Google Chrome: Das Aus für Cookies ist abgesagt

Michael Schäfer
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Google Chrome: Das Aus für Cookies ist abgesagt

Google hat seine Strategie zur Verwendung von Cookies von Drittanbietern in Chrome geändert. Anstatt, wie ursprünglich geplant, Web-Tracker wie bereits bei Safari und Firefox der Fall standardmäßig zu blockieren, wird der Konzern den Nutzern künftig die Wahl lassen, ob sie das Tracking durch Dritte zulassen möchten.

Der indirekten Absage an den verstärkten Schutz seiner Nutzer sollen laut Google jahrelange Tests, Planungen und schließlich auch Verzögerungen vorausgegangen sein, sodass der Suchmaschinenbetreiber mehr und mehr von seinem Vorhaben abgerückt ist.

Somit wird Chrome künftig seinen Nutzer die Wahl lassen, mittels „informierte Entscheidung“ das Tracking durch Dritte in Chrome zulassen zu wollen, anstatt die Cookies von Drittanbietern direkt zu deaktivieren. Dies gibt Anthony Chavez, VP der Google Privacy Sandbox, in einem Blog-Eintrag an. Die getroffene Entscheidung kann jederzeit in den Einstellungen zurückgenommen werden.

Details zur Umsetzung der neuen Funktion sind bislang noch nicht bekannt, es wird jedoch erwartet, dass sie ähnlich wie das App-Tracking-Opt-in von Apple funktioniert, das mit iOS 14.5 eingeführt wurde. Bei diesem System müssen Nutzer aktiv zustimmen, bevor ihre Daten für Werbezwecke erfasst werden dürfen. Die Einführung dieser Schutzfunktion hatte für Social-Media-Plattformen erhebliche finanzielle Auswirkungen, da viele Nutzer sich gegen das Werbe-Tracking entschieden. Berichten zufolge soll Facebook durch die Änderungen im Jahr 2021 Einbußen in Höhe von fast 10 Milliarden Dollar erlitten haben. Aus diesem Grund soll Facebook Anfang 2021 eine Kartellklage gegen Apple angestrebt haben, die jedoch selbst in den eigenen Reihen keine große Unterstützung gefunden haben soll.

Einem Bericht von The Verge zufolge wird zwar nicht von solch dramatischen Veränderungen ausgegangen, bei einem Marktanteil von Chrome von fast 65 Prozent im Mai 2024 dürften die Folgen für die Werbeindustrie dennoch spürbar sein.

Die Entscheidung, von seinen ursprünglichen Zielen abzuweichen, ist nicht überraschend, da ein Großteil der Einnahmen von Google und seinem Mutterkonzern Alphabet aus dem Werbegeschäft stammt. Gleichsam betont Alphabet immer wieder die Unabhängigkeit dieser Teams. In einem dieser Tage veröffentlichten Whitepaper hat das Google Ads-Team die Ergebnisse von Tests zur neuen Privacy-Sandbox-Technologie vorgestellt. Während die Ergebnisse bei Erstanzeigen weitgehend unverändert blieben, sank der Anteil der Kunden, die durch Folgeanzeigen gezielt angesprochen werden sollten, erheblich.

Auch Datenschutzgründe sollen eine Rolle spielen

Kritik an Googles Kursänderung ließ dagegen nicht lange auf sich warten. Datenschützer und Wettbewerbsorganisationen werfen dem Unternehmen vor, durch die Verlagerung des Trackings in die Privacy Sandbox sowohl Datenschutzrisiken zu schaffen als auch den Wettbewerb zu behindern. Die Organisation „Movement for an Open Web“ hat deswegen eine Beschwerde bei der britischen Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde CMA eingereicht, um die Einführung der Privacy-Sandbox-Technologie zu verhindern. Die Behörde hat angekündigt, die Entwicklungen rund um Googles Vorhaben in den nächsten Wochen aufmerksam zu beobachten.

Die Organisation selbst sieht in Googles Kehrtwende ein Eingeständnis, „dass der Plan, das offene Web einzuschränken, gescheitert ist“. Während die Privacy-Sandbox-Technologie nicht direkt kritisiert wird, bemängelt die Organisation das Fehlen von Alternativen und argumentiert, dass die Lösung ihrer Meinung nach „auf den Markt gezwungen wurde“.