KI-Blase vor dem Platzen?: Warum Big Tech weiter Milliarden in die KI-Infrastruktur investiert
Der AI-Hype hat die Tech-Branche überrollt, die Zweifel werden aber immer lauter. Kritiker warnen: Was sich derzeit bildet, ist eine Blase, die bald platzt. Dennoch plant Big Tech weitere Investitionen von 100 Milliarden US-Dollar und mehr in die AI-Infrastruktur. Warum das so ist, analysiert ComputerBase.
Angst vor der AI-Blase
Es war kein guter Dienstag für Nvidia: Am 3. September gab der Aktienkurs um rund zehn Prozent nach, so viel wie seit Jahren nicht mehr. Angesichts des aktuellen Börsenwertes des Chip-Entwicklers bedeutet dieser Rückgang einen Kursverlust in Höhe von fast 300 Milliarden US-Dollar. Die Zahl ist eigentlich absurd, aufschreckend wirkt sie allerdings nicht. Zu nervös ist der Markt derzeit, vor allem das Vertrauen in die Tech-Branche fehlt. Schon am 5. August – mal wieder ein schwarzer Montag – verzeichneten allein Apple, Microsoft, Nvidia, Meta, Google, Amazon und Tesla – die aktuell unter dem Titel „Magnificent 7“ laufen – einen Kursverlust in Höhe von 600 Milliarden US-Dollar.
Allgegenwärtig ist nunmehr eine Sorge: Die AI-Blase könnte platzen. Es sind nicht nur die extrem hohen Marktwerte von Konzernen wie Microsoft und Nvidia, die (zeitweise) die Marke von 3 Billionen US-Dollar knackten. Sondern vor allem auch die enormen Investitionen, bei denen immer mehr Zweifel bestehen, wann und ob diese sich jemals refinanzieren. 100 Milliarden US-Dollar und mehr, die Big-Tech-Konzerne wie Microsoft in Rechenzentren-Projekte stecken wollen, sind mittlerweile keine Ausnahme mehr.
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Man befinde sich in „bubble land“, lautete daher auch die Warnung des Hedgefonds Elliott Management in einem Investoren-Schreiben, aus dem die Financial Times zitierte. Das gelte auch für Nvidia, guter Quartalszahlen zum Trotz. Zuletzt kam man bei einem Umsatz von 30 Milliarden US-Dollar auf 16 Milliarden US-Dollar Nettogewinn.
Google-Desaster und mehr: Viele AI-Apps noch nicht marktreif und überbewertet
Elliott geht aber nicht davon aus, dass Nvidia den Chip-Absatz halten kann. AI sei demnach „überbewertet und viele Anwendungen noch nicht bereit für den regulären Einsatz“, es existierten zu viele Probleme. Diese beschränkten sich nicht nur auf die Kosten und den Energieverbrauch, generative KI als solches sei zu fehleranfällig und arbeite nicht zuverlässig genug.
Solche Aussagen lassen sich kaum von der Hand weisen. Wenn man sich derzeit anschaut, wie sich AI-Tools im Alltag schlagen, hakt es an vielen Stellen. Der Start von Googles generativer AI-Suche im Mai war etwa ein komplettes Desaster.
Elliott sind derweil nicht die einzigen, die auf die Bremse treten. „In den letzten zwölf Monaten ist so viel Geld in Technologie- und Halbleiterwerte geflossen, dass der Handel völlig verzerrt ist“, sagte Todd Sohn, ETF-Analyst bei Strategas Securities, dem Spiegel.
Lukrative Aussichten, aktuell vor allem hohe Kosten
Nur fließt das Geld nicht ohne Grund. Zu vielversprechend sind die Aussichten, die Assistenten wie ChatGPT schon heute bieten. Präsentationen wie die von OpenAIs neuem Sprachmodus, der authentisch wirkende Gespräche in Echtzeit ermöglicht, lassen erahnen, was in Zukunft möglich sein könnte. Digitale Alltagsassistenten, die tatsächlich helfen, wirken nicht mehr wie Fantasieprodukte.
