30 Jahre 3dfx: Der 3D-Pionier, der sich mit Voodoo selbst ein Denkmal setzte
1994 gründeten Scott Sellers, Ross Smith und Gary Tarolli in San José 3dfx. Anfangs wollte sich 3dfx auf den Arcade-Markt konzentrieren. Glückliche Umstände führten dann jedoch dazu, dass die legendäre Voodoo-Grafikkarte ihren Weg auf den PC fand. 3dfx eroberte den Gaming-PC im Flug, bevor schon im Jahr 2000 das Ende kam.
Nicht die ersten Pioniere
3dfx, anfangs noch „3Dfx“ geschrieben, gilt heute als Wegbereiter für Grafikkarten in Spiele-PCs. Weniger bekannt ist, dass Nvidia mit dem NV1-Chipsatz bereits vor 3dfx einen 3D-Beschleuniger vorstellte. Das Problem war für Nvidia jedoch das ausgewählte Verfahren, wie 3D-Objekte dargestellt werden sollten. NURBS war die Wahl, die Nvidia getroffen hatte und das stieß auf wenig Gegenliebe bei den Entwicklern.
Zu speziell waren die „Non-uniform rational B-Splines“, auch wenn sie in professionellen Softwarepaketen verwendet wurden. Die damals wichtige 3D-Schnittstelle Open Graphics Library (OpenGL) unterstützte sie jedoch nicht und bekam erst später entsprechenden Support. 3dfx setzte bei den Voodoo-Grafikkarten auf einen „klassischen“ Ansatz und damit auf Polygone.
Software ist alles – was Nvidia noch lernen musste
OpenGL richtete sich in den Neunzigern primär an professionelle Entwickler, und viele Funktionen waren für die Spiele unnötig. Bis heute gilt OpenGL als komplex, doch befand sich DirectX noch in den Kinderschuhen. 3dfx nahm die Sache daher selbst in die Hand und schuf die API Glide. Durch die Einfachheit erfreute sich Glide schnell hoher Beliebtheit bei Entwicklern und Spiele wie Tomb Raider, Quake 1 und Quake 2, aber auch Need for Speed II SE boten entsprechende Unterstützung.
Von Voodoo 1 und Voodoo 2
Aufgrund des guten Software-Supports und des sauberen Treibers erfreuten sich Voodoo-Grafikkarten Mitte der neunziger Jahre großer Beliebtheit bei Spielern, und mit einem Marktanteil von knapp 60 Prozent sah es 1997 rosig für 3dfx aus. Die Grafikkarten beschleunigten 3D-Grafik signifikant und boten mit der bilinearen Filterung ein Feature, das auf den ersten Blick sichtbar war und deutlich schönere Landschaften zeichnete.
Nichtsdestoweniger wurden genau zu dieser Zeit bereits die Weichen für den Untergang von 3dfx gestellt. Doch der Reihe nach.
Die legendäre 3dfx Voodoo 1
Im Oktober 1996 stellte 3dfx zunächst die Voodoo Graphics vor. Die Voodoo 1 sowie später die Voodoo 2 waren noch Erweiterungskarten, die auf einen damals üblichen 2D-Beschleuniger angewiesen waren. Das hatte für 3dfx den Vorteil, dass sich voll auf die 3D-Funktionalität konzentriert werden konnte. Eine weitere Besonderheit der damaligen Beschleuniger: Sie bildeten mit ihren Rasterizing-Einheiten nur die letzten Schritte der 3D-Pipeline ab. Für jedes Pixel wird das passende Polygon gesucht und dafür der Texel, anschließend werden vorberechnete Licht- und Schattenwerte mit dem Farbwert des Texels verrechnet. Erst später, mit dem DirectX-7-Zeitalter, wanderten auch die Licht- und Geometrie-Berechnungen zur GPU.
Dass nur der letzte Arbeitsschritt der Berechnung in der GPU lag, ermöglichte 3dfx ab der Voodoo 2 die Entwicklung des Scan-Line-Interleave-Verfahrens (SLI). Das Verfahren dahinter bestand aus der Verteilung der geraden und ungeraden Zeilen eines Bildes auf mehrere GPUs. Bei der Voodoo 2 waren es zwei GPUs, im Endkundenmarkt hätten es bei der Voodoo 5 6000 bis zu vier Chips sein sollen. Doch dazu später mehr.
