Vivobook mit Snapdragon X Elite im Test: Probleme, Akkulaufzeit und Fazit
4/4(Software-)Probleme im Test?
Eine dunkle Vergangenheit
Microsofts erster Versuch, Windows und Arm auf großem Bildschirm zu verheiraten, war im Jahr 2012 das auf Windows 8 basierende Windows RT. Es zielte auf Tablets ab und scheiterte: Zu wenig kompatible Apps, zu geringe Leistung und mit Apple und Google zu starke Konkurrenz – Anfang 2015 war bereits wieder Schluss.
Vor sieben Jahren legte Microsoft in einem zweiten Anlauf dann die zur Arm-Architektur kompatible Windows-10-Variante („Windows 10 on Arm“) auf und zusammen mit Asus, HP und Lenovo kamen auf Basis des Qualcomm Snapdragon 835 erste Arm-Notebooks auf den Markt („Always-Connected-PCs“). Das Ergebnis überzeugte mehr als bei Windows RT, enttäuschte aber weiterhin: Die Systeme waren erneut vergleichsweise langsam, konnten immer noch keine 64-Bit-x86-Anwendungen emulieren sowie keine nativen 64-Bit-Arm-Apps ausführen und die im Vorfeld viel umworbenen Akkulaufzeiten blieben unter den Erwartungen.
Doch Microsoft besserte nach, wenngleich aufgrund des nur mäßigen Erfolgs quasi im Verborgenen. Die Unterstützung für native 64-Bit-Arm-Apps wurde Ende 2018 nachgereicht, die Emulation von 64-Bit-x86-Apps folgte Anfang 2021. Und beides ist natürlich bis heute geblieben.
Es werde Licht
Im Test präsentiert sich Windows 11 on Arm 24H2 dann auch direkt zum Start deutlich reifer, eben weil es 64-Bit-Arm-App-Support (inklusive entsprechender Apps) und die 64-Bit-x86-Emulation gibt. Bei den Apps im Parcours beschränkten sich Kompatibilitätsprobleme damit am Ende auf die Nutzung der Adreno-GPU, bei den Spielen sah es dagegen mit Grafikfehlern und Abstürzen noch nicht so gut aus.
Weitere „Probleme“ betrafen Cinebench 2024 als 64-Bit-x86-App (bemängelte „kein AVX2“, aber lag ohnehin als Arm64-Version vor) und Chrome als 64-Bit-x86-App (kannte das OS im Gegensatz zur 32-Bit-Version nicht, lag jedoch ebenfalls ohnehin als Arm64-App vor).
Wer unter Windows hauptsächlich im Browser oder mit Standard-Apps agiert, der wird mit den neuen Copilot+-PCs auf Arm-Basis wahrscheinlich keine Kompatibilitäts- oder Leistungs-Probleme bekommen.
Akkulaufzeit
Die Akkulaufzeit von Notebooks testet ComputerBase in der Regel mit dem Streaming eines YouTube-Videos und mit dem PCMark-10-Akkutest. In beiden Fällen ist der Bildschirm auf eine Helligkeit von 200 cd/m² in der Display-Mitte (ermittelt bei 100 Prozent Weißanteil) normiert und alle Energiespareinstellungen (Display-Verdunkelung, adaptive Helligkeit, adaptiver Kontrast etc.) sind deaktiviert.
Das war auch in diesem Fall so, nur wollte der PCMark 10 nicht: Die Software erkennt die Arm-Plattform und verweigert den Test, weil sie selbst noch nicht als native Arm-App vorliegt und das Ergebnis damit nicht repräsentativ sei. Für „Non-Arm64-Apps“ wäre es das natürlich trotzdem.
Die Akkulaufzeit konnte damit lediglich im YouTube-Streaming-Test ermittelt werden. Als Profile kamen „Ausbalanciert“ in Windows und „Standard“ in der Asus-App zum Einsatz. Die Bildwiederholfrequenz lag bei 60 Hz.
