Hessisches Verfassungsschutzgesetz: BVerfG erklärt weite Teile für verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem heute gesprochenen Urteil weite Teile des 2019 beschlossenen hessischen Verfassungsschutzgesetzes für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt. Vorausgegangen war eine Verfassungsbeschwerde mehrerer Kläger und Organisation.
Ähnliche Entscheidung wie in Bayern
Wie bereits beim Bayerischen Verfassungsschutzgesetz 2022 kam der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts erneut zu dem Schluss, dass auch im Hessischen Verfassungsschutzgesetz (HVSG) mehrere Datenerhebungs- und Übermittlungsbefugnisse des Landesamts für Verfassungsschutz mit dem Grundgesetz unvereinbar seien, da diese gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen und zu tief in die Grundrechte der Betroffenen sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen würden.
Ausgangspunkt des heutigen Rechtsspruches war eine Verfassungsbeschwerde aus dem Jahr 2019, die sich gegen mehrere Befugnisse des hessischen Verfassungsschutzgesetzes richtete. Fünf Personen hatten geklagt, darunter zwei, die vom hessischen Landesamt für Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wurden, zwei Rechtsanwälte, die Personen vertreten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, und ein Journalist, der nach eigener Aussage regelmäßig Kontakt zu Menschen hat, die vom Verfassungsschutz überwacht werden. Die Kläger wurden von mehreren Organisationen unterstützt, darunter auch von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).
Anpassungen nicht ausreichend
Das hessische Verfassungsschutzgesetz wurde bereits im vergangenen Jahr angepasst, nachdem das Bundesverfassungsgericht Teile des bayerischen Verfassungsschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt hatte. Da das vom BVerfG gesprochene Urteil auch für andere Bundesländer bindend ist, wurde das Gesetz in Hessen an die neuen Vorgaben angepasst – der Aussage des Gerichtes nach jedoch nicht genug. So kritisierte dieses unter anderem, dass die Befugnis Eingriffe mit erhöhtem Gewicht bei der Ortung von „Mobilfunkendgeräten“, der Weitergabe von Daten an Strafverfolgungsbehörden sowie beim Einsatz verdeckter Mitarbeiter erlauben, dafür aber keine hinreichende Eingriffsschwelle vorsehen würden. Aus diesen Gründen seien die Bestimmungen als verfassungswidrig anzusehen.
Durch das Urteil gelten die beanstandeten Regelungen nur noch bis zum 31. Dezember 2025 und das auch nur in eingeschränkter Form. Bis dahin hat die hessische Landesregierung Zeit, das Gesetz verfassungskonform anzupassen. Auch gegen das hessische Polizeigesetz wurde eine Verfassungsbeschwerde erhoben, bei der das Gericht bereits Anfang des Jahres entschieden hatte, dass die Polizei ihre Datenverarbeitung einschränken müsse.
Kläger sind zufrieden
Die Kläger und Unterstützer sehen sich durch das Urteil bestärkt: „Das Bundesverfassungsgericht weist den hessischen Verfassungsschutz in die Schranken und festigt damit seine grundrechtsfreundliche Rechtsprechung zu den Geheimdiensten“, so David Werdermann, Verfahrenskoordinator bei der GFF in einer Presseerklärung. Für ihn hat das Bundesverfassungsgericht den hessischen Verfassungsschutz in seine Schranken gewiesen und damit seine „grundrechtsfreundliche Rechtsprechung zu den Geheimdiensten“ bestätigt. Ähnlich sieht es Franz Josef Hanke, stellvertretender Landessprecher der Humanistischen Union Hessen und einer der fünf Beschwerdeführer: „Die hessische Landesregierung muss nachsitzen, weil sie schlampig mit elementaren Bürgerrechten umgegangen ist“. Leider sei dies nicht die erste Schlappe, die die Landesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht erlitten habe, so Hanke weiter.