Der SST-1 Chip taktete 1996 mit 50 MHz und hatte 4 MB EDO-Speicher mit 50 MHz. Von diesen 4 MB waren 2 MB für den Framebuffer vorgesehen und die restlichen 2 MB als Texturspeicher. 3dfx nannte die entsprechenden Einheiten PixelFX und TexelFX und konnte damals 45 Megapixel sowie 45 Megatexel verarbeiten. Ebenso wurde eine Farbtiefe von 16 Bit unterstützt, was 1996 für offene Münder sorgte, später allerdings für 3dfx mit der Voodoo 3 zu einem kleinen Marketing-Gau wurde. Mit der Variante von miroHiscore (Bild oben) gab es auch eine Version der Voodoo 1 mit 6 MB EDO-RAM, die in einigen Spielen 800 × 600 Pixel möglich machte – in den meisten Titeln blieb der größere Speicher ohne Funktion.
Die Voodoo 2 mit drei Chips und SLI
1998 stellte 3dfx den Nachfolger des SST-1 vor, den Voodoo-2-Chipsatz. Den Voodoo-2-Chipsatz könnte man als einen SST-1 auf Steroiden bezeichnen: Doppelter Takt sorgte für doppelte Leistung, außerdem wurde mehr Textur- und Bildspeicher unterstützt. 4 MB für den Bildspeicher und 4 MB oder 8 MB für den Texturspeicher waren gesetzt, sodass es Voodoo-2-Grafikkarten mit 8 MB oder 12 MB RAM gab. Wie der Vorgänger Voodoo 1 benötigte die Voodoo 2 einen separaten 2D-Beschleuniger. Mit der Voodoo 2 führte 3dfx SLI ein, was im Verbund von zwei Grafikkarten eine Auflösung von damals unglaublichen 1024 × 768 Pixeln ermöglichte.
Um von der Voodoo 2 zu profitieren, war ein potenter Unterbau notwendig. Erst ab einem Pentium 2 mit 233 MHz fühlte sich eine Voodoo 2 wirklich wohl, für SLI-Systeme wurde gar ein exorbitant teurer Pentium 2 mit 400 MHz empfohlen. 1998 lag der Preis für einen Pentium 2 bei schlanken 722 US-Dollar, was heute knapp 1.150 US-Dollar entsprechen würde – ein teurer Spaß.
Nvidia greift an – Riva 128, Riva TNT und TNT 2
Während 3dfx ab 1996 den Siegeszug im PC-Markt antrat und Nvidia sich mit dem NV1 eine blutige Nase holte, begann der Konkurrent ab 1997 mit dem Angriff auf 3dfx. Der erste Anlauf erfolgte mit dem NV3 alias Riva 128. Die GPU konnte es mit der Voodoo 2 nicht aufnehmen, obwohl etwas mehr Pixel und Texel im Vergleich zur Voodoo 1 verarbeitet werden konnten. Gleichzeitig bot der Riva-128-Chip gute 2D-Fertigkeiten und wurde oftmals als Grundlage für ein Voodoo-2-System genutzt.
Spätestens mit der Riva TNT (TwiN Texel) verkürzte Nvidia den Abstand zu 3dfx und überholte bei den Features. Voodoo 1 und Voodoo 2 boten nur 16-Bit-Farbtiefe, derweil konnte die Riva TNT 2 ab 1999 auch 32-Bit-Farbtiefe rendern. Nvidia wurde zudem nicht müde, diesen Vorteil im Marketing auszuschlachten. Während 3dfx bei der Voodoo 3 weiterhin nur 16-Bit-Rendering anbot, selbst wenn später ein 22-Bit-Filter hinzugefügt wurde, war der Konkurrent bereits einen Schritt weiter. Dass 32-Bit-Farbtiefe insbesondere auf der Riva TNT 2 mit Leistungseinbußen verbunden war und es häufig sinnvoller war, in 16-Bit-Farbtiefe zu rendern, verschwieg Nvidia lieber.
