WWDC 24

Next Generation CarPlay: Apple gibt Autoherstellern zahlreiche Design-Optionen

Nicolas La Rocco
68 Kommentare
Next Generation CarPlay: Apple gibt Autoherstellern zahlreiche Design-Optionen
Bild: Apple

Die nächste Generation von Apple CarPlay rückt mit iOS 18 weiter in Richtung einer baldigen Umsetzung in ersten Fahrzeugen. Zur WWDC erklärt Apple den Herstellern im Detail, wie sie das vollständig neue CarPlay in ihre Fahrzeuge integrieren können und was dabei zu beachten ist. Die Gestaltungsmöglichkeiten fallen opulent aus.

CarPlay im gesamten Cockpit des Autos ist seit der ersten Vorstellung zur WWDC vor zwei Jahren weiterhin in der Entwicklung, könnte mit iOS 18 aber endlich Realität werden, da Apple den Autoherstellern in zwei Entwickler-Sessions die Umsetzung der nächsten Generation CarPlay sowohl aufseiten des Designs als auch der dahinter liegenden Hard- und Software-Architektur erklärt. Dabei zeigt sich, dass im Auto nicht gerade wenig lokal verarbeitet und gerendert werden muss. Autohersteller erhalten von Apple im Gegenzug umfangreiche Assets, um die eigene Marke zu repräsentieren. Unterstützter des neuen CarPlay im Cockpit sind bislang Aston Martin und Porsche.

Bildvergleich: CarPlay zur WWDC 2024 (Bild: Apple) CarPlay zur WWDC 2022 (Bild: Apple)

Designsprachen sollen Hand in Hand gehen

Das neue CarPlay soll Apple zufolge keineswegs das Cockpit vollständig übernehmen oder den Hersteller gar ausbooten. Beide Designsprachen sollen Hand in Hand gehen, erklärt Apple und stellt den Abnehmern der neuen Lösung dafür eine äußerst opulenten Auswahl von Instrumenten, Designs, Farben, Layouts, Modulen, Hintergrundbildern und mehr zur Verfügung. Einzig bei der Schriftart ist Apples San-Francisco-Familie vorgegeben, die sich aufgrund ihrer Flexibilität aber in allen Dimensionen optisch verändern lassen soll, sodass Autohersteller ein eigenes Schriftbild erstellen können.

Anzeigen für jeden Autotyp

Unabhängig davon, für welches Design sich ein Autohersteller entscheidet, funktional sollen sich für den Fahrer keine Unterschiede daraus ergeben, welcher Anzeigenstil verwendet wird, da Apple sowohl für moderne digitale als auch für klassische „analoge“ Anzeigen die Darstellung aller Zusatzfunktionen bereithält, die zum Beispiel die ACC (Adaptive Cruise Control), Tempolimits, Fahrmodi und mehr umfassen. Dabei stehen spezifisch konfigurierte Anzeigen für elektrische Fahrzeuge, Verbrenner und Hybride zur Auswahl.

Modularer Baukasten für Autohersteller

Ein eigenes Layout für das digitale Kombiinstrument können sich Autohersteller über die von Apple zur Verfügung gestellten modularen Komponenten zusammenstellen, in denen jeweils eine große Anzeige oder mehrere kleine dargestellt werden können. Die Module lassen sich in der Größe anpassen und können zum Beispiel nebeneinander abgelegt werden. Autohersteller können sich über die Module ein mehr oder weniger komplexes Kombiinstrument konfigurieren. In den Hintergrund dieser Anzeigen lassen sich für jeden Bildschirm des Autos individuelle Bilder legen, um das gewünschte Theme zu vervollständigen. Das digitale Kombiinstrument muss aber nicht zwingend für die Nachbildung analoger Instrumente genutzt werden, es kann auch vollständig für Karten aus Apple Maps, ADAS-Anzeigen oder Medien genutzt werden. Essenzielle Informationen werden auch dann noch dargestellt, sie rücken aber an den Rand des Bildschirms.

