Solarpaket I in Kraft: Wechselrichter-Updates auf 800 Watt dürfen ausgerollt werden

Update 2 Frank Hüber
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Solarpaket I in Kraft: Wechselrichter-Updates auf 800 Watt dürfen ausgerollt werden

Nachdem Ende April sowohl der Bundestag als auch am selben Tag noch der Bundesrat das Solarpaket I verabschiedet hatten, fehlte zu dessen Inkrafttreten noch die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Dies ist nun erfolgt, so dass die Änderungen für Balkonkraftwerke starten.

Updates für Wechselrichter von 600 auf 800 Watt

Für Besitzer eines Balkonkraftwerks mit einem Wechselrichter, für den der Hersteller ein Update von 600 Watt auf 800 Watt Ausgangsleistung in Aussicht gestellt hat, wie dies beispielsweise Anker, EcoFlow und Zendure getan haben, bedeutet dies, dass in den nächsten Tagen ein entsprechendes Firmware-Update für den Mikro-Wechselrichter bereitstehen könnte.

ComputerBase hat bereits bei den Unternehmen nachgefragt, wann mit einer Veröffentlichung zu rechnen ist. Da die Hersteller durch die Verzögerungen beim Solarpakt I mehr Zeit hatten als gedacht, sollten die Updates eigentlich umgehend veröffentlicht werden können.

Maximal 2.000 Watt Solarleistung

Eine weitere Änderung durch das Solarpaket I betrifft die maximal erlaubte, kumulierte Leistung der installierten Solarmodule, um als Mini-PV-Anlage zu gelten. War vorher keine Regelung festgehalten, ist die Solarleistung nun auf maximal 2.000 Watt festgeschrieben, die die Solarmodule insgesamt an den Wechselrichter liefern dürfen. Auswirkungen auf die maximale Einspeiseleistung ins Hausnetz von 800 Watt hat diese Regelung nicht, sie gilt unabhängig von der Leistung der installierten Module.

Meldung nur noch bei der Bundesnetzagentur

Teil der Änderungen ist darüber hinaus, dass die Installation und Inbetriebnahme eines Balkonkraftwerks ab sofort nur noch im Marktstammdatenregister bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden muss. Die Meldung beim jeweiligen Netzbetreiber entfällt. Dieser wird über die Bundesnetzagentur künftig automatisch informiert.

Rückwärtsdrehen des Ferrariszählers erlaubt

Daraus resultiert auch, dass man nicht mehr auf die Freigabe durch den Netzbetreiber warten muss, bis man die Steckersolaranlage in Betrieb nehmen darf, selbst wenn noch kein saldierender Zweirichtungszähler verbaut ist. Ist im Haushalt ein alter Ferrariszähler verbaut, kann sich dieser somit zunächst rückwärts drehen. Der Netzbetreiber kann – und wird – diesen jedoch nach erfolgter Anmeldung umgehend austauschen.

Entwurf der VDE-Norm veröffentlicht

Parallel zum Inkrafttreten des Solarpaket I hatte der VDE Anfang Mai einen Entwurf der DIN VDE V 0126-95 „Steckersolargeräte“ veröffentlicht, die den Anschluss von Balkonkraftwerken über Schukostecker erlaubt, die Modulleistung aber gleichsam auf 960 Watt limitieren soll, um den dauerhaft anliegenden Einspeisestrom durch Balkonkraftwerke ins Hausnetz zu reduzieren.

Update

Anker gibt Update für MI80 für 800 Watt frei

Anker startet ab sofort mit dem Update der Firmware für den MI80-Wechselrichter. Ob das eigene System schon das Update erhalten hat, kann in der Anker-App geprüft werden, indem der MI80-Wechselrichter ausgewählt und die Einstellungen über das Symbol oben rechts geöffnet werden. In den Einstellungen ist auch die „Maximale Ausgangsleistung“ vermerkt. Sind dort 800 Watt eingetragen, wurde das Update bereits installiert. Sollte das Update über Nacht nicht bereits automatisch ausgeführt worden sein, können Nutzer das Stromkabel des Wechselrichters für wenige Sekunden vom Stromnetz trennen. Sobald der Wechselrichter wieder mit Energie versorgt wird, ist das Update automatisch freigegeben.

Anker MI80: Update auf 800 Watt Ausgangsleistung
Anker MI80: Update auf 800 Watt Ausgangsleistung (Bild: Anker)

Die neue Anker Solix Solarbank 2 Pro und Solarbank 2 Plus starten nächste Woche so auch direkt mit einer Ausgangsleistung von bis zu 800 Watt in den Verkauf.

EcoFlow startet am 5. Juni

EcoFlow hat ComputerBase hingegen mitgeteilt, dass das Update für den PowerStream-Wechselrichter ab dem 5. Juni für alle Nutzer bereitsteht und sie ihr System dann auf eine Ausgangsleistung von 800 Watt aktualisieren können.

960 Watt aus VDE-Norm bindend oder nicht?

ComputerBase hat aufgrund der großen Verunsicherung bei Käufern und Betreibern von Balkonkraftwerken zudem beim VDE um eine Stellungnahme gebeten, welche Bedeutung und Auswirkung die in dem Entwurf der VDE-Norm genannte Grenze von 960 Watt anstelle der im Gesetz genannten 2.000 Watt Modulleistung für Verbraucher hat. Eine detaillierte Antwort steht noch aus.

Per se ist eine VDE-Norm nicht bindend, sondern von ihr kann und darf abgewichen werden, wenn für einen ausreichenden Schutz gesorgt ist. Sie dient jedoch auch der Beweislastumkehr, was insbesondere für Elektroinstallateure von Bedeutung ist. Ihr kommt deshalb häufig eine gesetzesähnliche Wirkung zu. Das Gesetz zum Solarpaket I verweist allerdings auf sie, indem es auf die „Einhaltung der für die Ausführung eines Netzanschlusses maßgeblichen Regelungen“ verweist. Sinn dieser Formulierung dürfte die von der Bundesregierung nicht im Gesetz beantwortete Frage nach dem Anschluss des Balkonkraftwerks über einen herkömmlichen Schukostecker sein, was anders als die Modulleistung explizit dem VDE überlassen werden sollte. Sobald vom VDE eine Stellungnahme vorliegt, wird diese hier veröffentlicht.

Update

Inzwischen hat der VDE auf die Anfrage von ComputerBase reagiert. Dem Verband sind die unterschiedlichen Regelung in der Norm und dem Gesetz bewusst und man rechnet mit einer Klarstellung zum Ende des Entwurfs. Zudem wird bestätigt, dass es technische Gründe waren, die den VDE zur Festlegung der 960 Watt bewogen haben. Auf die potentiell lange Dauereinspeisung von 800 Watt bei 2.000 Watt Modulleistung war ComputerBase bereits eingegangen.

Uns in bewusst, dass es zur Zeit eine Diskrepanz gibt. Da die Norm noch im Entwurfsstadium ist, rechnen wir mit einer Klarstellung zum Ende des Entwurfsprozess. Bei der Erstellung der Norm hat es technische Gründe im Gremium gegeben, die Limitierung einzuführen. Diese werden jetzt zusammen mit der Öffentlichkeit und den betroffenen Fachkreisen in der öffentlichen Einspruchsberatung erörtert.

Alle interessierten Fachkreise und Privatpersonen sind eingeladen, sich aktiv am Normungsprozess zu beteiligen.

VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.