Gamescom

Lost Records: Bloom & Rage: Neues Don't-Nod-Spiel ist wie Life is Strange ohne Strange

Fabian Vecellio del Monego
60 Kommentare

Im Februar 2025 erscheint mit Lost Records: Bloom & Rage das nächste narrative Einzelspieler-Abenteuer von Don't Nod, des Entwicklers von Life is Strange. Im Rahmen der Gamescom wurde der bereits zum Summer Game Fest angekündigte Titel breiter vorgestellt. ComputerBase konnte eine Preview-Version des Spiels anspielen.

Ein neues Universum von Don't Nod

Mit Lost Records will Don't Nod ein neues Spiele-Universum begründen; Bloom & Rage ist entsprechend als erster Teil der Reihe gedacht. Die Arbeiten am Titel laufen beim erst im Mai 2020 gegründeten zweiten Entwicklerteam Don't Nods im kanadischen Montréal. Es zeichnet folglich nicht exakt dasselbe Team verantwortlich, das ursprünglich Life is Strange entwickelt hat; Mitglieder des ehemaligen LiS-Teams sind aber involviert. Das bei Lost Records Parallelen zu Don't Nods bisher größtem Erfolg erkennbar sind, ist also keineswegs verwunderlich.

Seit der Ankündigung gab es zwei Trailer zum Spiel, ins Detail gingen diese aber nicht. Zur Gamescom ändert sich das jetzt. Schon im Vorfeld der Messe konnte die Redaktion einen ersten Blick auf Lost Records: Bloom & Rage werfen – oder zumindest eine frühe Preview-Demo auf Basis der Alpha-Version, denn fertig ist das Spiel noch nicht.

Zeitreise in die Vergangenheit

Worum geht es also? Lost Records: Bloom & Rage erzählt die Geschichte von vier Frauen, die ihre Jugend im Sommer des Jahres 1995 in enger Freundschaft verbracht haben. Damals kam es aber zu einem mysteriösen Ereignis, das die Gruppe dazu einvernehmlich veranlasst hat, fortan getrennte Wege zu gehen. Rund 27 Jahre später steht jetzt jedoch die Wiedervereinigung an: Eine von ihnen hat ein geheimnisvolles Paket erhalten, das in Verbindungen mit den Ereignissen von 1995 zu stehen scheint. Die zu Beginn des Spiel aufgeworfene Leitfrage lautet dementsprechend: Was ist damals passiert?

Die Preview-Fassung löst dieses Rätsel noch nicht auf, so viel sei vorweggenommen. Spieler schlüpfen in die Haut von Swann, einer der vier Freunde, und finden sich in ihrem Schlafzimmer wieder. Dort gibt es viel zu entdecken und inspizieren; diverse Objekte lassen sich anschauen, hochheben, in der Hand drehen und von Swann kommentieren. Wer ein Life is Strange gespielt hat weiß: Don't Nod greift auf diese Mechaniken üblicherweise zurück, um Charaktere nebenläufig vorzustellen und aufzubauen. Lost Records: Bloom & Rage ist da keine Ausnahme; der Einstieg gestaltet sich entsprechend vertraut.

Eine neue Funktion ist wiederum der Camcorder. Spieler können Objekte nicht nur inspizieren, sondern optional auch aufzeichnen. In einer Art Tutorial wird ein Video von Swanns Katze erstellt und von der Protagonistin beim Abspielen kommentiert. Auf diese Art und Weise werden Memoiren angelegt, die wiederum Raum für Nebenquests geben: „Filme 15 Vögel“ ist eines der ersten Beispiele. Die Mechanik hat ihren Charme, hier bleibt allerdings die Frage, wohin Don't Nod mit dem Camcorder-Feature will; eine tiefere Bedeutung für die Handlung bleibt vorerst ungewiss.

Sprünge zwischen zwei Zeitlinien

In einer weiteren Szene treffen sich die vier Mädels in einer Garage; eine Band-Probe steht an. Die Handlung wird über Dialoge vorangetrieben, in denen für heranwachsende Menschen übliche Themen aufgegriffen werden. Zeitgleich lassen sich in der Garage diverse 90er-Artefakte entdecken: Alte Spielkonsolen, VHS-Kassetten und jede Menge weiterer Nostalgie-Kitsch. Spannung kommt dabei nicht auf, das Loch wird aber von einer ausgelassenen Feel-Good-Atmosphäre und einem tollen Dialogsystem gefüllt.

