6 Jahre 4 Bit: QLC-Speicher für SSDs gibt es heute auch mit TLC-Tempo

Michael Günsch
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6 Jahre 4 Bit: QLC-Speicher für SSDs gibt es heute auch mit TLC-Tempo

Plötzlich schreibt die SSD so langsam wie eine mechanische Festplatte aus den 90ern – dieses Szenario war eine der großen Schwächen von SSDs mit dem Speichertyp QLC, bei dem 4 Bit pro Zelle gespeichert werden. Doch inzwischen hat sich einiges geändert und die neue Generation QLC-Speicher legt bei der Leistung kräftig zu.

Sechs Jahre QLC-Speicher

Vor rund sechs Jahren kam mit der Intel 660p die allererste SSD für Verbraucher mit dem seinerzeit völlig neuen Speichertyp QLC auf den Markt. QLC ist die Abkürzung für „Quadruple Level Cell“, was bedeutet, dass in einer Speicherzelle 4 Bit gesichert werden können. Gegenüber TLC mit 3 Bit steigt also der Speicherplatz um ein Drittel an. Das bedeutet mehr Bit pro Fläche und somit geringere Kosten pro Bit respektive Chips mit mehr Speicherkapazität oder kleinere Chips mit dem gleichen Speichervolumen.

Intel SSD 660p
Intel SSD 660p (Bild: Intel)

Bei 4 Bit pro Zelle steigt allerdings die Zahl der verschiedenen Spannungszustände (Level) massiv. Sie verdoppelt sich gegenüber TLC mit 3 Bit und 8 Zuständen auf nun 4 Bit mit 16 Zuständen. Der Zugewinn von 33 Prozent mehr Bit geht also mit 100 Prozent mehr Komplexität einher. Der Speichervorgang ist entsprechend aufwändiger und langsamer, zudem entsteht mehr Aufwand zur internen Fehlerkorrektur und die Haltbarkeit der Zellen (Stichwort Schreibzyklen) nimmt weiter ab. Außerdem ist die Datenbeständigkeit (Data Retention) ohne Stromzufuhr potenziell schlechter.

So speichert eine NAND-Zelle x Bit ab
1 Bit (SLC) 2 Bit (MLC) 3 Bit (TLC) 4 Bit (QLC)
Benötigte Spannungszustände 21 22 23 24
1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
2 1 0 1 0 0 1 0 0 0 1
3 1 0 0 1 1 0 0 1 1
4 1 1 1 1 1 0 1 1 1
5 1 0 0 1 1 1 1
6 1 1 0 1 0 0 0
7 0 1 0 1 1 0 0
8 1 0 1 1 1 1 0
9 1 0 0 1
10 0 1 1 0
11 1 1 0 1
12 1 0 1 1
13 0 1 0 0
14 0 0 1 0
15 0 1 0 1
16 1 0 1 0

Die Schreibschwäche von QLC

Auch wenn die QLC-SSDs auf dem Papier ähnlich hohe maximale Durchsatzraten (sequenziell) wie ihre TLC-Vorgänger erreichten, zeigte sich in ersten gründlichen Tests schnell die Achillesferse. Ging der SSD der SLC-Cache (Daten werden temporär mit 1 Bit gesichert) aus und wurden die Daten so direkt im QLC-Modus geschrieben, sank die Schreibrate auf 100 MB/s oder sogar darunter. Das war ein Niveau, das selbst mechanische Festplatten überbieten können. Hier waren SSDs also auf einmal langsamer als die sonst chancenlosen HDDs.

Samsungs erste QLC-SSD 860 QVO mit knapp 90 MB/s Schreibrate in HD Tach
Samsungs erste QLC-SSD 860 QVO mit knapp 90 MB/s Schreibrate in HD Tach
QLC-SSDs beim praktischen Schreibtest langsamer als die WD-HDD
QLC-SSDs beim praktischen Schreibtest langsamer als die WD-HDD

Samsungs erste SSD mit QLC heißt 860 QVO (Test) und brachte im Dauerschreibtest im Durchschnitt nur knapp 90 MB/s zustande. Beim Nachfolger 870 QVO (Test) wurde das nicht besser und dass dies nicht nur in synthetischen Benchmarks Nachteile bringt, zeigte sich dann auch in praktischen Tests: Große Transfers von mehreren Hundert Gigabyte konnten durchaus doppelt so lange wie bei vergleichbaren SSDs mit TLC dauern. Für das Schreiben des 390 GB großen Testordners benötigten Samsungs QLC-SSDs mehr als 35 Minuten, eine Crucial MX500 mit TLC brauchte dafür nur 15 Minuten und selbst die HDD des Typs WD Black 6 TB benötigte mit 33 Minuten etwas weniger Zeit.

