Ryzen 5 9600X & Ryzen 7 9700X im Test: Fazit, Empfehlung und Erkenntnisse zu AMD Ryzen 9000
6/6Mit Zen 5 liefert AMD eine Architektur für einen modernen Desktop-Prozessor, die schon bei den beiden kleinen CPUs die höchste IPC aller bisherigen Prozessoren zeigt. Fortan ist der AMD Ryzen 9 9700X schon der Spitzenreiter in Single-Core-Tests, bis in der nächsten Woche die schnelleren Prozessoren folgen. AMD liefert exakt das, was versprochen wurde. Auch die Effizienz steigt bei den neuen Modellen an. Dennoch überzeugen sie erst so richtig, wenn man selbst Hand anlegt und insbesondere beim Sechskerner der Preis sinkt.
Der AMD Ryzen 7 9700X trägt ein (zu) enges Korsett
Der AMD Ryzen 7 9700X ist ein sehr interessanter Prozessor, der neben der besten Single-Core-Leistung auch in anderen Bereichen zulegt und so bei gleichem Verbrauch insgesamt effizienter agiert als bisherige Modelle. Dabei kommen aber auch Dinge zum Vorschein, die nicht so gut ausfallen, wie gedacht, unter anderem der mitunter deutlich gefallene Takt bei voller Last. Die neuen CPU-Kerne, die nun viel mehr parallel machen können, dazu größere und schnellere Caches, das alles fordert Energie ein. Am Powerlimit agierend bleibt deshalb nur ein geringerer Takt.
In modernen Anwendungen kann es deshalb vorkommen, dass ein alter Ryzen 7 7700X schneller ist als ein AMD Ryzen 7 9700X. Das macht er natürlich durch mehr Energie, doch selten wird danach gefragt, es zählt oft nur das Endergebnis. Es sieht einfach unglücklich aus, gefördert durch das Namensschema von AMD: Der eigentliche Vorgänger ist quasi ein Ryzen 7 7700. Das versteht kein Laie und vermutlich nur ein Bruchteil der Kundschaft, ist mit dieser Generation aber neuer Fakt.
Wird der AMD Ryzen 7 9700X mittels BIOS-Einstellung auf das gleiche TDP/PPT-Niveau des 7700X gehievt, gibt er ein viel besseres Bild ab. Denn nun schlägt er den Vorgänger überall deutlich, bleibt dazu weiterhin kühler, nur ist dann auch der Verbrauch gleich. AMD entschied sich letztlich für andere Prioritäten.
AMDs Aussagen, dass ein AMD Ryzen 7 9700X nicht nur ein Konkurrent zum AMD Ryzen 7 7800X3D in Spielen sein soll, sondern ihn eventuell schlagen könnte, kann heute ganz klar als Märchen zu den Akten gelegt werden. Er spielt nicht in der gleichen Liga, schafft es aber, sich vor reguläre Ryzen 7000 zu setzen. Er bleibt so allerdings auch noch immer hinter den stärkeren Intel-Lösungen zurück und kann nur einem Core i5 Paroli bieten. Das Ergebnis ist deshalb per se nicht schlecht, es gibt aber eben an vielen Stellen auch bessere und mitunter günstigere Lösungen.
Letztlich erklärt dieser mitunter sehr geringe Fortschritt in Anwendungen und Spielen im Auslieferungszustand auch die Preisgestaltung. Denn hier steht ein sehr solider Vorgänger, der keine Kinderkrankheiten mehr aufweist und breit und günstig verfügbar ist. Für Spiele bleibt der AMD Ryzen 7 7800X3D das Nonplusultra, da hat der Ryzen 9000 gar keine Chance. Und Anwendungen: Zum Start heute ist es ein gemischtes Bild. Ein AMD Ryzen 7 7700X kostet aktuell deutlich unter 300 Euro, ist ohne neuen AVX-512-Test ungefähr gleich schnell, in Single-Core-Tests hingegen deutlich hinten. Das Gleiche erledigt der AMD Ryzen 7 9700X aber mit weniger Energie, kostet nun jedoch 400 Euro. Zusammengefasst ist er das schnellere und vor allem effizientere Paket. Mit fallenden Preisen gibt es irgendwann auch keinen Grund mehr, zum 7700X zu greifen. doch das dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen.
