Glasfaserausbau: Warum (zu) wenige Haushalte die Anschlüsse buchen

Andreas Frischholz
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Glasfaserausbau: Warum (zu) wenige Haushalte die Anschlüsse buchen
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Der Glasfaserausbau kommt voran, immer mehr Haushalte könnten die Anschlüsse nutzen, lautet eine der Erkenntnisse aus der Marktanalyse des Provider-Verbands Breko. Allerdings haben nach wie vor nur wenige Haushalte einen Anschluss tatsächlich aktiviert.

Glasfaserausbau nähert sich 50-Prozent-Marke

19,9 Millionen Haushalte in Deutschland verfügen demnach Ende Juni 2024 über einen Homes-Passed-Anschluss, was einer Glasfaserausbauquote von 43,2 Prozent entspricht. Ein Zuwachs um 7,6 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Homes Passed beschreibt Glasfaserkabel, die zwar schon bei einem Haus liegen, aber noch nicht angeschlossen sind. Ist das der Fall, ist von Homes Connect die Rede – und wird vom Breko mit einer Glasfaseranschlussquote zusammengefasst. Diese liegt nach dem ersten Halbjahr 2024 bei 22,8 Prozent, das sind 10,5 Millionen Haushalte.

Die meisten Glasfaseranschlüsse stammen wie gehabt von den Wettbewerbern der Deutschen Telekom. In der Homes-Passed-Kategorie kommen diese auf 61 Prozent, bei den direkt verbundenen Anschlüssen sind es 70 Prozent und bei den aktivierten Anschlüssen sogar 77 Prozent.

Breko Marktanalyse: Anzahl der aktivierten Glasfaser-Anschlüsse Ende Juni 2024
Breko Marktanalyse: Anzahl der aktivierten Glasfaser-Anschlüsse Ende Juni 2024 (Bild: Breko)

5,2 Millionen Haushalte sind es, die Ende 2024 aktiv einen Glasfaser-Anschluss nutzen. Das sind 0,8 Millionen Haushalte mehr als zum Vorjahreszeitraum, ebenso steigt die Take-up-Rate – also der Anteil der Haushalte, die einen verfügbaren Anschluss nutzen – leicht auf 26 Prozent an. Doch die geringe Nachfrage bleibt problematisch.

Umstieg auf Glasfaser kostet mehr – und schreckt vor allem die mit günstigen Altverträgen ab

Antworten für die niedrige Take-Up-Rate lieferte zuletzt eine Studie der Beratungsfirma BearingPoint, über die der Spiegel Ende August berichtete. Demnach belaufen sich die durchschnittlichen Kosten eines Glasfaser-Anschlusses auf 48 Euro, bei einem Kabelanschluss sind es 44 Euro und bei einem DSL-Anschluss 43 Euro. Glasfasernutzer zahlen also mehr, erhalten dafür aber auch höhere Bandbreiten – und sollen deutlich zufriedener sein.

Dennoch ist die Nachfrage gedämpft. Laut Studienleiter Julius Hafer liege das auch an den DSL-Altverträgen, die viele Haushalte noch haben – und die vergleichsweise günstig sind. Tarife für 10 Euro bis 20 Euro pro Monat würden kaum noch existieren, stattdessen kosten Neuverträge normalerweise mehr als 30 Euro monatlich, wenn die Einstiegsrabatte nicht mehr gelten. „Vielleicht ist auch das ein Grund, dass laut unserer Studie rund 32 Prozent der Kunden ihren DSL-Vertrag gerne beibehalten möchten“, so Hafer im Spiegel.

Einnahmen aus dem Ausbau sind aber nötig. Im Jahr 2023 befanden sich die Gesamtinvestitionen in den Glasfaser- und Mobilfunkausbau mit 13,2 Milliarden Euro nach wie vor auf hohem Niveau, sind aber erstmals seit Jahren leicht rückläufig. Die Investitionen der Telekom sind derweil von 4,9 Milliarden Euro in 2022 auf 5,6 Milliarden Euro in 2023 gestiegen, bei den Wettwerbern gab es einen Rückschritt von 8,5 Milliarden Euro auf 7,6 Milliarden Euro.

Prognose: Kein kompletter Glasfaserausbau bis 2030

Angesichts des aktuellen Ausbautempos bleibt der Breko skeptisch, ob sich alle Breitbandziele der Bundesregierung erreichen lassen. Bis 2025 sollen 50 Prozent der Haushalte und Unternehmen versorgt sein, das ist machbar. Ob bis 2030 der Vollausbau gelingt, bezweifelt der Verband indes. Unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen komme Deutschland laut einer Prognose nur auf einen Wert von 76 bis 86 Prozent.

Erneut kritisiert der Breko den Doppelausbau als eines der Probleme. „Auch wenn die Telekom das Gegenteil glauben machen möchte: Der strategische Doppelausbau des marktbeherrschenden Unternehmens bleibt ein zentrales Problem im Glasfaserausbau“, so Breko-Geschäftsführer Stephan Albers. So ein Verhalten verhindere den Ausbau in ganzen Kommunen, verschrecke Investoren und belaste die Bürger. 78 Prozent der Netzbetreiber wären laut der Marktanalyse von Doppelausbau-Aktivitäten der Telekom sowie der Tochter Glasfaser Plus betroffen. 31 Prozent hätten sich deswegen sogar schon aus Ausbauprojekten zurückgezogen.

Die Bundesnetzagentur hat die Vorfälle bereits mit einer Analyse unterzogen. Noch hatte der Bericht keine unmittelbaren Konsequenzen. Die Telekom selbst hat wiederholt erklärt, es handele es sich um normalen Wettbewerb.

Neben dem Doppelausbau beschreibt der Breko die Kupfer-Glasfaser-Migration als drängendstes Thema. Es müsse klare Vorgaben geben. Ansonsten würde das Risiko bestehen, dass die Telekom die alten Kupfernetze nur dort abschaltet, wo der Konzern selbst Glasfaser verlegt hat.

Schleswig-Holstein im Ländervergleich weiter vorne

Im Vergleich der Bundesländer liegt wie gehabt Schleswig-Holstein mit einer Glasfaserausbauquote von 89,3 Prozent auf Rang 1. Dahinter folgen Hamburg (82,7 Prozent) und Brandenburg (59,3 Prozent). Den größten Zuwachs gibt es in Bremen mit einem Plus von 26,3 Prozentpunkten. Das Schlusslicht bilden Thüringen (33,8 Prozent), Baden-Württemberg (29 Prozent) und Berlin (28,5 Prozent).

Breko Marktanalyse: Glasfaserausbau-Quote im Ländervergleich
Breko Marktanalyse: Glasfaserausbau-Quote im Ländervergleich (Bild: Breko)
Breko Marktanalyse: Glasfaseranschluss-Quote im Ländervergleich
Breko Marktanalyse: Glasfaseranschluss-Quote im Ländervergleich (Bild: Breko)

Im internationalen Vergleich holt Deutschland derweil auf. Ein Plus von 26 Prozent pro Jahr bei den Homes-Passed-Anschlüssen seit 2020 liegt über dem europäischen Durchschnitt. Nur: Laut dem Breko liegt Deutschland bei dieser Glasfaserkategorie im OECD-Länderranking auf Rang 36 von 38.