Aktie minus 29 Prozent: Auf Intels Desasterquartale folgen Massenentlassungen
Es hatte sich bei Intel angedeutet, aber es kam weitaus schlimmer als gedacht. Die Börse sieht kein Halten, der große Ausverkauf startet. Denn nach einem schwachen Quartal und düsteren Ausblick fürs zweite Halbjahr sollen nun Massenentlassungen und Einsparungen folgen. Doch Intel kämpft mit der Glaubwürdigkeit.
Es läuft etwas gewaltig schief im Staate Intel. CEO Pat Gelsinger betont es in seiner Ansprache an die Mitarbeiter entsprechend deutlich: Im Jahr 2020 habe Intel noch 24 Milliarden US-Dollar mehr Umsatz pro Jahr gemacht, nun habe man bei deutlich weniger Umsatz aber zehn Prozent mehr Personal als damals. Dafür gebe es Gründe, aber es sei kein Weg, den man so weitergehen könne, versucht er den Mitarbeitern zu vermitteln und dürfte mit der Einschätzung nicht allein sein. Sich selbst stellt er dabei ebenfalls kein gutes Zeugnis aus, die Führungsetage sei zu optimistisch gewesen und habe harte Entscheidungen zu lange aufgeschoben.
Im Worst Case bis zu 20.000 Mitarbeiter betroffen
Zu viel Personal erzeuge zu viel Komplexität und Bürokratie, es gäbe viel zu viele Sachen, die von zu vielen Leuten entschieden werden respektive die dort Mitspracherecht hätten. Nun sollen entsprechende Zwischenschritte in der Belegschaft abgebaut werden, und einige Bereiche dürften harte Einschnitte erfahren, Gelsinger redet von rund 15.000 Mitarbeitern, die Intel verlassen sollen. Der Kernbetrieb des Konzerns beschäftigt rund 110.000 Angestellte, mit den Anhängseln sind es sogar über 126.000 – 15 Prozent von diesem Wert wären ganz schnell 19.000 Angestellte.
In sozialen Medien heißt es, dass erste Angestellte in den letzten vier Wochen bereits mit Abschiedspaketen in Form von Abfindungen den Konzern verlassen haben, wie üblich wird dieser Weg auch vielen anderen eingeräumt werden. Sozialverträglich will Intel auch in dieser Phase sein, betont Gelsinger – das war in der Vergangenheit nicht immer so. Bei der letzten großen Entlassungswelle gab es später Klagen, dass Intel vornehmlich älteres Personal rauswarf.
Die Einschnitte für das Personal werden aber auch an weiteren Stellen fortgesetzt, wie die lokale Presse aus Oregon, einem von Intels wichtigsten Standorten, berichtet.
Jedes Produkt auf dem Prüfstand
Auf dem Prüfstand steht aber nicht nur das Personal, sondern auch die Produktpalette – und zwar in jedem Bereich, heißt es heute. Wenig gewinn- oder gar verlustbringende Produkte sollen identifiziert werden und könnten vor dem Aus stehen. In sozialen Medien wird direkt in Richtung der diskreten Grafikkarten der Arc-Serie spekuliert, die bisher wenig erfolgreich waren. Intel hatte sich in den letzten Jahre bereits von rund einem Dutzend Produktsparten getrennt.
Each business unit is conducting a portfolio review and identifying underperforming products. We are also integrating key software assets into our business units so we accelerate our shift to systems-based solutions. And we will narrow our incubation focus on fewer, more impactful projects.
Pat Gelsinger, Intel CEO
Alles in die Foundry! Oder?
Aussagen von Analysten streuen zudem Salz in die Wunde der Fertigung. So gab es Aussagen, dass Intel Probleme bei der Ausbeute in der EUV-Fertigung habe. Später versuchte man dies zwar zu revidieren, den Geist in die Flasche zurück bekam man aber nicht mehr.
Doch es wirft Licht auf mögliche Probleme, welche schon lange Thema hinter den verschlossenen Türen sind: Wie gut wird Intels Fertigung zukünftig sein? Der Hersteller setzt alles auf Intel 20A/18A und die vielen Schritte danach, doch viel mehr als PowerPoint-Folien waren bisher dazu kaum zu sehen und lassen an der Glaubwürdigkeit des Gezeigten gewisse Zweifel zurück. In jedem Gerücht steckt oft auch ein wenig Wahrheit und hohe Kosten in der Sparte CCG rund um Meteor Lake und Co zeigen, dass EUV zum Start definitiv mit Problemen behaftet war. Diese Lösungen laufen nun zwar besser, Intel kann jedoch kaum liefern – ein weiteres Indiz für wenige Chips und eventuell Probleme bei der Ausbeute.
Im Conference Call verdeutlichte Intel aber einmal mehr, wie sehr man unter den Entscheidungen der alten Führungsriege leide und dass die Foundry nach wie vor große Verluste mache. EUV-Wafer seien am Ende sehr viel günstiger für moderne Chips und erzielten eine viel höhere Marge, erklärte Intels CFO David Zinsner – genau den Zug hat Intel aber eben verpasst. Hier rennt man nun Fehlentscheidungen hinterher und noch immer werden über 85 Prozent der bei Intel belichteten Wafer ohne EUV gefertigt.
An den Fab-Neubauten wird daher festgehalten, das schließt auch die deutsche Fabrik ein. Anpassungen könnte es weltweit aber an den Zeitplänen und Größen der jeweiligen Fabs geben. Die Großprojekte an sich stehen aber laut Intel nicht auf dem Prüfstand. Mit dem auferlegten Sparprogramm sollen viele Milliarden US-Dollar eingespart werden, auch die Dividende wird erst einmal gestrichen. Dies war an der Börse am Ende wahrscheinlich das geringste Übel, zum Handelsauftakt legte die Aktie trotzdem ein Minus von 29 Prozent hin.
Die Quartalszahlen werden Nebenschauplatz
Die eigentlichen Quartalszahlen verkommen angesichts der anstehenden großen Veränderungen zum Nebenschauplatz. Hier lieferte Intel im zweiten Quartal einen Umsatz von 12,8 Milliarden US-Dollar, rund ein Prozent weniger als vor einem Jahr. Der Gewinn kollabierte und drehte von 1,5 Milliarden US-Dollar im Plus zu 1,6 Milliarden US-Dollar in die roten Zahlen.
Im PC-Bereich lief es dabei ziemlich gut, im Server hingegen erwartet äußerst schwach: Altera lieferte das gleiche Bild wie Xilinx bei AMD und brach ein. Der Ausblick für das zweite Halbjahr ist verhalten, einen leichten Umsatzanstieg auf rund 13 Milliarden US-Dollar erwartet Intel im dritten Quartal, das wären im Schnitt aber noch immer mindestens eine Milliarde US-Dollar weniger als ein Jahr zuvor.