Der AMD Ryzen 5 9600X kann mehr zeigen
Auch der AMD Ryzen 5 9600X hat eine sehr gute Single-Core-Leistung. Selbst er schlägt mit 5,4 GHz Takt hier einen Intel Core i9 und lässt die ehemaligen Platzhirsche einfach links liegen. Das zeigt die sehr hohe IPC der neuen Zen-5-Architektur, die beeindruckt.
Mit seinen sechs Kernen kann er das gleiche TDP/PPT-Korsett wie der Ryzen 7 9700X aber weitaus besser ausspielen. Durchschnittliche Taktraten liegen oft 500 MHz höher, wenn alle Kerne belastet werden – das gefällt nicht nur Anwendungen, sondern auch Spielen. So rückt er in Games ein gutes Stück nach vorn und sogar ziemlich nahe an den Ryzen 7 heran und kann so jedem Vorgänger der regulären Ryzen 7000 Paroli bieten.
Auch beim Ryzen 5 9600X ist der eigentliche Vorgänger nicht der Ryzen 5 7600X, sondern der 7600 mit gleicher TDP-Einstufung. Wird das Modell nämlich in gleichen Parametern betrachtet, kann sich der Neuling (ohne Geekbench ML) mindestens 11 Prozent vorn platzieren, während es gegenüber dem 7600X nur 6 Prozent sind. In jedem Fall sind es beides eindeutigere Vorzeichen für den neuen Prozessor als beim 9700X in seiner Klasse.
Die aufgerufenen 309 Euro als UVP zum Start sind angesichts der Handelspreise der Vorgänger zu viel, denn alle 7700er-Varianten kosten weniger und sind im Gesamtpaket die schnelleren Lösungen. Wie in den letzten Generationen müssen die Sechskerner einfach günstiger werden, jenseits der 300-Euro-Marke ist für sie kein Markt mehr. Denn ein Ryzen 5 7500F kostet weniger als die Hälfte, liegt aber im Schnitt nicht mal 20 Prozent zurück – er ist und bleibt der Budgetkönig von AMD für den Sockel AM5.
Viele gewonnene Erkenntnisse
Das war er nun, Teil 1 des Starts der neuen AMD Ryzen 9000 im Desktop. Das Novum dabei ist, dass die kleinste Garde den Anfang macht. Das ist durchaus mal ein guter Ansatz, denn diese Prozessoren gehen in der Regel im Schatten der Flaggschiffe ein wenig unter, wenngleich er bei AMD dieses Mal aus der Not heraus geboren wurde.
Apropos Not: Es war der holprigste Start, den AMD seit vielen Jahren hingelegt hat. Nicht nur der offizielle Rückruf, sondern auch hinter den Kulissen ging es drunter und drüber und ließ Mainboard-Hersteller Nachtschichten schieben, um die Updates in die BIOS-Versionen einzupflegen. Schon vor Wochen merkte die Redaktion an, dass der Start von Zen 5 gefühlt übereilt ist. In den letzten Tagen verdeutlichte sich, wie sehr das doch der Wahrheit entspricht.
Viele Gerüchte enthielten (ein wenig) Wahrheit
Rückblickend lässt sich auch einsortieren, was an Informationen vorab gestimmt hat und was widerlegt wurde, nur um doch irgendwie zumindest zum Teil der Wahrheit zu entsprechen.
