Gericht der Europäischen Union: AdSense-Milliardenstrafe gegen Google aufgehoben

Michael Schäfer
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Gericht der Europäischen Union: AdSense-Milliardenstrafe gegen Google aufgehoben
Bild: Firmbee | gemeinfrei

Das Gericht der Europäischen Union hat die von der EU-Kommission verhängte Strafe von rund 1,5 Milliarden Euro aufgehoben. Zwar bestätigte das Gericht die meisten Feststellungen der Kommission, wies jedoch darauf hin, dass die Schlussfolgerungen nicht ausreichend begründet wurden.

Google startete 2003 seine Werbeplattform AdSense, darunter auch den Online-Werbevermittlungsdienst AdSense for Search (AFS). AFS ermöglichte es Betreibern von Websites mithilfe von Daten der eigenen Suchmaschine, Anzeigen zu schalten, die zu den Suchanfragen der Nutzer passten. Im Gegenzug erhielten die Betreiber Provisionen. Große Betreiber konnten zudem über das „Google Services Agreement“ (GSA) individuelle Bedingungen mit Google aushandeln. Diese Verträge enthielten jedoch Klauseln, die die Anzeige von Anzeigen der Konkurrenz einschränkten oder sogar untersagten.

Erste Beschwerde vor 14 Jahren

Gegen diese Klauseln reichte 2010 zunächst ein deutsches Unternehmen eine Beschwerde beim deutschen Bundeskartellamt ein, die an die Europäische Kommission weitergeleitet wurde. Zwischen 2011 und 2017 folgten weitere Unternehmen, darunter Microsoft, Expedia und die Deutsche Telekom. Aufgrund dieser Beschwerden leitete die EU-Kommission ein Verfahren gegen Google ein, das sich auf drei Klauseln im GSA bezog. Die Kommission wies darauf hin, dass diese Klauseln Dienste, die mit AFS konkurrieren, ausschließen könnten. 2016 entfernte oder änderte Google schließlich die entsprechenden Klauseln.

Im Jahr 2019 sah es die EU-Kommission als erwiesen an, dass Google von Januar 2006 bis September 2016 seine Marktmacht ausgenutzt habe, indem es seinen Kunden unzulässige Bedingungen auferlegte, die diese benachteiligten. Aus diesem Grund verhängte die EU-Kommission eine Geldbuße von rund 1,5 Milliarden Euro, davon 130 Millionen Euro gesamtschuldnerisch mit der Muttergesellschaft Alphabet.

Kommission konnte Gericht nicht überzeugen

Das Gericht der EU bestätigte in seinem Urteil die Feststellungen der Kommission zwar größtenteils, stellte jedoch ebenso fest, dass diese bei der Beurteilung der Dauer der Klauseln und des betroffenen Marktes im Jahr 2016 Fehler gemacht habe. Diese Mängel führten dazu, dass die Kommission nicht vollständig beweisen konnte, dass Google durchgehend seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und somit gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen habe. Das Gericht äußerte zudem Zweifel, dass die fraglichen Klauseln tatsächlich geeignet waren, den Wettbewerb zu behindern oder Verleger davon abzuhalten, auch mit Konkurrenten Geschäfte zu machen.

Darüber hinaus kritisierte das Gericht, dass die EU-Kommission die Laufzeit der Verträge nicht ausreichend berücksichtigt habe. Viele Vereinbarungen hatten nur eine Laufzeit von wenigen Jahren gehabt, obwohl sie oft mehrfach verlängert wurden. Die Kommission habe sich jedoch auf die durch die Verlängerungen entstandene Gesamtdauer konzentriert, ohne zu prüfen, ob die Verträge anders gestaltet oder einseitig gekündigt werden können.

Das Gericht urteilte weiter, dass die Kommission keine ausreichenden Beweise vorlegen konnte, um nachzuweisen, dass die Klauseln im Jahr 2016 den Markt abschotteten. Ebenso konnte die Kommission nicht belegen, dass diese Klauseln Innovationen verhinderten und Googles dominante Stellung im Bereich der Online-Werbung auf unrechtmäßige Weise gefestigt oder sogar erweitert wurde, was letztlich den Verbrauchern geschadet haben könnte.

Gegen das Urteil des EU-Gerichts kann die Kommission beim Europäischen Gerichtshof Berufung einlegen.

Nicht das einzige Problem

Zusätzlich zu den Problemen mit der EU steht Google auch in den USA unter Druck. Das amerikanische Justizministerium (DOJ) hat ebenfalls eine weitere Kartellklage gegen Google eingereicht, die sich auf das Online-Werbegeschäft und den Vorwurf der Monopolstellung konzentriert. In einem ersten Verfahren wurde festgestellt, dass Google eine marktbeherrschende Position innehat und diese mit unlauteren Mitteln verteidigt und die Konkurrenz im Suchmaschinengeschäft dadurch benachteiligt. Google droht in den USA nun die Zerschlagung.