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Technisch existieren also Perspektiven, die vielversprechend sind. Blickt man auf die Warnungen im Detail, sind es derzeit vor allem die fehlenden Einnahmen, die Anleger beunruhigen. Die Kosten für Entwicklung und Betrieb der Modelle sind hoch, die Gewinnmargen jedoch zu gering – wenn überhaupt etwas verdient wird. Eines der prominenten Beispiele ist Microsofts GitHub Copilot: Für diesen zahlten die Nutzer Ende 2023 rund 10 US-Dollar pro Monat an Abo-Gebühren, die Kosten für Microsoft sollen sich pro Nutzer zu dieser Zeit aber auf rund 30 US-Dollar belaufen haben. OpenAI steht Berichten zufolge nicht besser da, 2024 wird ein Verlust in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Kern mangelt es AI derzeit also vor allem an einem tragfähigen Geschäftsmodell.
Zweifel bei den Einnahmen: Wann wird (genug) Geld verdient?
Wie hoch die Einnahmen überhaupt sein müssen, lässt sich indes nur schwer beziffern. 600 Milliarden US-Dollar pro Jahr war ein Betrag, der vor einigen Monaten in den Medien kursierte. Diese Zahl stammt von Sequoia-Analyst David Cahn. Er nutzt die Umsatzprognose von Nvidias Rechenzentrumssparte als Grundlage, die er bis Ende 2024 auf 150 Milliarden US-Dollar schätzt. Um die Energiekosten und weitere Ausgaben in Rechenzentren einzupreisen, verdoppelt Cahn den Betrag. Weil die Kunden wie Tesla, OpenAI oder Starbucks ebenfalls eine Gewinnmarge erzielen müssen – die er auf 50 Prozent beziffert –, verdoppelt sich der Betrag nochmals. So kommt Cahn am Ende auf die 600 Milliarden US-Dollar, die eingenommen werden müssten.
Holzschnittartig bei der Herangehensweise, ermöglicht eine solche Berechnung zumindest, ein Gespür für die Größenordnungen zu bekommen. Denn diese stehen im Kontrast zu den prognostizierten Einnahmen. Laut einer Analyse der Marktforscher von IDC soll AI-Plattform-Software bis zum Jahr 2028 durchschnittlich um 40,6 Prozent pro Jahr wachsen, der Umsatz erreicht damit aber auch 2028 lediglich 153 Milliarden US-Dollar. AI-Dienste wären dann mit rund zehn Prozent Anteil weiter nur ein vergleichsweise kleiner Bereich des Cloud-Geschäfts.
Nur betrifft AI nicht nur die Cloud-Dienste, sondern soll ja sämtliche Branchen befeuern. Auf volkswirtschaftliche Modellrechnungen stützt daher die Investmentbank Goldman Sachs in einem Report, der Ausblick ist aber ebenfalls nicht sonderlich positiv. Verglichen werden dort Prognosen verschiedener Wirtschaftswissenschaftler. Optimistischere – wie die ursprüngliche von Goldman Sachs – sagen etwa voraus, dass generative KI in den USA in den kommenden zehn Jahren die Produktivität um rund 9 Prozent erhöht, was zu einem BIP-Wachstum von 6,1 Prozent führt.
In welchen Branchen ChatGPT und Co. bereits verwendet werden
Produktivere Arbeitsprozesse sind eines der Versprechen, mit dem Big Tech die modernen Assistenten vermarktet. Prozesse automatisieren, indem Systeme wie Copilot Aufgaben komplett oder in Teilen übernehmen, einfacheres Verfassen von (Mail-)Texten, einfacheres Planen von Meetings und Projekten – die Palette an dem, was möglich sein soll, ist lang. Unklar ist aber nach wie vor, was tatsächlich möglich ist. Skeptischer fällt daher auch die Prognose des MIT-Ökonomen Daron Acemoglu aus, er rechnet für die USA in den kommenden zehn Jahren mit einem Produktivitätsplus von 0,5 Prozent sowie einem BIP-Plus von knapp 1 Prozent.
Der grundsätzliche Einwand von Acemoglu: Allzu viel lässt sich mit KI vorerst nicht automatisieren. „Viele Aufgaben, die Menschen momentan erledigen – zum Beispiel in Bereichen wie Transport, Produktion, Bergbau, usw. –, sind vielschichtig und benötigen eine Interaktion mit der realen Welt, bei der KI auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, diese wesentlich zu verbessern“, so der MIT-Ökonom im Interview. Kostenersparnisse durch AI, die in manchen Studien auf bis zu 60 Prozent beziffert werden, hält er daher auch für überzogen. Er geht selbst von rund 30 Prozent aus, weil die positiven Prognosen vor allem Branchen untersuchten, in denen generative AI-Tools jetzt schon weit verbreitet sind – also etwa beim Programmieren.