Denn bei diesem kann Lost Records: Bloom & Rage glänzen: Mit einer flüssigen Abfolge der einzelnen Audioschnipsel, die weniger abgehackt und künstlich erscheint als in früheren respektive vergleichbaren Produktionen, weiß die Preview zu gefallen. Auch ist es möglich, sich im Rahmen gemütlicher Quick-Time-Events mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten in die Gespräche einzuhaken. Don't Nod spricht von „nie dagewesener Immersion“: Die möglichen Antwort­­möglichkeiten verändern sich, je nachdem, wohin die Blicke der Spielfigur fallen. Dabei haben Spieler die Wahl, ob sie andere Charaktere ignorieren, ihnen bloß zuhören oder sie unterbrechen – das hat sich beim Anspielen tatsächlich sehr natürlich angefühlt.

Dann kommt der Clou: Aus der Vergangenheit geht es plötzlich in die Gegenwart; die soeben gespielte Szene ist Gegenstand des Gesprächs der ersten beiden zur Wiedervereinigung eingetroffenen Frauen. Spieler sind in Lost Records: Bloom & Rage in beiden Zeitlinien aktiv und müssen über Dialoge jeweils Entscheidungen treffen, die sich durchaus auf beide Handlungsstränge auswirken können. Dieses System liefert in der Theorie zahlreiche Möglichkeiten für umfassend verstrickte Geschichten und Verzweigungen – inwiefern dieses Potenzial vom Spiel aber umgesetzt wird, bleibt abzuwarten; Don't Nod hat hier aber bekanntlich Erfahrung.

Fragezeichen bei Magie und Technik

Ein weiteres Fragezeichen betrifft das Vorhandensein von Magie. Zum Ende der Preview-Demo spazieren die Mädels durch den Wald und drehen ein amateurhaftes Musikvideo. Als sie dieses wenig später ansehen, entdecken sie auf der Aufnahme eine mysteriöse Überraschung. Worum es geht? Das bleibt vorerst unbekannt; die Preview und ebenso der neue Trailer enden hier. Die Szene vermittelt durchaus den Eindruck, auch Lost Records bietet wie Life is Strange eine gewisse Portion Soft Magic, bewiesen ist das aber nicht. Und selbst wenn: Von magischen Fähigkeiten, wie sie die LiS-Protagonisten besitzen, war in Lost Records: Bloom & Rage bislang nicht die Rede.

Die Technik des Spiels lässt sich vorab nur schwerlich einordnen, schließlich handelt es sich beim präsentierten Inhalt um eine Alpha-Fassung. Vieler Baustellen sind sich die Entwickler bewusst; etwa bei Leistungsproblemen, Animationen oder der Synchronisation. Eine Aussagekraft auf das fertige Spiel besteht hier also nicht. Allerdings kann konstatiert werden, dass Lost Records: Bloom & Rage im Jahr 2025 keine grafischen Maßstäbe setzten wird – das Spiel sieht eben aus wie ein typischer Don't-Nod-Titel; eine Evolution nach Life is Strange 2 und Tell me Why. Durchaus hübsch, Spieler sollten aber keinen Meilenstein erwarten.

Erster Eindruck

Am Ende der rund einstündigen Preview-Fassung bleibt der Eindruck: Das spielt sich wie ein Life is Strange ohne Strange. Dieses Fazit muss keinesfalls negativ sein; eine gute Handlung und interessante Charaktere können freilich auch ohne magische Fähigkeiten und Phänomene eine tolle und mitreißende Geschichte erzählen. Im Fall von Lost Records: Bloom & Rage wird diese aller Voraussicht nach unter anderem von ihrem Retro-Setting leben. Wer seine Jugend selbst in den 90er-Jahren verbracht hat und Lust auf eine nostalgische Zeitreise hat, wird bedient.

Und wer bestenfalls Gefallen an Life is Strange, Tell me Why und ähnlichen Spielen gefunden hat, wird an Lost Records mit hoher Sicherheit ebenso Gefallen finden: Hätte Don't Nod dieses Spiel als „Life is Strange 3“ angekündigt, hätte das wohl erst einmal niemand hinterfragt, den potenziellen Magie-Unterschied einmal außen vor gelassen.

Lost Records: Bloom & Rage erscheint gestaffelt ab dem 18. Februar 2025; dann steht Tape 1 an. Tape 2 erscheint einen Monat später am 18. März. Geplant sind Versionen für den PC via Steam sowie für PlayStation 5 und Xbox Series X/S. Es wird lediglich eine englische und französische Sprachausgabe geben; die Textausgabe ist aber vollständig auf Deutsch verfügbar.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Don't Nod unter NDA erhalten. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungs­zeitpunkt.

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