Auch wenn die Intel 670p (Test) dann bereits 150 MB/s bis 200 MB/s im QLC-Modus erzielen konnte, behielten SSDs mit diesem Speichertyp ihre typische Schreibschwäche. Und so fallen auch jüngere Modelle wie die Corsair MP600 Core XT (Test) oder die Team Group MP44S (Test) im Mini-Format auf rund 100 MB/s zurück.

So sieht es heute aus

Nach inzwischen mehreren Generationen QLC-Speicher wurde dieser weiterentwickelt und erreicht heute eine höhere Leistung.

Regelrecht überrascht war die Redaktion beim Test der WD Blue SN5000 mit 4 TB, die erst diesen Sommer auf Basis des jüngeren BiCS6-QLC-NANDs erschien. Diese SSD schafft im QLC-Modus Schreibraten von etwa 400 bis 600 MB/s, was eine massive Steigerung für diese Klasse bedeutet. Selbst manche TLC-SSDs der Mittelklasse schreiben nicht schneller. Unterm Strich überzeugte die Leistung in allen Tests, sodass die Ehrung als „Bisher beste QLC-SSD“ im Testfeld eine glasklare Angelegenheit war.

Schreibleistung – WD Blue SN5000 4 TB (QLC)
01.0002.0003.0004.0005.000Megabyte pro Sekunde (MB/s) 150100150200250300350380Füllstand (x10 GB)

Mitte Juli brachte dann Crucial die P310 SSD (Test) heraus. Die M.2-SSD im 3 cm kurzen Format nutzt ihrerseits den jüngsten QLC-Speicher von Micron, mit dem das 2-TB-Modell immerhin mehr als 300 MB/s im QLC-Modus erreicht. Damit ist sie schneller als die WD_Black SN770M (Test) im TLC-Modus.

Im nachfolgenden Diagramm lässt sich über die Schaltflächen die Schreibleistung zahlreicher SSDs vergleichen. Das verdeutlicht, dass die neuen QLC-SSDs von Crucial und Western Digital mit einigen TLC-Modellen mithalten können. Allerdings spielen TLC-SSDs der High-End-Garde noch in einer ganz anderen Liga und schreiben nie langsamer als 1.000 MB/s.

Schreibleistung
Schreibleistung – Crucial P310 2 TB (QLC)
01.0002.0003.0004.0005.0006.000Megabyte pro Sekunde (MB/s) 1102030405060708090100110120130140150160170180190Füllstand (x10 GB)

Der TBW-Nachteil bleibt

Potenziell sind mit QLC-NAND weniger Schreibzyklen möglich als mit TLC-NAND. Daher fällt auch die Einschränkung der Garantie in Bezug auf die Schreibmengen („Total Bytes Written“, TBW) größer aus. Die TBW sind vom Hersteller festgelegte Schreibmengen in Terabyte, ab deren Überschreitung die Garantie vorzeitig erlischt.

Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht, dass sich in diesem Punkt noch nicht viel geändert hat. TLC-SSDs bieten also in der Regel höhere TBW-Grenzen und bleiben daher für Vielschreiber die erste Wahl.

TBW-Vergleich einiger NVMe-SSDs
Modell 5xx GB 1 TB 2 TB 4 TB
Crucial P310 (QLC) 220 TB 440 TB
WD Blue SN5000 (TLC/QLC) 300 TB (TLC) 600 TB (TLC) 900 TB (TLC) 1.200 TB (QLC)
Kingston NV2 (TLC/QLC) 160 TB 320 TB 640 TB 1.280 TB
Crucial P3 (QLC) 110 TB 220 TB 440 TB 800 TB
Crucial P3 Plus (QLC) 110 TB 220 TB 440 TB 800 TB
Corsair MP600 Core (QLC) 225 TB 450 TB 900 TB
Intel/Solidigm 670p (QLC) 185 TB 370 TB 740 TB
Corsair MP700 Pro SE (TLC) 1.400 TB 3.000 TB
MSI Spatium M580 Frozr (TLC) 700 TB 1.400 TB 3.000 TB
Crucial T705 (TLC) 600 TB 1.200 TB 2.400 TB
Kioxia Exceria Plus G3 (TLC) 600 TB 1.200 TB
Teracle T450 (TLC) 600 TB 1.200 TB
MSI Spatium M570 Pro Frozr (TLC) 700 TB 1.400 TB 3.000 TB
WD_Black SN770M (TLC) 300 TB 600 TB 1.200 TB
WD Blue SN580 (TLC) 300 TB 600 TB 900 TB
Crucial T700 (TLC) 300 TB 600 TB 1.200 TB
Lexar NM790 (TLC) 500 TB 1.000 TB 1.500 TB 3.000 TB
Seagate FireCuda 540 (TLC) 1.000 TB 2.000 TB
Corsair MP700 (TLC) 700 TB 1.400 TB
Crucial T700 (TLC) 600 TB 1.200 TB 2.400 TB
Corsair MP600 GS (TLC) 300 TB 600 TB 1.200 TB
Samsung 990 Pro (TLC) 600 TB 1.200 TB 2.400 TB
Crucial P5 Plus (TLC) 300 TB 600 TB 1.200 TB
Kioxia Exceria Pro (TLC) 400 TB 800 TB
HP FX900 Pro (TLC) 300 TB 600 TB 1.200 TB 2.400 TB
WD_Black SN850X (TLC) 600 TB 1.200 TB 2.400 TB
Adata Legend 840 (TLC) 325 TB 650 TB
Corsair MP600 Pro XT (TLC) 350 TB 700 TB 1.400 TB 3.000 TB
Seagate FireCuda 530 (TLC) 640 TB 1.275 TB 2.550 TB 5.100 TB

