ADAC: Fast alle Autos mit Keyless Go sind leicht zu stehlen

Nicolas La Rocco
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ADAC: Fast alle Autos mit Keyless Go sind leicht zu stehlen

Der ADAC hat seine Datenbank getesteter Keyless-Go-Systeme auf rund 700 Autos erweitert und warnt eindringlich vor den Sicherheitsrisiken solcher Lösungen. Fast alle Keyless-Go-Fahrzeuge sind demnach leicht zu stehlen. Eine Ausnahme bilden jedoch Autos mit neuer Ultra-Breitband-Technologie (UWB), die sich nicht knacken ließen.

Für die kontinuierlich durchgeführten Tests mit Keyless-Go-Systemen kommt der ADAC auch nach der neuesten Testrunde zu dem Schluss, dass fast alle Fahrzeuge „problemlos“ illegal geöffnet und weggefahren werden können. In lediglich 9 Prozent der Fälle ließ sich das Auto nicht mittels Reichweitenverlängerung (Relay Attack) des Funksignals öffnen und wegfahren. Alle Ergebnisse lassen sich hier (PDF) einsehen. Demnach konnte der ADAC lediglich 69 von 698 Autos mit Keyless Go nicht knacken.

Funksignal wird verlängert

Fahrzeuge mit Keyless-Go-System, „Komfort-Schlüssel“ oder ähnlich genannten Lösungen mit denselben Funktionen sind bereits automatisch entsperrt, wenn sich der Besitzer mit dem Schlüssel in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs befindet, sodass dieses sofort geöffnet und gestartet werden kann, ohne den Schlüssel aus der Hosentasche zu nehmen. Laut ADAC können Autodiebe Fahrzeuge mit dieser Technik leichter stehlen als solche mit normalem Funkschlüssel. Dafür müsse man sich lediglich mit einem kleinen Gerät in der Nähe des Autoschlüssels aufhalten – auch wenn sich dieser nicht in unmittelbarer Nähe zum Auto befindet – und mit einem zweiten Gerät an der Autotür. Das Signal wird mit dem ersten Gerät abgegriffen, verlängert und über das zweite Gerät ans Auto übertragen.

Bei diesen Relay-Attacken wird das Funksignal des Schlüssels sozusagen verlängert, sodass das Fahrzeug selbst bei Hunderten Metern Entfernung zwischen Auto und Schlüssel noch geöffnet und gestartet werden kann. Dem ADAC zufolge funktioniert das auch dann, wenn der Schlüssel im Haus liegt oder man ihn unterwegs dabei hat. Nachdem das Auto ohne Schlüssel gestartet wurde, lässt es sich so lange fahren, wie Sprit vorhanden ist. Sollte der Dieb bei laufendem Motor tanken, lässt sich das gestohlene Fahrzeug in vergleichsweise kurzer Zeit über weite Strecken transportieren.

UWB nicht von Attacke betroffen

Es gibt aber eine Ausnahme: Ultra-Breitband oder Ultra-Wideband (UWB), das bei neueren Fahrzeugen zum Einsatz kommt. Die Redaktion konnte ein solches System vor drei Jahren erstmals anhand des damals neuen BMW iX mit Digital Key Plus testen. Bei UWB lässt sich aus der Laufzeit der Funksignale präzise die Entfernung des Schlüssels zum Auto ermittelt. Bei Verwendung der vom ADAC benutzten Funkverlängerung ließ sich keines der getesteten Autos mehr illegal öffnen oder starten.

Bewegungssensoren im Schlüssel schützen kaum

Bewegungssensoren im Schlüssel hält der ADAC für keine ideale Lösung. Wird dieser Typ Schlüssel eine gewisse Zeit nicht bewegt, schaltet sich das Funksignal ab und das Fahrzeug lässt sich nicht mehr auf die bekannte Weise öffnen. In der Zeit bis zum Abschalten sei ein Autodiebstahl trotzdem möglich. Das Signal lasse sich zum Beispiel unmittelbar nach dem Abstellen des Autos abgreifen, wenn der Schlüssel noch aktiv ist.

ADAC rät zum Verzicht

Der ADAC fordert Autohersteller deshalb auf, die gesamte Fahrzeugelektronik systematisch und nach neuesten Sicherheitsstandards abzusichern. Ein Schließsystem mit Keyless-Technik müsse mindestens so sicher wie ein Standardsystem sein. Idealerweise könnte es einen neutralen Nachweis für die Wirksamkeit der Anti-Diebstahl-Maßnahmen geben, etwa nach der international anerkannten Common-Criteria-Methode. Für Bewegungssensoren empfiehlt der ADAC das automatische Abschalten nach spätestens fünf Minuten.

Verbraucher sollen nachsehen, ob sich Keyless Go deaktivieren oder gegebenenfalls schon bei der Bestellung des Autos darauf verzichten lässt. Fahrzeuge solle man nachts möglichst in einer verschlossenen Garage abstellen und Funkschlüssel innerhalb von Gebäuden nicht in der Nähe von Außentüren, Außenwänden und Fenstern aufbewahren. Eine Metalldose für den Schlüssel oder ein abschirmendes Etui könne ebenso schützen.