Razer Huntsman V3 Pro im Test: Gealterter Spiele-König will nur noch das Eine
Analoge Taster und Gaming sind eigentlich füreinander gemacht. Ausgerechnet bei einer Marke, die ihre Gaming-Referenzen hochhängt, kriselt die Traumbeziehung aber. Bei der fast 300 Euro teuren Huntsman V3 Pro geht zu wenig zusammen – stattdessen geht es zu sehr um das Eine.
Die Huntsman V3 Pro im Überblick
Razer baut die Huntsman V3 als Miniversion im 60-Prozent-Layout, in TKL-Variante ohne Nummernblock und wie im Test als Fullsize-Modell. Dort ergänzt der Hersteller drei Zusatztasten und einen Drehregler über dem Nummernblock. Beide können wie alle Tasten neu belegt werden, was auch die Funktionsebene mit Doppelbelegungen einschließt. Im Standardlayout fehlende Medienfunktionen finden so noch ihren Weg auf die Tastatur.
Auch die Huntsman V3 synchronisiert ihre Beleuchtung mit anderen Produkten des Herstellers, solange die Synapse-Software im Hintergrund aktiv ist. Daten überträgt Razer trotz der Preisklasse nur per Kabel. Dafür gibt es eine Handballenauflage mit Kunstlederbezug, die magnetisch an der Tastatur andockt.
Razer Huntsman V3 Pro | |
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Größe (L × B × H): | 44,2 × 14,0 (22,6) × 3,8 (5,0) cm Handballenauflage |
Layout: | 105 ISO (erweitert) |
Gewicht: | 859 g |
Gehäuse-Material: | ? |
Kabel: | 2,00 m, USB/Type-C-USB (modular) |
Hub-Funktion: | – |
Key-Rollover: | N-KRO |
Schalter: | Razer Analog Optical Switch V2 Analoge Taster |
Switch Plate: | ? |
Tasten: | Form: zylindrisch Material: PBT-Kunststoff Beschriftung: Double-shot molding |
Zusatztasten: | 2 × Makro 1 × Medien Scrollrad (Lautstärke) |
Medienfunktionen: | Stumm, Lautstärke, Abspielen/Pause, Stopp, Vor/Zurück |
Zusatzfunktionen: | Profile wechseln, Helligkeit (regeln, ausschalten), Gaming-Modus, Makroaufnahme, System-Funktionen |
Beleuchtung: | Farbe: RGB Modi: Atmungseffekt, Welleneffekt, Reaktiver Modus, umlaufende Aktivierung, Gaming-Beleuchtung, Farbschleife Sonstige: individuelle LED-Profile |
Makros & Programmierung: | 6 Profile, Hardware-Wiedergabe vollständig (inkl. Sekundärbelegung), softwarelos programmierbar |
Preis: | ab 248 € |
Analoge optische Taster im Detail
Die in der Huntsman V3 verbauten analogen Taster erzeugen nicht ein Signal, sondern ein Spektrum davon. Als aktuell einziges Unternehmen verzichtet Razer dazu auf Hall-Effekt-Switches. Bei den optischen Analogtastern wird die Eindrücktiefe über die Intensität des Lichtstrahls erfasst. Je weiter der Taster eingedrückt wird, desto mehr Licht kommt am Sensor an.
Was mit dem Signal passiert und wann eine Eingabe ausgelöst wird, ist damit nur eine Frage der Software. Sie legt den Aulösepunkt nach Wahl zwischen 0,1 und 4 mm Hub. Darüber hinaus können Tasten auch zwei Funktionen auslösen, indem zwei Auslösepunkte genutzt werden. Dann wird erst die erste, beim tieferen Eindrücken die zweite Funktion ausgelöst. Theoretisch kann auf diese Weise mit nur einer Taste etwa zwischen Laufen und Sprinten gewechselt werden.
Das vielleicht praktischere Mod Tap fehlt der Huntsman hingegen. Sie unterscheidet nicht zwischen dem Antippen und Durchdrücken einer Taste – obwohl das Doppelfunktionen sehr sinnvoll umsetzbar macht. Eine Option, Thumb- oder Joystick-Inputs über Tasten ausgeben zu lassen, gibt es wiederum – sie setzt allerdings den Betrieb der Software voraus. Was die vielen neuen Features analoger Taster für Mehrwerte bringen, hat schon der Test der Wooting 60HE gezeigt: An ein Gamepad kommen die Trigger-Funktionen z.B. nicht heran.