In diesem Szenario erreicht das Notebook eine Laufzeit von 16 Stunden und 10 Minuten und damit exakt das Niveau des MacBook Air 15 Zoll mit M3-SoC (Test). Beide Hersteller geben offiziell bis zu 18 Stunden Laufzeit an.
Die Laufzeit kann sich mit Blick auf den 70 Wh fassenden Akku und auf das MacBook Air (66,5 Wh) wirklich sehen lassen.
Vor dem Vivobook liegen ältere Windows-on-Arm-Endgeräte, die in Sachen Leistung und Ausstattung nicht mit dem neuen Modell vergleichbar sind, und das damals gähnend langsame Asus ExpertBook B9450FA mit Full-HD-Display.
Im Leerlauf minimal gemessen hat die Redaktion bei deaktiviertem Display auf dem Windows-Desktop im niedrigsten Profil 4,5 Watt vor dem Netzteil.
Fazit
In der Vergangenheit scheiterten Microsofts Versuche, Windows und Arm zu verheiraten, krachend und jedes Mal waren die Leistungsfähigkeit der Arm-Plattform und das Arm-App-Angebot respektive die Emulation bestehender x86-Apps gleichermaßen ein Problem.
Mit Windows 11 on Arm 24H2, das wie Windows 11 on Arm seit 2021 Arm64- und 64-Bit-x86-Apps beherrscht, und Qualcomms Snapdragon X sahen die Vorzeichen für diese Vermählung besser aus und die ersten Tage mit der Plattform haben gezeigt: Die Vorzeichen haben nicht getäuscht.
Deutlich leistungsfähiger als zuvor
Was die CPU-Leistung anbelangt, präsentiert sich der kleinste Snapdragon X Elite mit zwölf Oryon-Kernen je nach Anwendung (und Verfügbarkeit einer nativen Arm64-App) auf Augenhöhe mit der Konkurrenz. Der Verbrauch liegt dann allerdings ebenfalls auf Augenhöhe – darauf deuten zumindest die Messungen der Redaktion hin, die aktuell nur für das Gesamtsystem durchgeführt werden konnten.
Bei weniger Verbrauch sinkt die Leistung deutlich, aber die Effizienz steigt. Konkrete Aussagen im Vergleich zu AMD, Apple und Intel zu treffen, fällt aktuell allerdings noch schwer, weil der isolierte Strombedarf des Qualcomm-SoC nicht ermittelt werden kann. Wer hat das unter CPU-Volllast effizienteste SoC und wie schnell ist es dann? Ausgang offen.
Bei der GPU-Leistung zeigen schon die synthetischen Tests, dass Qualcomm gegenüber AMD und Intel noch aufholen muss – die Spiele bestätigen das. Der Verbrauch fällt dabei wie zuletzt bei Intel und AMD gesehen im Vergleich zur CPU-Volllast niedrig aus, doch auch hier bleibt ein abschließendes Urteil zur Effizienz noch aus.
Bessere, aber keine perfekte App-Kompatibilität
Viel respektive ausreichend Leistung ist mit Blick in die Vergangenheit allerdings nur die halbe Miete. Die Verfügbarkeit nativer Arm64-Apps und die Emulation von x86-Apps sowohl in 32 Bit als auch 64 Bit ist die andere.
In diesem Punkt hat sich seit dem Desaster zum Start der Always-Connected-PCs vor sieben Jahren, die kein Arm64 und keine Emulation von 64-Bit-x86-Apps beherrschten, viel getan.
Unter den im Testparcours verwendeten Anwendungen fand sich keine, die nicht lief. Probleme ergaben sich wiederholt, wenn die App alternativ zur CPU auch die GPU des Snapdragon X Elite nutzen wollte: Premiere Pro oder auch Blender konnten das nicht, Agisofts Metashape-Software wollte es und stürzte ab. Der Rest der Anwendungen lief entweder emuliert so wie erwartet oder lag als Arm64-Version vor. Der Leistungsunterschied belief sich dort, wo es einen direkten Vergleich gab, auf etwas über 10 Prozent.
