Apple: Eigenes Modem entwickelt sich langsam zum Prestigeobjekt
Apples Arbeiten an einem eigenen Mobilfunkmodem, um die Chips von Qualcomm loszuwerden, ziehen sich in die Länge und haben immer noch kein fertiges Produkt zu Tage gefördert. Die Entwicklung sei äußerst langfristig angesetzt, heißt es aus Branchenkreisen, und könnte letztlich nicht viel mehr wert sein als die eigene Fertigung.
Seit 2018 arbeitet Apple an eigenen Modems, um keine Lizenzen mehr an Qualcomm zahlen zu müssen. Aus San Diego erwirbt das Unternehmen aktuell noch Snapdragon-Modems, nachdem sich beide Konzerne bis zum April 2019 aufgrund von Patentstreitigkeiten in den Haaren lagen. Zwischenzeitlich waren (schlechtere) Modems von Intel im iPhone verbaut, das alte Modemgeschäft von Intel hat sich Apple schließlich einverleibt und ist rund um San Diego und Qualcomm immer wieder auf Talentsuche. Das Abkommen lief zunächst bis inklusive 2026, zuletzt wurde es bis März 2027 verlängert.
Eigenes Modem zuerst in Nischenprodukten
Apple will weg von Qualcomm, nicht weil deren Lösungen etwa schlecht sind, sondern weil sie Apple viel Geld kosten und am Ego zu kratzen scheinen, da man den zweitwichtigsten Chip im Smartphone nach dem Hauptprozessor (noch) nicht selbst bereitstellt. Apple spiele ein „modem long game“, heißt es in einem aktuellen Bericht von Bloomberg, eingeführt werden sollen die eigenen Mobilfunkprozessoren frühestens kommendes Jahr, jedoch zunächst in Nischenprodukten. Denkbar ist ein Einsatz im iPad, in der Apple Watch oder im kommenden iPhone SE. Im wichtigsten Produkt des Jahres 2025 mit Mobilfunk, dem „iPhone 17“, dürfte allerdings weiterhin Qualcomm zum Zug kommen.
Hintergründe der späten Markteinführung seien mehrere Rückschläge in den letzten Jahren der Entwicklung. Apple habe dem Bericht zufolge sowohl mit der Leistung als auch mit einer Überhitzung der Chips Probleme gehabt. Nicht ohne Grund erklärte der Leiter des Apple-Silicon-Teams, Johny Srouji, letztes Jahr im Interview mit CNBC, dass Modems „extremely difficult to do“ seien. Also greift man notgedrungen weiterhin zu Qualcomm.
Qualcomm muss man erst einmal schlagen
Ein eigenes Modem kann durchaus als Prestigeobjekt von Apple bezeichnet werden. Milliarden US-Dollar seien bereits in das Vorhaben geflossen, doch sei es für Kunden letztlich überhaupt nicht relevant, welche Modems in ihren Smartphones arbeiten, soll intern bei Apple eingeräumt worden sein. Letztlich erlaubt das Projekt dem Unternehmen in erster Linie zu erklären, dass es die wichtigsten Komponenten des iPhone selbst entwickelt hat. Die erfolgreiche Fertigstellung des Modems sei mehr für das Marketing von Apple als für das Erlebnis beim Kunden in der Hand relevant, erklärt Bloomberg.
Mobilfunk ist zudem ein derart kritischer Bereich, dass Kunden eine gleichbleibende Leistung mit Apple- statt Qualcomm-Modem vermutlich nicht bemerken, eine schlechtere Leistung aber sofort auf Apple schieben würden. Qualcomms Modems gelten in der Branche als Klassenprimus mit höchster Leistung und Effizienz. Die Chips müssen global mit einer Reihe von Geräten, Frequenzbändern und Netzbetreibern getestet und optimiert werden. Qualcomm geht davon aus, dass Apple auch nach März 2027 noch gewisse Lizenzgebühren zahlen muss, da sich nach Ansicht des Unternehmens kein eigenes Produkt ohne Verletzung des Patentpools von Qualcomm entwickeln lasse.
Apple könnte langfristige Ziele haben
Die Vorteile eines eigenen Apple-Modems sind abseits kurzfristiger finanzieller Aspekte deshalb nur eingeschränkt am Horizont zu erkennen. Apple könnte durch die Maßnahme mehr Freiheiten beim Hardware-Design der eigenen Produkte erhalten. Auch ein umfassender, Mobilfunk, Wi-Fi und Bluetooth abdeckender Chip sei ein langfristig angesetztes Ziel von Apple. Bloomberg bringt zudem erneut ein vollständig integriertes SoC ins Spiel, das Hauptprozessor und Konnektivität in einem einzelnen Chip vereint.