Glasfaserausbau: Bundesdigitalministerium soll Telekom vor Wettbewerb schützen
Ein Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr soll die Deutsche Telekom beim Glasfaserausbau bevorzugt behandelt haben, berichtet der Tagesspiegel. Weil der Bonner Konzern keine Daten vorlegen musste, wurde der Nachweis eines Missbrauch der Marktmacht erschwert.
Bei dem Fall geht es um den Monitoring-Bericht zum strategischen Überbau. Der Vorwurf lautet, dass die Telekom Glasfaserprojekte in Orten plant oder angekündigt, in denen Wettbewerber bereits tätig sind. Deren Ausbauvorhaben sollen so möglichst ausgebremst werden. Inwieweit es sich um einen systematischen Missbrauch handelt, wollte die Bundesnetzagentur untersuchen.
Wie aus internen Dokumenten der Bundesnetzagentur hervorgeht, die der Tagesspiegel nach einer Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz erhalten hat, soll sich vor allem der Staatssekretär Stefan Schnorr für die Telekom eingesetzt haben. Ursprünglich wollte die Bundesnetzagentur demnach einen deutlich kritischeren Bericht veröffentlichen. Die ersten Entwürfe wurden aber entschärft, unter anderem weil Schnorr laut einem Gesprächsvermerk die Bedenken hatte, die Bundesnetzagentur würde die Telekom „an den Pranger“ stellen.
In einer weiteren Mitschrift heißt es zudem, viele Vorwürfe habe man entkräften können. Die Untersuchung der Bundesnetzagentur ging aber zunächst in eine andere Richtung, die Regulierungsbehörde wollte mit einem förmlichen Auskunftsersuchen auch weitere Daten einfordern, um die Vorwürfe zu prüfen. Diesen Datenabruf soll Schnorr aber ebenfalls verhindert haben, heißt es im Tagesspiegel.
Telekom-Konkurrenz kritisiert Eingriffe aus dem Digitalministerium
Wettbewerber kritisieren die politische Einflussnahme. „Damit schützt das (Bundesdigitalministerium) die Interessen der Telekom, an der der Bund direkt und indirekt immer noch mit knapp 28 Prozent beteiligt ist“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Verbände Anga, Breko, VATM und VKU. So könne die Telekom den Glasfaserausbau fortsetzen und bremse den flächendeckenden Glasfaserausbau weiter aus.
Von Bundesnetzagentur fordert man nun das förmliche Auskunftsersuchen, die Telekom müsse verpflichtet werden, ihre Glasfaser-Ausbauplanung vertraulich bei der Bundesnetzagentur zu hinterlegen. So könne die Bundesnetzagentur schnell und zuverlässig feststellen, ob und in welchen Fällen die Telekom ihre Marktmacht missbraucht habe, um Wettbewerber durch strategischen Doppelausbau zu verdrängen.
Ministerium spricht von einem normalen Vorgang
Das Bundesdigitalministerium versucht derweil, die Lage zu beruhigen. Dass sich das Ressort mit der Bundesnetzagentur „bei mehreren Gelegenheiten und auf verschiedenen Ebenen abgestimmt“ habe, sei im Rahmen der Fachaufsicht keinesfalls ungewöhnlich, sagte ein Sprecher zu Heise Online. Es komme öfters vor, dass Entwürfe angepasst werden.
Der bis dato veröffentlichte Zwischenbericht der Monitoring-Stelle lieferte zwar Hinweise für ein Marktversagen beim Glasfaserausbau. Konsequenzen wurden aber noch keine gezogen. Das Bundesdigitalministerium erklärt in der Stellungnahme gegenüber Heise Online, dass ein Doppelausbau grundsätzlich zunächst kein Problem sei. In dicht besiedelten Gebieten könnten zwei oder sogar mehr Glasfasernetze wirtschaftlich betrieben werden.
Die Telekom selbst hat die Vorwürfe immer bestritten. Der Konzern bezeichnet die Vorfälle als Teil des normalen Wettbewerbs.