Voodoo Rush, Voodoo Banshee und Voodoo 3
ATi und Nvidia boten damals bereits Chips mit 2D- und 3D-Funktionalität an, doch 3dfx musste dafür bei der Voodoo 1 noch auf Fremdchips zurückgreifen und veröffentlichte die Voodoo Rush als Nachfolger. Ein großes Problem dieser Grafikkarte waren die von verschiedenen Partner in abweichender Güteklasse erworbenen 2D-Chips, die mal eine gute und mal eine schlechtere 2D-Qualität ermöglichten. Dazu kamen Leistungsprobleme, denn die Performance lag hinter der Voodoo 1.
Die Voodoo Banshee wurde deswegen direkt als 2D/3D-Chip entworfen. Die 3D-Einheit wurde von der Voodoo 2 übernommen und viele wichtige GDI-Funktionen von Windows auf Hardware-Ebene implementiert. Doch auch hier überzeugte 3dfx nicht und Spieler zeigten der Karte die kalte Schulter.
Erst mit der Voodoo 3 schaffte es 3dfx, die 2D- und 3D-Funktionalität der Grafikkarten perfekt zu kombinieren. Nur gab es mittlerweile einen Konkurrenten, der es verstand, die Schwächen von Voodoo 2 und Voodoo 3 perfekt auszunutzen und das Unternehmen damit anzugreifen. Als 3dfx Mitte des Jahres 1999 mit der Voodoo 3 auf den Markt kam, stand Nvidia bereits mit der GeForce 256 bereit und leitete das DirectX-7-Zeitalter ein.
GeForce 256 und schlechte Entscheidungen
Die Voodoo 3 hielt in puncto Leistung mit der GeForce 256 mit, doch nutzte Nvidia weiterhin das Argument der 32-Bit-Farbtiefe, wenngleich fortan auch Hardware-Möglichkeiten wie Transform und Lightning im Fokus des Marketings standen – beides Funktionen, die die Voodoo 3 nicht bot.
Neben der technischen Unterlegenheit hatte sich mit dem Erfolg in den Jahren 1996 bis 1998 eine gewisse Hybris bei 3dfx eingeschlichen. Während bis zur Voodoo 2 und Voodoo Banshee nur die Chipsätze hergestellt und diese an verschiedene Boardpartner verkauft wurden, übernahm man Ende 1998 den Grafikkartenhersteller STB Systems und wollte fortan selbst Grafikkarten produzieren. Der Verkauf von GPUs an wichtige Partner wie Diamond Multimedia oder Creative Labs wurde eingestellt. Ab diesem Zeitpunkt hatte 3dfx allerdings nicht mehr nur mehr die Entwicklung von Chips zu stemmen, sondern auch die von Grafikkarten. Das Unternehmen hatte seitdem vermehrt mit Verspätungen zu kämpfen. Auch der Verkauf billigerer Karten wie der Voodoo 3 1000 und Velocity 100 an OEM-Hersteller brachte der Firma nicht den gewünschten Erfolg.
Verspätungen bei VSA-100 und GeForce 2 GTS
Im Jahr 2000 stellte 3dfx den VSA-100-Chip vor, der auf Voodoo-4- und Voodoo-5-Grafikkarten verwendet wurde. Eine Voodoo 4 bot einen VSA-100, die Voodoo 5 sollte auf zwei oder gar vier VSA-100 zurückgreifen. Daher auch die Abkürzung VSA, die für Voodoo Scalable Architecture steht.
Während man bei der Farbtiefe mit 32 Bit aufholte, war eine Hardware-T&L-Einheit bei der VSA-100 immer noch nicht vorhanden. Im Gegenzug bot 3dfx den T-Buffer (Leserartikel) an, mit dem nicht nur das für lange Zeit beste Anti-Aliasing am Markt geboten wurde, sondern der auch Tiefenunschärfe, Motion Blur, Soft Shadows und Reflectance Blur lieferte; wobei nur das Anti-Aliasing unabhängig von der Software funktionierte.
