Software und Architektur: VW steigt mit 5 Milliarden US-Dollar bei Rivian ein

Nicolas La Rocco
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Software und Architektur: VW steigt mit 5 Milliarden US-Dollar bei Rivian ein
Bild: Rivian

Volkswagen investiert 5 Milliarden US-Dollar in den US-Elektroautohersteller Rivian und will gemeinsam mit diesem ein Joint Venture aufbauen, das für die Entwicklung der nächsten Generation Software Defined Vehicle (SDV) zuständig ist. VW erhält mit dem Deal Zugriff auf die elektrische Architektur und die Software von Rivian.

Der Ankündigung durch Rivian zufolge hat das neu gegründete Joint Venture die Entwicklung einer „next-generation electrical architecture and best-in-class software technology“ zum Ziel. Konkret geht es um die Netzwerk-Architektur im Auto, die Topologie von Steuergeräten (ECU) und die darauf laufende Software. Entwickelt werden soll die nächste Generation Software Defined Vehicle (SDV), also einer Elektronik-Architektur, die mit weniger Steuergeräten auskommt und die sich in allen Bereichen flexibel über die Software steuern und per OTA-Update aktualisieren lässt.

VW und Rivian bleiben eigenständig

Wie Rivian-CEO RJ Scaringe nach der Bekanntgabe im Call für Investoren klarstellte, umfasst die Partnerschaft bzw. das Joint Venture nicht Batterien, elektrische Antriebe, Hochvoltsysteme, autonomes Fahren oder die dafür benötigte Hardware. Beide Konzerne werden zudem auch in Zukunft eigenständig agieren und ihre eigenen neuen Fahrzeuge auf den Markt bringen.

Rivian bietet flexible Architektur

Rivian schreibt sich auf die Fahnen, von Tag eins an in-house eine eigene Netzwerk-Architektur, eigene ECUs und eigene Software dafür entwickelt zu haben, um möglichst flexibel und nicht von Zulieferern oder anderen Drittparteien abhängig zu sein. Per Software können dem Unternehmen zufolge beinahe alle Computer im Fahrzeug gesteuert und aktualisiert werden. Rivian lasse regelmäßig Updates auch auf Basis von Kundenfeedback einfließen, um die eigenen Autos nach dem Marktstart weiter zu optimieren. Diese flexible Architektur scheint für die Volkswagen Group von hoher Attraktivität zu sein, sodass man mit langfristiger Planung mit 5 Milliarden US-Dollar bei den Kaliforniern eingestiegen ist.

Investition von insgesamt 5 Milliarden US-Dollar

Der Deal zwischen VW und Rivian sieht zunächst bis 1. Dezember eine Investition in Höhe von 1 Milliarde US-Dollar in zwei Tranchen à 500 Millionen US-Dollar vor, die nach behördlicher Genehmigung erfolgen kann und in Aktien von Rivian resultiert, die für den Deal zur Hälfte zum Fixpreis von 10,84 US-Dollar und zur Hälfte aus einem 45-Tage-Durchschnitt angesetzt wurden. Weitere 2 Milliarden US-Dollar sollen in den Jahren 2025 und 2026 in Tranchen von jeweils 1 Milliarde US-Dollar in Aktien von Rivian fließen. Das Joint Venture selbst wird getrennt davon mit weiteren 2 Milliarden US-Dollar durch VW bedacht, die sich in eine Einmalzahlung zur Gründung im vierten Quartal 2024 und ein Darlehen im Jahr 2026 aufteilen. Das Joint Venture soll von zwei Co-CEOs geführt werden, wobei Rivian die technische Leitung und VW den Part des COO übernimmt.

VW erhält auch kurzfristig Zugang

Ergebnisse der gemeinsamen Entwicklung der nächsten SDV-Generation seien in der zweiten Hälfte der Dekade zu erwarten, erklären die beteiligten Konzerne. Kurzfristig soll VW allerdings auch schon auf die aktuelle elektrische Architektur und Software von Rivian Zugriff erhalten. Das Unternehmen hat jüngst die zweite Generation des R1S und R1T vorgestellt, die bereits eine aktualisierte eigene Architektur nutzen, die mit 7 anstelle von bislang 17 ECUs auskommt. Mit dem kleineren R2 im Jahr 2026 und dem später folgenden R3 will Rivian den nächsten Schritt bei der eigenen Plattform gehen.

Rivian sieht globale Stellung von VW als Vorteil

Während Volkswagen Zugang zur elektrischen Architektur und Software von Rivian erhält und im Joint Venture die nächste Generation mitentwickeln kann, sieht Rivian den primären Vorteil der Partnerschaft in der globalen Präsenz von VW. Rivian ist es bislang nicht gelungen, auf andere Märkte außerhalb von Nordamerika zu skalieren, doch hat sich der Konzern genau das vorgenommen. Der deutschen Website zufolge soll der R2 ab 2027 auch in Deutschland verfügbar sein. Außerdem bietet die Volkswagen Group neben VW auch Marken wie Audi oder Porsche, sodass Rivian laut CEO RJ Scaringe mit der eigenen Plattform alle Fahrzeugklassen abdecken könne.