Apple Vision Pro ausprobiert: Tschüss, Fliegengitter!
Seit dem 28. Juni lässt sich die Apple Vision Pro in Deutschland vorbestellen, seit dem 12. Juli können Demos im Apple Store gebucht werden. Die Redaktion hat einen dieser Termine in Berlin wahrgenommen und sich einen Ersteindruck zur Apple Vision Pro verschafft. Vor allem die Bildqualität überzeugte, der Preis hingegen weniger.
Erst einmal wird eingerichtet
Eine Demo beginnt in speziell dafür eingerichteten Sitzecken, die Apple zur Markteinführung der Vision Pro neu in die Stores integriert hat. Bei einem Brillenträger würde im nächsten Schritt die Frage nach der Sehstärke bzw. der Ermittlung dieser in einem speziellen Gerät beginnen, um die passenden Zeiss Optical Inserts zu finden. Der Redakteur ist eigentlich Brillenträger, hatte sich für diesen Tag und die Demo aber Kontaktlinsen eingesetzt. Im Anschluss muss die passende Lichtdichtung ermittelt werden, was sich in wenigen Schritten über die Face-ID-Sensorik des iPhones bewerkstelligen lässt.
Apple führt Demos mit Dual Loop Band durch
Während ein Mitarbeiter die benötigten Informationen aufnimmt, bereitet ein anderer eine entsprechend konfigurierte Apple Vision Pro vor und überreicht diese nach kurzer Wartezeit auf einer hölzernen Aufnahmevorrichtung. Darauf liegt auch der externe Akku, den Apple nicht in das Headset integriert hat, um dessen Gewicht nicht noch weiter zu steigern. Für die Demos nutzte Apple zumindest an diesem Tag in Berlin bei allen Interessierten grundsätzlich das Dual Loop Band, das jeder Vision Pro zum standardmäßig ab Werk montierten Solo Band aus Strickgewebe beiliegt. Das Dual Loop Band besteht aus einem Riemen hinter dem Kopf und einem weiteren quer über den Kopf. Es sorgt für einen etwas besseren Halt und verteilt das Gewicht spürbar gleichmäßiger.
Wenn Apple eines beherrscht, dann ist es ein reibungsloser Einrichtungsprozess, der nach dem ersten Aufsetzen und Einstellen des Dual Loop Band in erster Linie das Eye-Tracking betrifft, das in zwei Durchgängen kalibriert wird und im Anschluss nahezu perfekt funktioniert. Dafür muss der Träger den Blick nacheinander auf Punkte im äußeren Blickfeld fokussieren.
Exzellente Bildqualität ohne Fliegengitter-Effekt
Ist der Einrichtungsprozess abgeschlossen, was im Apple Store schnell erledigt ist, da persönliche Informationen wie die Apple ID nicht eingegeben werden müssen und auch Schritte wie das das Einrichten der Optic ID oder einer Persona wegfallen, taucht man auch schon in die hybride Welt ein, die sich aus dem Passthrough der echten Welt und dem Overlay von visionOS zusammensetzt. Zuerst sieht man den Startbildschirm mit bekannten App-Icons.
Was sofort auffiel, war die exzellente Bildqualität der hochauflösenden Micro-OLED-Bildschirme mit insgesamt 23 Millionen Pixeln und 7,5 Mikrometern Pixelpitch. Zum Fliegengitter-Effekt, bei dem neben dem eigentlichen Pixelraster auch die Linien dazwischen erkennbar sind, kommt es mit der Apple Vision Pro schlichtweg nicht. Die sehr hohe Helligkeit der OLED-Panels sorgt zudem dafür, dass man nicht mehr das Gefühl hat, wie bei einer leicht getönten Sonnenbrille alles etwas dunkler wahrzunehmen.
Passthrough ist gut, aber nicht perfekt
Das Passthrough der Umgebung erfolgte verzögerungsfrei über die in das Headset integrierten Kameras. Dass man die echte Welt über zwei Kameras betrachtet, rückt schnell in den Hintergrund, fällt hin und wieder aber doch auf, da je nach Blickrichtung und Helligkeit der Umgebung leichtes Rauschen, eine gewisse Unschärfe und manchmal ein reduzierter Dynamikumfang wahrzunehmen sind. Im Berliner Apple Store am Kurfürstendamm war letzteres zum Beispiel immer dann der Fall, wenn in Richtung der Fenster und des hellen Außengeländes im hinteren Bereich der Filiale geblickt wurde. Das menschliche Auge kann mit solchen Helligkeitsunterschieden besser umgehen als eine Kamera und beide Bereiche korrekt „belichten“. Wie viel man von der Umgebung durchlässt oder wie weit die Immersion gehen soll, lässt sich über die digitale Krone oben rechts an der Vision Pro einstellen. Das Drücken der Krone führt den Anwender zurück zum Homescreen.