Mit einem konstanten (!) Widerstand von 40 g sind die Taster Razer-typisch leichtgängig abgestimmt und gleiten geschmeidig ein. Die geringe Federkraft ruft den Eindruck von Agilität und Geschwindigkeit hervor – etwas, das Gaming-Anbieter unbedingt vermitteln wollen. Im Gegenzug werden die Taster bei frühem Auslösepunkt sehr nervös und neigen zu Fehlauslösungen.
Wo ein Auslösepunkt bei Wootings etwas schwergängigeren Lekker-Tastern auch unter 1 mm Wegstrecke noch gut nutzbar sind, wird das bei der Huntsman schwierig. Fehlauslösungen etwa durch unsauber getroffene Tasten oder abgelegte Finger, vor allem auf der Leertaste, sind bei Razer dann häufig anzutreffen – das macht die Tastatur nicht unbenutzbar, zwingt aber zu disziplinierten und sehr bewussten Eingaben. Das kann anstrengend werden. Werkseitig stellt Razer deshalb 1,2 mm ein.
Dank mehrerer Profile und einer Schnelleinstellung über die Tastatur können für verschiedene Szenarien leicht unterschiedliche Settings für Taster und Tasten gespeichert werden. Das ergibt Sinn: Zum entspannteren Spielen oder zum Arbeiten fühlt sich die Huntsman mit späterem Auslösepunkt wesentlich angenehmer an. Geht es um schnelle Shooter, spielt sie mit weiterer Vorverlegung besser. Das ganze Spektrum an Auslösemöglichkeiten ist mit dieser Abstimmung dennoch schwer nutzbar.
Daneben bietet Razer Rapid Trigger an. Diese Funktion bestimmt den Auslösepunkt dynamisch. Ausfedern unterbricht das Signal, weiteres Eindrücken sendet erneut. Dabei ist es egal, wo sich der Taster gerade befindet. Das fühlt sich bei Razer ein wenig schwammiger an als bei Wooting. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Wenn der Widerstand stets gleich bleibt, gibt die Tastatur keinen Anhaltspunkt über kleine Änderungen der Eindrücktiefe. Ein ganz extremes Setting für Rapid Trigger stolpert deshalb bisweilen, die Abstimmung legt den Fokus ein wenig zu sehr auf größtmögliche Agilität. Konkurrenten haben das besser gelöst. Letztlich lässt sich zwar immer noch ein individuell passendes Setting konfigurieren, anderswo ist die „Agilität“ aber am Ende ausgeprägter und besser nutzbar.
Alltagserfahrungen: Leise und flexibel
Wie andere Razer-Tastaturen soll die Huntsman V3 Pro vor allem ein Spiele-Gerät sein, alles andere wird zurückgestellt. Das merkt man der Qualitätsanmutung an: Lediglich mit PBT-Tastenkappen hält Razer im Segment über 100 Euro Schritt, klanglich verfehlt die Huntsman V3 Pro das Luxussegment deutlich. Helles, lautes Klackern ist zu diesem Kurs schlicht unangemessen – man erwartet es nur noch im Budgetbereich. Ein akustischer Gegentest mit einer 50-Euro-Tastatur bestätigt eine unpassende Vergleichbarkeit. Warum das so ist, hat zwei Gründe: Razer legt nur eine dünne Schicht Dämmung unter das PCB und nutzt PBT-Tastenkappen mit einfacher Wandstärke. Das ist klar zu wenig.
Auch die Handballenauflage gibt diese Visitenkarte ab. Sie ist gerade groß genug für Hände mittleren Formats, mutet aber äußerst funktional an. Bloß nicht furchtbar billig zu sein, ist für den Preis einfach zu wenig. Dass der Drehregler aufgrund seiner glatten Oberfläche nur am Rand bewegt werden kann, aber wie die umliegenden Tasten fast schon ungünstig tief liegt, bleibt da nur noch ein Detail – wenngleich bei Luxus auch solche Aspekte bedacht werden müssen.
Nicht einmal die Beleuchtung überzeugt. Sie kann zwar bunt blinken und weitreichend konfiguriert werden, spielespezifisch hat sich aber wenig getan. Ghostrunner 2 leuchtet mit Synapse, sonst sind keine aktuellen Titel zu finden. Immerhin: Beim Druck auf FN leuchten doppelt belegte Tasten, um den Nutzer zu orientieren – jedoch nur bei Funktionen, die Razer voreingestellt hat. Damit ließe sich leben. Schwer wiegen summende LEDs, die bei einfarbiger Beleuchtung in sehr ruhiger Umgebung präsent werden. Derartige Grundlagen müssen bei einem Produkt der höchsten Preisklasse einfach sitzen.
