Innenministerkonferenz: Vorratsdaten­speicherung für IP-Adressen gefordert

Andreas Frischholz
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Innenministerkonferenz: Vorratsdaten­speicherung für IP-Adressen gefordert
Bild: Pixabay

Auf der Innenministerkonferenz forderten die Innenminister erneut die Einführung der Vorratsdatenspeicherung bei IP-Adressen. Das Quick-Freeze-Verfahren wäre nicht ausreichend, die Bundesregierung soll nun einen neuen Gesetzentwurf vorlegen.

Beim Quick-Freeze-Verfahren, wie es von Bundesjustizminister Marko Buschmann (FDP) geplant ist, werden Daten nicht anlasslos für eine bestimmte Zeit gespeichert, wie es bei der Vorratsdatenspeicherung der Fall ist. Stattdessen werden die Kommunikationsdaten nur bei Bedarf „eingefroren“.

Sicherheitsbehörden reicht das nicht aus, auf der Innenministerkonferenz (IMK) wiederholten die Innenminister nochmals ihre Position. „Wo nichts in der Gefriertruhe ist, kann auch nichts eingefroren werden“, sagte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen, der aktuell den Vorsitz der Innenministerkonferenz innehat. Daher sei nun die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen erforderlich. „Das sind wir den Opfern von Terror, sexuellem Missbrauch und anderen Formen von Hass und Gewalt schuldig“, so Stübgen.

Wie Heise Online anmerkt, zeigt sich allein bei der Aufzählung der Delikte, dass die Vorratsdatenspeicherung nach dem Willen der Innenminister auf deutlich mehr Straftatbestände ausgeweitet werden soll. Stübgen nennt aber vor allem Kinderpornografie als Grund. Man müsse sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um „Kinder vor solch schrecklichen Verbrechen zu schützen“, so Brandenburgs Innenminister laut Heise Online. Diesen Spielraum gebe es bei IP-Adressen auch durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).

EuGH-Urteil erlaubt Speicherung von IP-Adressen

Dass die Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung nochmals an Schärfe gewonnen hat, liegt am EuGH-Urteil vom April dieses Jahres. Die Richter entscheiden zwar seit Jahren, dass anlasslose Speichern von Telekommunikations- und Standortdaten nicht mit dem EU-Recht vereinbar sei. Eine „allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von IP-Adressen“ sei jedoch nicht zwangsläufig ein schwerer Eingriff in die Grundrechte.

Personen anhand von IP-Adressen zu identifizieren, ist demnach also möglich. Im konkreten Fall ging es um die französische Urheberrechtsbehörde Hadopi, die IP-Adressen in Peer-to-Peer-Netzwerken sammelt, um Copyright-Verstöße zu verfolgen.

Streit um die Vorratsdatenspeicherung

Kein EuGH-Urteil jedoch ohne Grenzen. So dürfen die IP-Adressen ausschließlich nur verwendet werden, Personen zu identifizieren. Rückschlüsse auf das Privatleben sind jedoch untersagt.

Unklar, ob reine IP-Adressenspeicherung überhaupt umsetzbar ist

Diese Vorgaben könnten aber dazu führen, dass Provider am Ende weniger Daten speichern dürfen als bisher. Denn laut dem EuGH-Urteil müssen die IP-Adressen strikt von anderen Daten getrennt werden, heißt es in einer Analyse von Golem. Ein System, bei dem nur IP-Adressen erfasst werden, identifiziert demnach faktisch eine Gruppe von 50 bis 200 Personen. „Wenn ich heute einen Nutzer erfolgreich identifizieren möchte, muss ich mindestens Quell-IP, Quell-Port, Ziel-IP, Ziel-Port und den genauen Zeitstempel speichern, dazu die Zuordnung der (privaten) IPs zu den Kunden über die Zeit“, erklärt Klaus Landefeld vom Internetwirtschaftsverband Eco auf Anfrage von Golem.

Wenn diese Daten erfasst werden, würde sich aber auch ein Nutzerprofil erstellen lassen, das etwa Rückschlüsse auf besuchte Webseiten zulässt. Laut Landefeld ein Widerspruch zwischen den rechtlichen Möglichkeiten und der technischen Umsetzung in der Praxis.

Selbst mit den erweiterten Spielräumen, die der EuGH in dem als Kehrtwende zur bisherigen Rechtsprechung charakterisierten Urteil gewährt, bleiben Fragen offen. Und es ist immer noch nicht klar, ob sich die Vorratsdatenspeicherung auf diese Weise rechtlich überhaupt umsetzen lässt.