Die Vision Pro ist nicht gerade leicht
Während die Immersion sofort gelingt, fiel nach wenigen Minuten jedoch auch auf, dass die Vision Pro mit einem Gewicht von (je nach Lichtdichtung und Kopfband) bis zu 650 Gramm nicht gerade leicht ist. Zum Vergleich: Eine Meta Quest 3 (Test) wiegt 515 Gramm. Apple sammelt im Gegenzug viele Pluspunkte für die äußerst hochwertige Aufmachung, doch führt die Vorderseite aus viel Glas und Aluminium eben auch zur frontlastigen Passform, selbst wenn das Dual Loop Band zum Einsatz kommt. Zur Demo hatte man das Gefühl, als stütze sich die Vision Pro auch ein bisschen auf dem Jochbein unterhalb der Augen ab. Nach rund 40 Minuten mit der Vision Pro stellte sich zwar kein unangenehmes Gefühl ein, das hohe Gewicht kann das Headset aber nicht verstecken.
Immersive Experiences, als wäre man live dabei
Da widmet man sich doch lieber wieder den schönen Seiten des Lebens und lässt mit räumlichen Fotos und Videos alte Erinnerungen zum Greifen nahe wieder aufleben. Entsprechende Inhalte lassen sich mit der Vision Pro selbst oder einem iPhone 15 Pro (Max) aufnehmen. Der stereoskopische Effekt sorgt dafür, dass man sich wie in die Szenerie versetzt fühlt, als wäre man live dabei. Noch besser gelingt dies mit den sogenannten Immersive Experiences, die hochauflösendes Videomaterial um das gesamte Blickfeld des Nutzers und darüber hinaus spannen. Diese 180-Grad-3D-Videos in 8K-Auflösung bringen die Safari, das Meer oder waghalsige Parcours-Sprünge und Akrobatik am Klippenvorsprung direkt ins Wohnzimmer. So nah und „live“ dabei ist man ansonsten nur, wenn man wirklich live dabei ist. Hier spielt Apple eindrucksvoll alle visuellen Vorteile der Vision Pro aus.
Sehr gut funktionierte zur Demo auch das externe Tracking der Vision Pro, sodass Fenster frei im Raum platziert werden können und dort auch wie angenagelt verbleiben, selbst wenn sich über längere Zeit mit anderen Dingen beschäftigt wird. Die in beinahe alle Richtungen blickenden Kameras erfassen zudem annähernd fehlerfrei alle Fingergesten des Anwenders, selbst wenn die Hände auf dem Schoß abgelegt bleiben. Für die Bedienung muss somit nicht wild vor dem Headset rumgefuchtelt werden. Merken muss man sich lediglich das Zusammenführen von zwei Fingern zur Bestätigung, das Scrollen mit dieser Geste sowie das Vergrößern und Verkleinern von Fenstern mit beiden Händen. Die Blickrichtung bestimmt zuvor die Auswahl des jeweiligen UI-Elements.
Demo im Apple Store empfehlenswert
Das alles läuft ziemlich eindrucksvoll ab und untermauert, dass Apple mit der ersten Generation Vision Pro ein technisch annähernd kompromissloses Gerät auf die Beine stellen wollte und das auch geschafft hat. Für die breite Masse dürfte weniger das Tragen eines Headsets die größte Hürde darstellen, sondern der Preis von ab 3.999 Euro. Das ist weit mehr, als Apple für jedes iPhone, iPad Pro oder (fast) jedes andere Produkt verlangt. Teurer sind nur Mac Pro und Pro Display XDR. Apple steht jetzt vor der Herausforderung, die Vision Pro günstiger, aber nicht schlechter zu machen, idealerweise müsste es in beiden Punkten Verbesserungen geben: besser und günstiger. Die Demo im Apple Store gibt es glücklicherweise kostenlos, und die ist in jedem Fall empfehlenswert, selbst wenn man schon vorab weiß, dass man die Vision Pro im Anschluss nicht kaufen wird.
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