Was Acemoglu erklärt, bestätigen die bisherigen Nutzungsstatistiken. ChatGPT verwenden bei der Arbeit vor allem Software-Entwickler, Mitarbeiter im Marketing und IT-Support sowie Journalisten, zeigt eine Studie der University of Chicago aus dem Mai, die auf einer Umfrage aus Dänemark mit 100.000 Teilnehmenden basiert. Die Daten wurden zwischen November 2023 und Januar 2024 gesammelt. Welche Berufsgruppe vorne liegt, unterscheidet sich je nach Fragestellung. Der Trend ist aber klar: Es profitieren Branchen, die viel mit Text oder Code arbeiten. Nur ist das nicht die Masse. „Bislang hat die Technologie praktisch keinen ökonomischen Einfluss“, lautet daher auch das Fazit des Economist.
Warum Big Tech weiter investiert?
Wieso hält Big Tech also am KI-Kurs fest, wieso werden weiter Investitionen in zweistelliger Milliarden-Höhe verkündet, wenn die Aussichten so ungewiss sind? Warum nicht abwarten? Allein in diesem Jahr investieren die Big-Tech-Konzern laut einem Bericht der Financial Times mehr als 100 Milliarden US-Dollar in die AI-Infrastruktur.
- OpenAI-Chef Sam Altman bildet Koalition für Infrastruktur-Projekte, zu denen neben den Rechenzentren noch Chipfabriken und Kraftwerke für die Energieversorgung zählen.
- Microsoft plant Medienberichten zufolge neue Rechenzentren und mit Stargate einen Supercomputer, der mehr als 100 Milliarden US-Dollar kosten soll.
- Amazon kündigte ebenfalls an, Investitionen in Höhe von 150 Milliarden US-Dollar bis 2024 in Rechenzentren zu stecken.
- Meta erklärte bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen, man wolle die Ausgaben in 2025 nochmals deutlich erhöhen.
Diese Liste ließe sich fortsetzen.
Dass man womöglich über das Ziel hinausschießt, räumen mittlerweile auch die Tech-Barone öffentlich ein. Meta-Chef Mark Zuckerberg erklärte Anfang August im Podcast von Emily Chang: „Ich denke, dass es eine große Chance gibt, dass zahlreiche Unternehmen jetzt zu viel aufbauen und dann zurückblicken und sagen: ‚Oh, wir haben womöglich einige Milliarden US-Dollar mehr ausgegeben als nötig.‘“
Lieber ein paar Milliarden zu viel ausgeben als den Anschluss zu verpassen
Für Zuckerberg ist das aber das kleinere Übel. Bei der Vorstellung der Quartalszahlen am 31. Juli sagte er im Analysten Call, dass neue Modelle wesentlich mehr Rechenpower benötigten. Für Llama 4 soll es fast zehnmal so viel wie für Llama 3 sein. Wann sich diese Entwicklung rentiere, sei jedoch schwer abzuschätzen. Weil Infrastrukturprojekte aber so eine lange Laufzeit haben, müsse man Risiken in Kauf nehmen. „Denn der Nachteil eines Rückstands ist, dass man bei der wichtigsten Technologie der nächsten 10 bis 15 Jahre [AI] hinterherhinkt“, so Zuckerberg im Podcast.
Allein steht Zuckerberg mit dieser Einschätzung nicht. Wie CNBC berichtet, erklärte auch Google-Chef Sundar Pichai, es sei wesentlich riskanter, jetzt zu wenig zu investieren und dann technologisch in Rückstand zu geraten. Auch bei Microsoft heißt es nun, es könne etwas länger als erwartet dauern, bis die Investitionen sich auszahlen, meldet Reuters. Aussetzen will man diese aber nicht.
Was die Tech-Konzerne antreibt, ist also die Angst, den Anschluss zu verpassen Fear of Missing out – nur im Gigantomanie-Maßstab. Alle wollen beim nächsten Big Thing die Führungsposition einnehmen. Zu verlockend sind die Aussichten auf enorme Gewinne, die ins Haus stehen, wenn man etwa in Investment-Banken die Analysten und das Junior-Level praktisch komplett durch AI-Dienste ersetzen könnte. Selbst wenn es nur eine mittel- bis langfristige Perspektive ist, diese Märkte kann man nicht der Konkurrenz überlassen.