Auch bei den sechs Spielen, von denen keines nativ für Arm vorlag, lag die Trefferquote beim Laden (Baldur's Gate III allerdings nur mit DirectX 11 und nicht mit Vulkan) bei 100 Prozent. The Talos Principle II verweigerte dann allerdings im Spiel selber den Dienst. Manor Lords lief, wenn es denn lief, nur mit gravierenden Grafikfehlern.
Insgesamt gilt nichtsdestoweniger: Windows on Arm ist deutlich gereift. Und trotzdem stellt die Plattform noch kein perfektes Substitut für die x86-Variante dar, wenn es aktuell um Kompatibilität und Leistung geht. Nutzer werden definitiv eher auf Probleme mit Windows on Arm denn mit dem klassischen Windows treffen. Je weniger Apps zum Einsatz kommen und je stärker die Nutzer aus dem Pool der bekannteren Anwendungen schöpfen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, auf Hindernisse zu stoßen.
Der schnelle Wechsel, wie ihn Apple bereits wiederholt vollzogen hat (IBM PowerPC zu Intel x86, Intel x86 zu Apple Arm), ist und bleibt für die Windows-Plattform deutlich schwieriger zu gestalten. Einerseits ob der Fülle teils ganz individueller Apps, aber auch aufgrund der Spiele, die noch nie so wirklich zur macOS-Welt, aber schon immer elementar zur Windows-Welt gehörten.
Microsoft scheint es ernst zu meinen
Unterm Strich führt der Weg aktuell aber allem Anschein nach in die richtige Richtung und es wirkt, als könnten Microsoft und Qualcomm, aber auch andere Firmen wie MediaTek oder Nvidia sowie darauf aufbauend die Softwareentwickler vorhaben, längerfristig auf Kurs zu bleiben. Hat Windows on Arm die x86-Alternative mit SoC von AMD und Intel direkt abgelöst? Nein.
Kurzfristig weiß Microsoft, dass es noch weiterer Argumente bedarf, Nutzer trotz der weiterhin vorhandenen, individuell potentiell erfahrbaren Nachteile auf die neue Plattform zu bringen. Das eine ist der Preis, das andere der Copilot+.
Der Copilot+-Auftakt ist geplatzt
Hinter den Kulissen lief dieser Part allerdings offensichtlich gehörig schief: Weltweit konnte der Copilot+ nicht vorab getestet werden und auch zur Stunde schlägt das Update auf dem Vivobook S 15 noch fehl. Microsoft äußerte sich im Vorfeld auch auf Nachfrage nicht, einzig eine Einladung zum Launch Event für den morgigen Mittwoch in Berlin wurde verschickt.
Parallel zur neuen Generation Windows-11-on-Arm-Notebooks hat ComputerBase ein Fachforum für Diskussionen, Fragen und Probleme zum Thema eröffnet:
Offene Punkte
Das Testmuster für diesen Artikel erreichte die Redaktion am Donnerstag, den 13. Juni. Trotz Wochenendeinsatz und Teamarbeit konnten im dadurch eng gesteckten Zeitrahmen noch nicht alle geplanten Analysen gefahren werden. Weitere Störfaktoren waren die fehlende Unterstützung durch Microsoft Deutschland und die noch nicht vollständig auf die neue Plattform ausgelegten Analyse-Tools.
Weitere Tests über die kommenden Tage haben daher vor allem drei Aspekte im Auge:
- Erfahrungen und Eindrücke vom Copilot+, der vor dem Start am 18. Juni auch nach Anfrage bei Microsoft Deutschland nicht zum Testen zur Verfügung stand.
- Weitere Analysen zur Effizienz, optimalerweise auf Basis aktualisierter Tools, die in der Lage sind, die entsprechende Telemetrie der Snapdragon-X-SoC direkt abzugreifen.
- Tests und Eindrücke von „Auto Super Resolution“ (Auto SR).
ComputerBase hat das Vivoboook S 15 (S5507) von Asus leihweise unter NDA zum Testen erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.