Ein ähnliches Bild gibt die Software ab. Sie wird beim Installieren mit Werbung für Razers Software-Suite und die OnlineID aufdringlich – zu der ein Hinweis auf ein Gastkonto erst in einem zweiten Schritt gegeben wird – quittiert mit dem alarmistischen Hinweis, dass wesentliche Funktionen des gekauften Produkts (die Synchronisation von Profilen über die Cloud) ohne ID nicht zur Verfügung stehen. Im Hauptmenü wartet zudem wechselnde Werbung für andere Razer-Produkte, und zwar organisch im Reiter „Geräte“. Dass Synapse für einige Taster-Funktionen im Hintergrund laufen muss, passt da ins Bild. Man kann zwar ohne, soll aber nicht.
Bei der Integration der neuen Analogfunktionen fehlt eine klare Linie. Sekundäre Funktionen werden als normale Tastenfunktion behandelt, wären aber in einen separaten Reiter oder zumindest visuell abweichend markiert besser zu nutzen. Welche Tasten Doppelbelegungen oder eine neue Primärfunktion haben, bleibt so verborgen.
Die FN-Ebene, von Razer irritierenderweise „Hypershift“ genannt, wird mit einem kleinen, fast versteckt wirkenden Button unterhalb des Tastatur-Symbolbildes zugänglich. Auch das führt zunächst zum Suchen. Die FN-Taste darf zudem nicht auf Modifier gelegt werden, obwohl das gerade im Kompaktsegment praktisch wäre. Kurz: Man stößt ständig auf Dinge, die man finden oder herausfinden muss und die anderswo organischer oder intuitiver gelöst wurden. Immerhin speichert Razer Änderungen zumindest auf einem Profil automatisch im Tastaturspeicher und zeigt deutlich, welche Auswirkungen die Stellschrauben an den Tastern haben. Die separate Seite für die analogen Taster wurde gekonnt gestaltet. Trotzdem: Der Software fehlt ein klarer Fokus.
Fazit: Nur das Eine
Damit macht Razer die Sache extrem einfach. Es gibt nur einen Grund, die Huntsman V3 Pro zu kaufen, und der ist ganz klar die Integration in ein bestehendes Razer-RGB-Ökosystem. Und das ist, das muss klar gesagt werden, ein rein ästhetischer Grund. Das Aussehen schlägt dann jedoch alle weitere Erwägungen, und zwar deutlicher als in der Vergangenheit. Das Produkt als solches hält schlicht nicht mit aktuellen Entwicklungen Schritt, weil nur ausgewählte Trends verfolgt werden, die sich unter Gaming-Gesichtspunkten vermarkten lassen.
Geht es nur um die Tastatur an sich, muss von der Huntsman V3 Pro sowohl für die Preisempfehlung von rund 300 Euro als auch für den aktuell günstigsten Handelspreis von rund 220 Euro abgeraten werden. Die Taster sind zwar in Ordnung, ihnen fehlt jedoch Mod Tap und die Abstimmung ist spitz Gaming-orientiert, obwohl das dank Konfigurierbarkeit nicht so sein muss. Synapse selbst steht zu oft im Weg.
Selbst wenn Razer mit Updates nachbessert, bleibt die Hardware. Anmutung und Preisklasse gehen keinen gemeinsamen Weg mehr, Grundlagen selbst in günstigeren Bereichen werden verfehlt. LEDs summen, Tasten klackern laut – die Huntsman V3 wirkt aus der Zeit gefallen und ist von modernen Entwicklungen abgehängt worden. In jeder Hinsicht bessere Alternativen stehen in Form der Endgame Gear KB65HE (Test) in knapper Gaming-Ausrichtung, der Akko Mod 007B HE (Test) oder einfach des Spartensiegers Wooting im Fullsize- oder Hacker-Layout (Test) zu gleichen oder günstigeren Kursen reichhaltig zur Auswahl.
- Sinnvoll einstellbare Taster
- FN-Ebene programmierbar
- Akustisch präsent
- Beleuchtung macht Geräusche
- Software umständlich zu nutzen
- Werbung in Software
ComputerBase hat die Huntsman V3 Pro leihweise von Razer zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.
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