Unbegründet ist die Sorge vor einem Rückstand ohnehin nicht. Die digitale Ökonomie tendiert zu Monopolen. Wer sich einmal als Platzhirsch etabliert, kann über Jahre und Jahrzehnte mit garantierten Einnahmen rechnen, ohne die Konkurrenz allzu sehr fürchten zu müssen.
- Google etablierte sich rund um das Jahr 2000 als führende Suchmaschine, der Marktanteil liegt bis heute bei rund 90 Prozent. Und diese dominante Position ermöglichte den Aufbau des Geschäfts mit Online-Werbung, das den Konzern bis heute trägt. 80,5 Milliarden US-Dollar Umsatz verzeichnete man im 1. Quartal 2024, davon stammten 61,6 Milliarden US-Dollar aus Googles Werbe-Sparte. Das größte Risiko ist weniger die Konkurrenz – Microsoft gesteht im Prinzip selbst ein, dass man hoffnungslos zurückliegt –, sondern die Kartellverfahren in den USA.
- Ähnlich dominant wie Googles Rolle im Suchmaschinengeschäft ist die Position von Apple und Google bei den Appstores. Vor allem Apple steht im Fokus. Über das App-Store-Ökosystem sollen mittlerweile mehr als 1 Billion US-Dollar pro Jahr erwirtschaftet werden. Apple selbst gibt an, dass nur bei rund zehn Prozent dieser Umsätze auch die berüchtigten Gebühren – Apples sogenannten 30-Prozent-Steuer – fällig werden. Lukrativ ist das App-Store-Ökosystem aber ohnehin schon deshalb, weil der Konzern so die Spielregeln bestimmen kann. Wirkliche Gefahr droht hier (erneut) nur von den Regulierungsbehörden, in diesem Fall ist es vor allem die EU mit dem Digital Markets Act (DMA). Aber auch die amerikanischen Wettbewerbshüter ermitteln mittlerweile.
- Im Gaming-Bereich ist Steam als Plattform dominierend. Das gilt nicht nur für ComputerBase-Leser, sondern auch generell. Profiteur ist der Betreiber Valve. Der Entwickler gilt als Tech-Unternehmen, das den höchsten Gewinn pro Mitarbeiter einfährt.
Gewinne im Überfluss: Microsoft, Google und Co. haben die Mittel
Investieren ist also der Mittel der Wahl, um beim AI-Zug mit an Bord zu sein. Der Vorteil der Big-Tech-Konzerne ist zudem: Selbst wenn die Summen riesig sind, kann man es sich leisten. Zu groß sind die Gewinne, die die Konzerne quartalsweise mit dem Alltagsgeschäft einfahren.
Umsatz | Gewinn | |
---|---|---|
Amazon | 604,33 Mrd. US-Dollar | 56,85 Mrd. US-Dollar |
Apple | 385,6 Mrd. US-Dollar | 121,62 Mrd. US-Dollar |
328,28 Mrd. US-Dollar | 101,82 Mrd. US-Dollar | |
Meta | 149,78 Mrd. US-Dollar | 60,64 Mrd. US-Dollar |
Microsoft | 245,12 Mrd. US-Dollar | 107,78 Mrd. US-Dollar |
Quelle: Companies Market Cap |
So ist es auch möglich, 100 Milliarden in einen Stargate-Supercomputer zu stecken. So kann Meta pro Jahr mehr als 10 Milliarden US-Dollar in die AI-Infrastruktur investieren, nachdem man schon zuvor Unsummen mit dem Metaverse verbrannt hat. So kann Google es sich leisten, unzählige Projekte zu starten, nur um sie einige Jahre später wieder einzustellen. Die obszönen Gewinne – Plattformer-Journalist Casey Newton spricht von Monopoly-Profiten – ermöglichen Risiko-Investitionen in einem solchen Ausmaß, ohne wirklich ins Risiko gehen zu müssen. Sequoia-Analyst David Cahn spricht von einem eskalierenden Wettstreit, in dem es vor allem um Geschwindigkeit geht:
We are now in a cycle of competitive escalation between three of the biggest companies in the history of the world, collectively worth more than $7T. At each cycle of the escalation, there is an easy justification—we have plenty of money to afford this.
David Cahn
Wie plausibel ist der Crash?