Dynamische Anzeigen mit Sekundärfunktion

Alle Layouts von Apple kommen standardmäßig mit einem reservierten Bereich für dynamische Inhalte. Während manche der Layouts permanent einen Bereich dafür freihalten, kommen andere Layouts mit einer Sekundärbelegung, um dort zum Beispiel von einer nicht-essenziellen Anzeige wie Uhrzeit oder Kompass zu einem dynamischen Inhalt wie Karten oder Medien zu wechseln. Für die dynamischen Inhalte ist ein Sofortzugriff vorgesehen, der sich etwa über eine Walze am Lenkrad steuern lässt, um durch die verschiedenen Inhalte des dynamischen Moduls zu blättern. Die dynamische Fläche wird zudem standardmäßig für die Anzeige von Hinweisen wie Reifendruck und weiteren genutzt.

Neues CarPlay läuft ausschließlich drahtlos

Die Architektur hinter CarPlay ändert sich mit der neuen Generation und setzt von den Autoherstellern gewisse technische Merkmale voraus, die Apple bereits letztes Jahr zur WWDC angesprochen hat. Zum Beispiel muss das Auto mehrere HEVC-Streams vom iPhone entgegennehmen können, sodass ältere Auto-Hardware, die maximal mit H.264 umgehen kann, nicht mehr für CarPlay ausreicht. Die nächste Generation CarPlay ist zudem eine ausschließlich drahtlos abgewickelte Lösung, USB-C im Auto dient höchstens noch zum Laden.

Apple setzt auf viel Rendering im Auto

Apple weicht außerdem stark davon ab, auf wie vielen Ebenen und über welche Kanäle mit welchen Streams, Layern und UIs das iPhone mit dem Auto kommunizieren kann. Der bisherige Aufbau mit Plug-in, Decoder und System Compositor für die Ausgabe auf einem Bildschirm im Fahrzeug ist für das neue CarPlay nicht mehr ausreichend. Speziell für das kritische Kombiinstrument, das Daten in Echtzeit ausgeben muss, vertraut Apple zu nicht geringem Anteil auf das Rendering direkt im Auto, sodass das iPhone hier zum Teil gar nicht zum Einsatz kommt. Das wiederum bringt spezielle Anforderungen an die Hardware im Auto mit sich.

Bildvergleich: Altes CarPlay (Bild: Apple) Next Generation CarPlay (Bild: Apple)

Zwei Hauptlayer für das Kombiinstrument

Zunächst einmal unterteilt sich das digitale Kombiinstrument von CarPlay in zwei Hauptlayer: zum einen den Layer ausschließlich mit dem Overlay UI, das für essenzielle Anzeigen wie Blinker, Warnleuchten oder Fernlicht verantwortlich ist, zum anderen in den Layer für alle weiteren Anzeigen. Wichtig für die Autohersteller: Das Overlay UI wird im Auto und nicht auf dem iPhone gerendert und der Stream läuft direkt in den Display-Compositor der jeweiligen Anzeige. Den zweiten Hauptlayer unterteilt Apple in drei weitere Layer bzw. UIs, darunter auf hinterster Ebene das Remote UI mit dem Hintergrundbild und einem dynamischen Modul für Karten, Medien oder Tageskilometerzähler. Das Remote UI wird als einziges auf dem iPhone des Nutzers gerendert und kann neben dem Kombiinstrument auch auf anderen Bildschirmen im Auto wiedergegeben werden. Für jeden Bildschirm im Auto verschickt das iPhone einen eigenen HEVC-Stream.

