Arm-Windows-Notebooks: Bringen Qualcomm Snapdragon X und AI den Durchbruch?
Notebooks mit Windows, aber einem SoC auf Arm- statt x86-Basis fristen bis heute ein Nischendasein. Selbst Microsofts Surface Pro X hat daran in zwei Generationen nichts geändert; das letzte Update ist schon über drei Jahre alt. Doch dieses Jahr könnte anders sein: Die Liste der OEMs, die mitmachen, ist lang wie nie zuvor.
Die Umfrage „Was glaubst du, gelingt Windows on Arm jetzt der Durchbruch?“ läuft weiterhin. Nach 500 abgegebenen Stimmen vereint „Ja“ 45 Prozent und „Nein“ 55 Prozent der Teilnehmer auf sich.
1. Anlauf: Windows RT
Microsofts erster Versuch, Windows und Arm zu verheiraten, war im Jahr 2012 das auf Windows 8 basierende Windows RT. Es zielte auf Tablets und scheiterte: Zu wenig kompatible Apps, zu wenig Leistung und mit Apple und Google zu starke Konkurrenz – Anfang 2015 war bereits wieder Schluss.
2. Anlauf: Windows 10 on Arm
Vor sieben Jahren legte Microsoft in einem 2. Anlauf dann die zur Arm-Architektur kompatible Windows-10-Variante („Windows 10 on Arm“) auf und zusammen mit Asus, HP und Lenovo kamen auf Basis des Qualcomm Snapdragon 835 erste Arm-Notebooks auf den Markt. Das Ergebnis überzeugte mehr als bei Windows RT, enttäuschte aber weiterhin: Die Systeme waren erneut vergleichsweise langsam, konnten immer noch keine 64-Bit-x86-Anwendungen emulieren sowie keine nativen 64-Bit-Arm-Apps ausführen und die im Vorfeld viel umworbenen Akkulaufzeiten blieben unter den Erwartungen.
Windows 11 on Arm kann heute mehr
Microsoft besserte nach, wenngleich aufgrund des nur mäßigen Erfolgs quasi im Verborgenen. Doch die Unterstützung für native 64-Bit-Arm-Apps wurde Ende 2018 nachgereicht, die Emulation von 64-Bit-x86-Apps folgte Anfang 2021. Der holprige Auftakt hatte den Ruf allerdings vorerst nachhaltig ruiniert – erst recht, weil Apple Ende 2020 parallel einen quasi reibungslosen Wechsel von x86 auf Arm vollzog. Arm im Notebook geht nicht? Wer das mit Blick auf Microsofts und Qualcomms Bestrebungen so sah, wurde jetzt eines Besseren belehrt. Fazit für viele: Apple kann das, Microsoft nicht.
Bis dato kein Mittel gegen Apples Arm-Systeme
Potentere Snapdragon-SoCs für Notebooks und Anpassungen an Windows on Arm haben in den letzten Jahren trotz der Vorstellung des Konkurrenten aus Cupertino nicht dazu geführt, dass Windows auf Arm-Systemen den eigenen Ruf ablegen und die eigene Nische verlassen konnte. Im Gegenteil: Weder Asus noch HP, vor sieben Jahren „Launch-Partner“, haben seit 2022 noch einmal ein Arm-Notebook mit Windows veröffentlicht. Kein Wunder: Die Plattform gab und gibt keinen Angriff auf Apple her.
Windows 11 24H2: Microsoft bevorzugt Arm vor x86
Genau diesen will Qualcomm nun aber mit dem Snapdragon X starten und wirbt seit Monaten aggressiv und auch mit direktem Verweis auf Apple um die Vorzüge der deutlich aufgebohrten SoC. ComputerBase hat bereits mehrfach darüber berichtet.