Mit den neuen Chips hatte 3dfx die GeForce 256 gut im Griff, gegen Nvidias GeForce 2 GTS sah das allerdings anders aus. 3dfx' Antwort auf Nvidia war die Voodoo 5 6000, doch die ließ weiter auf sich warten und verschob sich ständig.
Wichtige Grafikkarten verzögerten sich bei 3dfx weiter, währenddessen nutzte Nvidia das Momentum, baute das GeForce-2-Portfolio weiter aus und bereitete intern den Nachfolger GeForce 3 vor, der 3dfx ab Februar 2001 das Leben schwer gemacht hätte. Dazu kam es aber nicht mehr.
Der Versuch über Anwälte und das Ende
3dfx beschritt nämlich noch einen zweiten Weg gegen Nvidia. Die Unternehmen überzogen sich ab dem Jahr 2000 mit Klagen und beschuldigten sich gegenseitiger Patentverletzungen. Es zeichnete sich in dem Rechtsstreit zwar ein Sieg von 3dfx ab, gleichzeitig waren die Verluste im Kerngeschäft so hoch, dass Nvidia 3dfx einfach kaufte und damit eine elegante Lösung für den Rechtsstreit fand.
Nvidia hat daraufhin mit der Zeit verschiedene Techniken von 3dfx adaptiert, erwähnenswert ist in erster Linie die GeForce-FX-5000-Serie mit SLI, obwohl die Technik anders funktionierte als das ursprüngliche SLI von 3dfx.
3dfx endete aber nicht einfach mit dem Kauf durch Nvidia. Die Tochter Quantum3D bestand weiter, hatte sogar Grafikkarten mit acht VSA-100 Chips in der Hinterhand, die lange Zeit genutzt wurden.
Es hätte anders kommen sollen: Spectre und Quantum 3D
Wie hätte 3dfx die GeForce 3 mit ihren Pixel- und Vertex-Shadern angegriffen? Einige dürften die legendären Bilder von Morrowind kennen und wie die Wassereffekte damals die Spieler verzauberte. Mit der Voodoo 5 6000 hätte 3dfx versucht, die GeForce 2 GTS und Ultra anzugreifen, spätestens mit der GeForce 3 wäre der technische Rückstand jedoch extrem gewesen. 3dfx hatte zu diesem Zeitpunkt den Grafikprozessor VSA-200 in der Entwicklung, der bereits auf ersten Testboards lief.
Der VSA-200 hätte weiterhin auf SLI zurückgegriffen und eine Spectre-Grafikkarte aus zwei verschiedenen Chips bestanden: Sage und Rampage. Sage wäre der Chip gewesen, der die Transform-Engine für die Geometrie sowie Vertex-Shader nach DirectX 8.1 stellt. Rampage wiederum hätte das Bild gerendert und wäre für die Pixel-Shader zuständig gewesen. Geplant waren Grafikkarten mit einem Sage- und bis zu vier Rampage-Chips.
Wie sich eine 3dfx Spectre gegen die GeForce 3 geschlagen hätte, ist heute nur noch schwer einzuschätzen, auch wenn es Meinungen gibt, wonach eine Spectre ab zwei Rampage-Chips schneller als eine GeForce 3 gewesen wäre.
Anzumerken ist, dass 3dfx 2001 eine brauchbare Lösung für moderne Multi-GPUs gehabt hätte. Der Vorteil bestand in der noch relativ starren Grafik-Pipeline, sodass Geometrie-Berechnungen gut von anderen Berechnungen getrennt werden konnten. Spätestens mit der Einführung der Unified Shader auf der GeForce 8 hätte sich 3dfx eine neue Lösung überlegen müssen.
Weiteres Know-how wurde mit der Firma Gigapixel (Leserartikel) und deren GP-2 eingekauft, der einen Tile Based Renderer ähnlich des Kyro-Chips von PowerVR nutzte. Der letzte, noch intern geplante Schritt war die Verschmelzung von 3dfx mit Gigapixel Technologie für den GP-4.
Hör-Tipp: Der Retro-Podcast Stay Forever befasst sich dieser Tage ebenfalls mit 3dfx und den Voodoo-Karten. Dort kommen auch die 3dfx-Gründer zu Wort.
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