Wenn Konzerne bei vagen Erfolgsaussichten massiv investieren, ist der Gedanke naheliegend, dass die Blase auch platzen könnte. Die Frage ist nur, wie wahrscheinlich so etwas ist. Im Kern sind es zwei Entwicklungen, die den AI-Hype beenden können:
- Big Tech gelingt es selbst trotz massiven Investments nicht, Geschäftsmodelle zu etablieren.
- Die technische Entwicklung stößt an Grenzen. Laut Kritikern würde man das jetzt schon erkennen.
Angesichts der finanziellen Rücklagen von Microsoft und Co. erwarten Branchenbeobachter wie Casey Newton in erster Linie das Platzen einer Startup-Blase. So wie sich der Markt derzeit entwickelt, wird es für diese immer schwieriger, sich ohne Premium-Partner zu etablieren. Bei OpenAI ist es Microsoft, zudem knüpft man Kontakte zu Apple. Gemini stammt ohnehin von Google. Anthropic arbeitet sowohl mit Google als auch mit Amazon zusammen. Hinzu kommt eine „Übernahme“-Strategie, bei der Konzerne nicht die Startups kaufen, sondern die Technologie und das Personal übernehmen. Was zurückbleibt, ist – wie etwa im Fall von Inflection – nicht mehr als eine leere Hülle.
Angesichts der Kosten, die mit der generative AI-Entwicklung einhergehen, könnte also vor allem Startups die Luft ausgehen. So etwas würde aber vor allem Big Tech in die Karten spielen. Dass Microsoft und Co. ins Straucheln geraten, ist hingegen unwahrscheinlich. Selbst Fehlschläge im zweistellige Milliarden-Bereich kann man verschmerzen, wie Metas Metaverse-Abenteuer eindrücklich zeigt.
Ungewohnt wäre so eine Entwicklung indes nicht. In der Tech-Branche ist es sogar der Normalfall, dass es Jahre dauert, bis man Profite erwirtschaftet. Newton verweist auf Amazon und Uber. Die Plattformen brauchten neun und 15 Jahre, bis sie erstmals Gewinne erzielten. Ebenso gewöhnlich sei es, dass Startups scheitern. Das sei Teil des Venture-Capital-Lebenszyklus, so Newton.
Wie schnell kommt technologische Entwicklung voran?
Kontrovers diskutiert wird indes die Entwicklungsgeschwindigkeit der generativen AI-Dienste. Eine der Thesen: Selbst OpenAI und Co. haben eine Grenze erreicht, große Sprünge wären vorerst nicht zu erwarten. Eines der Argumente ist das lange Warten auf GPT-5 oder ein Modell, das als großer Sprung interpretiert wird.
Was in der Wahrnehmung außer Acht bleibt, sind Entwicklungen, bei denen der Fortschritt nicht direkt ins Auge sticht. Google DeepMind hat mit AlphaProof und AlphaGeometry 2 zwei Modelle entwickelt, die deutliche Fortschritte im Bereich Mathematik erreichen. OpenAI arbeitet mit Strawberry ebenfalls an einem System, das vor allem Fortschritte bei mathematischen Aufgaben macht. Man setzt also bei den aktuellen Schwachpunkten an. Der Umgang mit Zahlen gilt als eine der größten Baustellen bei der aktuellen Generation. GPT-4o ist zudem deutlich effizienter als die Ur-Variante von GPT-4 – man bekommt dieselbe Leistung also für weniger Kosten, was vor allem für das Firmengeschäft relevant ist.
Was indes länger dauern könnte, ist die Integration in den Alltag. Bis dato hakt es. Laut einer Umfrage unter 2.500 Führungskräften, Beschäftigen und Selbstständigen in den USA gaben 77 Prozent an, dass AI-Tools den Alltag nicht erleichtern. Eher ist das Gegenteil der Fall, berichtet wird von sinkender Produktivität und erhöhter Arbeitslast. Nur: Prozesse in Firmen umzustellen ist komplex. Bei einer SAP-Integration dürfte die Reaktion vermutlich ähnlich ausfallen.
ChatGPT ist noch keine zwei Jahre auf dem Markt. Der Umgang mit generativer AI steht im Prinzip immer noch am Anfang. Voraussichtlich wird es daher noch einige Jahre dauern, bis sich sagen lässt, ob generative AI-Tools erfolgreich sind und sich so etablieren können, wie es etwa bei Cloud-Diensten mittlerweile der Fall ist. Oder ob ein Schicksal wie das der Blockchain und des Metaverse droht: Ein kurzer Hype, dann folgt der Abstieg in die Nische.
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