QLC ist gekommen, um zu bleiben

Während TLC-NAND den MLC-NAND mit 2 Bit mittlerweile in fast allen Bereichen verdrängt hat, ist das bei QLC längst noch nicht der Fall. Die NAND-Hersteller fahren zweigleisig und entwickeln sowohl neuen TLC- als auch neuen QLC-NAND.

Die Flächendichte ist inzwischen auch bei TLC dank vielen Zellschichten (Layer) sehr hoch, noch höher geht es aber weiterhin mit 4 Bit pro Zelle, wie Samsung mit dem branchenweit höchsten Wert von 28,5 Gbit/mm² beim V-NAND V9 QLC eindrucksvoll demonstriert.

Speicherdichte von 3D-NAND (grün: TLC, orange: QLC, rot: PLC, blau: SLC)
    • Samsung V9 280L (QLC, 1 Tb)
      28,5
    • Intel 192L (PLC, 1,67 Tb)
      23,3
    • SK Hynix V9 321L (TLC, 1 Tb)
      20,0
      „>20 Gb/mm²“
    • YMTC 232L (QLC, 1 Tb)
      19,8
    • Kioxia/WD BiCS8 218L (TLC, 1 Tb)
      18,3
    • Samsung V9 280L (TLC, 1 Tb)
      17,0
      nicht bestätigt!
    • Kioxia/WD BiCS6 162L (QLC, 1 Tb)
      15,1
    • YMTC 232L (TLC, 1 Tb)
      15,0
    • Micron 176L (QLC, 1 Tb)
      14,9
    • SK Hynix V7 176L (QLC, 1 Tb)
      14,8
    • Micron 232L (TLC, 1 Tb)
      14,6
    • Intel 144L (QLC, 1 Tb)
      13,8
    • Samsung V8 238L (TLC, 1 Tb)
      11,5
    • SK Hynix V8 238L (TLC, 1 Tb)
      11,5
      nicht bestätigt!
    • SK Hynix V7 176L (TLC, 512 Gb)
      10,8
    • Kioxia/WD BiCS6 162L (TLC, 1 Tb)
      10,4
    • Intel/Micron 96L (QLC, 1 Tb)
      8,9
    • Kioxia/WD BiCS4 96L (QLC, 1,33 Tb)
      8,5
    • Samsung V7 176L (TLC, 512 Gb)
      8,5
    • YMTC 128L (TLC, 512 Gb)
      8,5
    • SK Hynix V5 96L (QLC, 1 Tb)
      8,4
    • Kioxia/WD BiCS5 128L (TLC, 512 Gb)
      7,8
    • SK Hynix V6 128L (TLC, 512 Gb)
      7,8
    • Samsung V5 92L (QLC, 1 Tb)
      7,5
    • Intel/Micron 96L (TLC, 512 Gb)
      6,3
    • Kioxia/WD BiCS4 96L (TLC, 512 Gb)
      5,9
    • Samsung V6 128L (TLC, 512 Gb)
      5,0
    • Samsung Z-NAND 48L (SLC, 64 Gb)
      0,6
    • Intel/Micron 3D XPoint (SLC, 128 Gb)
      0,6
      kein NAND-Flash
Einheit: Gigabit pro mm²

Samsung will dabei ebenfalls die Leistung gegenüber vorherigen QLC-Generationen steigern. Kioxia und Western Digital haben derweil ihre BiCS8-Generation QLC mit der höchsten Speicherkapazität von 2 Tbit pro Die vorgestellt, die neben Leistungsoptimierungen auch Verbesserungen bei der Haltbarkeit verspricht.

BiCS8 QLC versus BiCS6 QLC
BiCS8 QLC versus BiCS6 QLC (Bild: Western Digital)

Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung ist zu erwarten, dass QLC-NAND irgendwann TLC-NAND ganz ablösen wird. Doch bis dahin werden noch einige Jahre vergehen.

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