Die zwei Hauptlayer im neuen CarPlay
Die zwei Hauptlayer im neuen CarPlay (Bild: Apple)
Overlay UI für essenzielle Anzeigen
Overlay UI für essenzielle Anzeigen (Bild: Apple)
Zweiter Hauptlayer mit drei UIs
Zweiter Hauptlayer mit drei UIs (Bild: Apple)
Remote UI
Remote UI (Bild: Apple)
Remote UI wird vom iPhone gerendert
Remote UI wird vom iPhone gerendert (Bild: Apple)
Remote UI wird vom iPhone gerendert
Remote UI wird vom iPhone gerendert (Bild: Apple)

Auf dem zweiten Hauptlayer wird aber auch das Local UI gerendert, was in diesem Fall wieder auf der GPU im Auto erfolgt. Das Local UI dient der Anzeige essenzieller Instrumente für Geschwindigkeit, Drehzahl und weitere Informationen dieser Klasse. Das Local UI muss mit geringer Latenz arbeiten und hochfrequente Signale des Autos visualisieren. Es muss deshalb besonders robust laufen und darf nicht für Interferenzen etwa des Wi-Fi-Signals anfällig sein. Aus diesem Grund hat sich Apple hier erneut für das lokale Rendering im Auto entschieden. Das verkürzt als Nebeneffekt die Startsequenz, denn das neue CarPlay soll auch dann sofort einsatzbereit sein, wenn sich der Fahrer gerade erst dem Auto nähert, einsteigt und das iPhone noch gar nicht drahtlos verbunden hat.

Local UI wird vom Auto gerendert (Bild: Apple)

Asset-Pakete definieren Layout und Funktion

Um auch weniger moderne Hardware im Auto noch zu unterstützten, setzt Apple beim Local UI auf einen OpenGL-basierten Renderer anstelle des sonst im Apple-Ökosystem üblichen Metal. Die Autohersteller erhalten darüber hinaus ein Paket mit Assets von Apple, das Bilder, Grafiken und Logik-Scripts umfasst, die spezifisch für jedes Fahrzeug ausfallen. Apple greift den Unternehmen somit durchaus unter die Arme und ist sich der Tatsache bewusst, dass es sich nicht um ein kleines Update handelt. Die vom Autohersteller angepassten Asset-Pakete werden beim ersten Pairing des iPhones auf Authentizität geprüft und dann an das Auto übertragen. Sie sind somit fundamentaler Bestandteil des Designs, der Darstellung und des funktionalen Ablaufs im Fahrzeug. Die Pakete können demnach auch das Modding der Instrumente durch Dritte unterbinden und geben dem Autohersteller zugleich Spielraum für spätere Veränderungen.

Das dritte und letzte UI auf dem zweiten Hauptlayer ist das Punch-through UI, das erneut vom Auto gerendert wird. Auf dieser Oberfläche werden fahrzeugspezifische Features wie die Rückfahrkamera oder ADAS-Anzeigen dargestellt. Die dynamischen Anzeigen sind immer dann sichtbar, wenn die entsprechende Funktion genutzt wird.

Punch-through UI wird vom Auto gerendert
Punch-through UI wird vom Auto gerendert (Bild: Apple)
Drei UIs werden in lokalem Compositor zusammengefügt
Drei UIs werden in lokalem Compositor zusammengefügt (Bild: Apple)

iPhone rendert nur das Remote UI

Unterm Strich gibt es für das digitale Kombiinstrument somit zwei Hauptlayer, davon ist einer nur für das Overlay UI (im Auto gerendert) zuständig, während der zweite Hauptlayer sich in Punch-through UI (im Auto gerendert), Local UI (im Auto gerendert) und Remote UI (auf iPhone gerendert) unterteilt. Diese drei UIs des zweiten Hauptlayers werden über den lokalen Compositor jeder Anzeige, in dem die Streams des iPhones und der lokalen Decoder sowie die Streams aus dem lokalen Renderer fließen, zusammengeführt und an die verschiedenen Bildschirme im Auto übertragen.

Für die Synchronisation der einzelnen Anzeigen ist das iPhone verantwortlich, das jeden Stream mit einem Zeitstempel versieht, der spezifiziert, wann ein Frame in den jeweiligen Instrumenten im Auto angezeigt werden soll. Dafür gibt es einen neuen Low-Latency-Kanal namens UI Sync vom iPhone zu jedem Bildschirm. Die von Apple zur Verfügung gestellten Scripts werden den Vorgaben des iPhones nach entsprechend ausgeführt. Das iPhone ermöglicht dabei eine Darstellung mit 60 FPS oder mehr.