mit der neuen Funktion, die bisher nur der dritten Generation des Note Air zur Verfügung steht, versucht Onyx auch dieses Problem in den Griff zu bekommen. Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Auch wenn eine Invertierung nach einer bestimmten Anzahl von Seitenwechseln erfolgen soll, gehen ihr in den meisten Fällen ebenso viele Berührungen voraus – fünf Seitenwechsel sind in der Regel also fünf Berührungen auf dem Bildschirm.
In der Praxis funktioniert diese Idee sehr gut, kann allerdings nur für einen Modus verwendet werden. Onyx stellt dem Benutzer wiederum vier grundlegende Modi zur Verfügung. Sie besitzen im Vergleich zum Vorgängermodell die gleiche Funktionalität, wurden aber im Reader anders benannt. So sorgt der HD-Modus neben der beschriebenen Funktion für einen hohen Kontrast, damit einhergehend jedoch auch für ein hohes Ghosting – sofern es nicht durch die genannten Werkzeuge unterbunden wird. Somit eignet sich dieser Modus vor allem für Texte und weitere, meist unbewegte Inhalte. „Balanced“ hingegen versucht beiden Anforderungen gerecht zu werden, setzt auf eine höhere Bildwiederholungsrate und weist damit weniger Ghosting, aber auch einen geringeren Detailgrad auf. Dieser Modus eignet sich vor allem dann, wenn viel durch Dokumente oder Web-Seiten gescrollt werden soll. Der „Fast Mode“ bietet dagegen noch mal sichtbar weniger Details, dafür allerdings flüssigere Bewegungen, was vor allem manche Spiele besser aussehen lässt. „Ultrafast“ sollte derweil nur für Videos verwendet werden, wobei der Detailgrad noch mal massiv sinkt – anders ist eine einigermaßen flüssige Wiedergabe bei Displays auf Basis digitaler Tinte nicht zu erreichen. Auf Wunsch kann eine Invertierung auch per Geste oder Schaltfläche in der unteren Navigationsleiste ausgelöst werden.
Diese vorgefertigten Modi bilden die Grundlage für die Darstellung der Inhalte. Darüber hinaus bietet Onyx dem Benutzer weitere Möglichkeiten an, Inhalte für sich zu optimieren. So können unter anderem dunkle Farben und die allgemeine „Lebendigkeit“ der Darstellung verstärkt oder auf die Helligkeit der Inhalte Einfluss genommen werden. Interessant ist zudem die Kontrastverstärkung, die sich nicht nur auf Bilder auswirkt, sondern auch Texte kräftiger darstellt. Für die Modi außerhalb der HD-Wiedergabe kann zusätzlich ein Anti-Flicker-Filter eingestellt werden, der die Darstellung ruhiger erscheinen lassen soll. Im Gegenzug erhöht sich aber hier ebenfalls das Ghosting.
Des Weiteren verfügt das System über eine optimierte Darstellung für Apps, die allerdings nicht auf die bereits von Onyx installierten Applikationen angewendet werden kann. Sie ermöglicht unter anderem die Einstellung der Pixeldichte, die Hervorhebung von Schriften in Titeln, Menüs und Texten zur besseren Erkennbarkeit sowie die Anpassung von Farben.
Gleichzeitig setzt Onyx auf die sogenannte Snow-Field-Funktion, die im Gegensatz zur normalen Invertierung, bei der alle Pixel des Displays neutralisiert und neu ausgerichtet werden, nur die Neuausrichtung in bestimmten Bereichen erlaubt. Diese Funktion soll für eine schnellere Darstellung von neuen Inhalten sorgen, was besonders bei der Nutzung des Stiftes Vorteile bieten soll. Dazu im entsprechenden Abschnitt später mehr.
Überarbeitete Unterstützung alternativer Reader-Apps
In der Praxis können die Einstellungen durchaus überzeugen, stoßen aber ebenso schnell an ihre Grenzen – zu viel sollten Nutzer somit nicht erwarten. So lassen sich im HD-Modus und durch die an die jeweilige Berührung auf dem Display gekoppelte Neuausrichtung der Pixel alternativ auch andere Reader-Applikationen wie unter anderem die Kindle-App verwenden. Das noch beim Test des Note Air dabei aufgetretene und kritisierte Ghosting gehört damit der Vergangenheit an. Auch die Schriftdarstellung fällt dabei sehr gut aus. Gleiches gilt für das Betrachten von Websites: Wer mehr Wert auf eine gute Textdarstellung legt, bleibt im HD-Modus, muss jedoch mit einem weniger flüssigen Scrollen leben – oder umgekehrt. So kann jeder seine eigenen Prioritäten setzen.
Gleiches gilt für viele kleinere Tools, angefangen bei einer Textverarbeitung bis hin zu Zeichen- und alternativen Notiz-Apps – zumindest wenn die Farbdarstellung passt, denn bei grafischen Elementen mit geringer Deckkraft kann das Display auch mal seine Probleme bekommen. In der Bedienung kann die Farbdarstellung hierbei gegenüber dem normalen Note Air 3 ihre Vorteile ausspielen, unter anderem weil Bedienelemente oft besser zu erkennen und voneinander zu unterscheiden sind. Wem die speziell auf die Nutzung als E-Book-Reader ausgelegte Oberfläche von Onyx nicht gefällt, der kann jederzeit nach einem alternativen Launcher greifen – auch das ist möglich. Dabei kann weiterhin die gewohnte Onyx-Oberfläche als Bibliothek geladen oder eine andere verwendet werden.
Spiele sind weniger das Metier des Note Air 3 C, Videos gar nicht
Anders sieht es dann bei Spielen aus. Selbst grafisch eher einfache Titel wie Sudoku oder 2048 dürften die meisten Nutzer dann doch lieber auf ihrem Smartphone oder Tablet spielen. Die Games werden zwar immer noch im HD-Modus dargestellt, die eventuell bei jeder Berührung ausgeführte Invertierung, die beim Lesen bei einem Seitenwechsel durch den generellen Wechsel des Textes kaum auffällt, kann in diesem Fall allerdings sehr schnell nervig werden. Der Wechsel in den Balanced-Modus sorgt hier zwar für eine deutliche Entspannung, verringert aber gleichzeitig die Schärfe der Darstellung, was oft schon am Hintergrund zu erkennen ist, und erhöht in gleicher Weise das Ghosting. Hier muss jeder Benutzer seine eigenen Prioritäten setzen.
Videos hingegen machen auf dem Note Air 3 C überhaupt keinen Spaß. Es wird schnell deutlich, dass E-Ink-Panels für solche Inhalte einfach nicht gemacht sind und dass hier mit massiven Optimierungen gearbeitet werden muss, damit überhaupt ein annähernd flüssiges Bild erzeugt werden kann – die Bildqualität bleibt dabei auf der Strecke. So eignet sich diese Funktion vielleicht für einen kurzen Clip, für längere Videos sollte dann doch zum Tablet gegriffen werden.