Im Vergleich dazu deutlich zurückhaltender verhielt sich bis jetzt Microsoft, obwohl die Build 2024, auf der die neuen Systeme Premiere feiern dürften, nur noch eine Woche entfernt ist. Dabei kommt Microsoft mit Windows 11 on Arm auch dieses Mal eine ebenso wichtige Rolle wie Hardware-Lieferant Qualcomm zuteil.
Was bereits festzustehen scheint: Microsoft wird den AI-Fokus des für den Herbst erwarteten Updates auf Windows 11 24H2 nutzen, um die Windows-Systeme mit Snapdragon X im AI-Scheinwerferlicht über die Systeme mit CPUs von AMD und Intel zu stellen: Der „AI-Explorer“ wird zu Beginn nur auf Arm-Systemen verfügbar sein. Möglicherweise ist der Hintergrund, dass die im Snapdragon X integrierte NPU deutlich stärker ist als das, was die Konkurrenz zum Start haben wird – und nur so die benötigten AI-Lasten effizient lokal berechnet werden können.
Microsoft bevorzugt das seit Jahren erfolglose Windows on Arm gegenüber der x86-Variante und damit dem engsten Partner überhaupt: Intel? Auch wenn die stärkere NPU ein technischer Grund für diese Entscheidung sein sollte, zu einer solchen Entscheidung gehört mehr. Der eigentliche Grund dürfte daher sein: Microsoft will Windows on Arm zum Erfolg führen. Ein weiteres Mal. Auch weil es sein muss.
Viele OEMs geben Windows on Arm eine neue Chance
Was die Plattform am Ende taugt und wie gut sie um eingefleischte Windows-x86-Nutzer, vielleicht sogar um Mac-Anwender buhlen kann, wird sich noch zeigen müssen. Fest steht, dass so viele OEMs wie noch nie einen neuen oder gar den ersten Anlauf wagen. Und es befindet sich wahre Prominenz darunter. Möglicherweise, weil sie an die Plattform glauben. Oder ging es ein weiteres Mal nur um Leuchtturmprojekte für viel Geld? Die Liste der ersten Geräte spricht dagegen.
Dass Dell ein XPS 13 und damit das absolute Ultrabook-Aushängeschild mit Snapdragon X plant, wäre vor einem Jahr mit Sicherheit noch nicht denkbar gewesen.
Auch Asus, Arm-Windows-Notebook-Partner der ersten Stunde, kommt nach Jahren der Inaktivität zurück und hat einen „brandneuen Asus AI PC“ mit Snapdragon angekündigt.
Bei Samsung wird das erste Snapdragon-X-Notebook auf den Namen Galaxy Book4 Edge hören, preislich ist es weit oben im Regal angesetzt. Sollten Anspruch und Wirklichkeit in diesem Jahr passen?
Die aktuell in der Gerüchteküche gehandelten Snapdragon-X-Notebooks lauten zusammenfassend wie folgt:
- Asus Vivobook S 15 OLED S5507
- Dell XPS 13 9345
- Dell Inspiron 14 Plus 7441+
- HP Dragon Series Snapdragon Edition
- HP OmniBook X 14
- HP EliteBook Ultra G1q 14X
- Lenovo Yoga Slim 7 14 Gen 9
- Lenovo Yoga Air 14s 2024 Snapdragon Edition
- Lenovo IdeaPad Slim 5
- Lenovo ThinkPad T14s Gen 6 Snapdragon Edition
- Microsoft Surface Pro 10
- Microsoft Surface Laptop 6
- Samsung Galaxy Book 4 Edge
Deine Meinung ist gefragt!
Kein Zweifel, Microsoft und Qualcomm wollen in diesem Jahr einen Durchbruch mit Windows on Arm schaffen. Ob das gelingt, hängt am Ende von Windows respektive etwaigen Software-Problemen, der Leistung und Effizienz des Snapdragon X im Alltag und nicht auf Präsentationsfolien sowie der konkreten Umsetzung der Notebooks ab. Der Sommer wird spannend.
-
Ja
-
Nein
Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.