Ganz vorn geht dabei das am 24. Juli publizierte Gerücht, dass AMD am AGESA arbeiten muss, um Speicherprobleme zu beheben. Dies wurde zwar halb offiziell widerlegt, heute lässt sich aber sagen, dass dies ganz klar der Fall war und noch immer ist. Seit Zen 1 war kein Start von AMD in dem Bereich mehr so schlecht. Dass einige Module gar nicht erst laufen wollten und so flott fünf BIOS-Updates binnen einer Woche kamen, verdeutlicht dies. Die Redaktion nutzte mehrere Mainboards, je nach Speichermodul gab es extreme Probleme. Jedes aktuellere BIOS löste sie dann ein wenig mehr. Zum geplanten Starttermin am 31. Juli wäre das ein Desaster geworden. Nun haben mehr Zeit und der Input vieler Tester das Problem für den Kunden zum großen Teil gelöst, weitere Updates dürften allerdings folgen.
Einordnen lassen sich nach den Tests der AMD Ryzen 7 9700X auch die Gerüchte zu der möglicherweise höheren TDP. Frühe AGESA-Versionen gepaart mit schlechter Speicherunterstützung ließen das Modell nämlich schnell in einer Vielzahl von Tests hinter dem Vorgänger rangieren. Im Test zeigte sich der Grund: Der Durchschnittstakt ist viel geringer, die CPU hängt immer am niedrigen PPT-Limit. Ein höheres Limit würde alle diese Probleme sofort beseitigen und man müsste den Kunden nicht erklären, warum ein Ryzen 7 7700X schneller ist als ein 9700X. Unterm Strich ist das heute im Durchschnitt nicht mehr so – in einigen Anwendungen schon. Es muss aber eben stets auf den TDP-Umstand verwiesen werden, was jedoch im Alltag oft nicht der Fall ist. Dennoch hätte ein Wert in der goldenen Mitte, sei es bei 95 Watt, diese CPU immer noch viel effizienter, aber auch deutlich schneller gemacht und alle möglichen Unstimmigkeiten sofort in Luft aufgelöst.
Zu viele (falsche) Benchmarks wecken falsche Erwartungen
Auch der zuletzt wiederholt auftretende Fakt, dass Hersteller ihre Produkte in Präsentationen vorab viel zu schön darlegen, hat bei AMD erneut voll zugeschlagen. Die IPC-Rechnung geht auf, doch was vom Hersteller in Richtung eigener X3D-Lösungen oder Intels Core-CPUs sowohl in Spielen als auch Anwendungen behauptet wurde, entspricht nicht mal ansatzweise der Realität. Bei vielen dieser Aspekte konnten sich Beobachter vorab bereits an zwei Fingern abzählen, dass sie unmöglich stimmen können – und exakt so ist es auch gekommen.
Mehr TDP/PPT wird den beiden großen CPUs helfen
Mit den Erkenntnissen im Gepäck lässt sich aber optimistisch auf die beiden großen CPUs der Serie Ryzen 9000 blicken. vor allem das Flaggschiff mit 16 Kernen und 230 Watt PPT dürfte sehr gut performen. Der 9700X mit geöffneter PPT hat dies bereits durchblicken lassen, pro CCD ist die zur Verfügung stehende Leistung beim Flaggschiff auf dem Papier ganz ähnlich. Da der Vorgänger Ryzen 9 7950X allerdings mit gleicher TDP unterwegs war, dürfte das so oder so eine klare Angelegenheit sein – zu einem Preis von 649 US-Dollar. Der Zwölfkerner hingegen wird wie zuletzt einen vermutlich schweren Stand haben. Hier wurde auch die TDP abgesenkt, er wird also einige der Probleme der kleinen CPUs aufweisen. Immerhin wird er deshalb für nur 499 US-Dollar in den Handel gehen. Mehr dazu in einer Woche!
ComputerBase hat den Ryzen 5 9600X und den Ryzen 7 9700X von AMD zum Testen erhalten. Die Prozessoren wurden unter NDA zur Verfügung gestellt. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.
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