Kontroverse Copilot+-Funktion: Nutzer werden Recall nicht deinstallieren können

Andreas Frischholz
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Kontroverse Copilot+-Funktion: Nutzer werden Recall nicht deinstallieren können

Microsoft arbeitet am Neustart von Recall – der Copilot+-Funktion, durch die der PC eine Art Gedächtnis erhält. Ab Oktober soll Recall über das Windows-Insider-Programm verteilt werden. Deinstallieren lässt sich Recall nach wie vor nicht.

Recall ein deaktivierbares Feature?

Eines der letzten Updates für Windows 11 24H2 (KB5041865) erweckte zunächst den Eindruck, als würde Microsoft den Nutzern tatsächlich erlauben, Recall von einem PC zu entfernen. Wie Deskmodder bemerkte, tauchte die Funktion in der Liste der Windows-Features auf, die sich durch den Nutzer deaktivieren lassen.

Recall-Option, um es als Windows-Feature zu entfernen
Recall-Option, um es als Windows-Feature zu entfernen

Dabei handelt es sich aber um einen Bug. Es sei bekannt, dass Recall fälschlicherweise in der Feature-Rubrik aufgeführt sei, sagte der Windows-Produktmanager Brandon LeBlanc in einer Stellungnahme gegenüber The Verge. Mit einem der kommenden Updates will Microsoft den Fehler beheben.

Selbst wenn Microsoft den Nutzern also mehr Wahlfreiheiten im Umgang mit Recall zugestehen will, sieht es so aus, dass sich das Feature nicht komplett entfernen lässt. The Verge hatte konkret nachgefragt, ob Nutzer Recall vollständig deinstallieren können. Microsoft wollte die Aussage aber nicht präzisieren. Stand jetzt sieht es also so aus: Wer es nicht nutzen will, hat das Programm trotzdem auf dem PC.

Mehr Wahlfreiheit für die Nutzer – aber nicht zu viel

Relevant ist das, weil Recall bereits kontrovers diskutiert wurde und Microsoft kurzfristig den Start stoppte. Eigentlich sollte es gemeinsam mit den ersten Copilot+ PCs ausgeliefert werden. Recall war dabei als KI-Suche eines der Premium-Features, das unterstreichen sollte, warum für die neue Generation AI-PCs eine dedizierte NPU mit mindestens 40 TOPS nötig ist.

Recall erstellt eine Historie über alle Tätigkeiten am PC. Möglich ist das mit einer Sammlung von Snapshots, die im Sekundentakt aufgenommen und bis zu drei Monate gespeichert werden. Diese Snapshot-Sammlung ist der Kern des Konzepts. Denn Nutzer haben die Option, diese mit natürlicher Sprache zu durchsuchen. Dafür nutzt Recall ein System mit Large Language Models (LLM), das lokal auf dem Rechner läuft. Mit Begriffen wie „blaue Jacke“ lassen sich so dann etwa die Ergebnisse einer Online-Shopping-Recherche finden.

Meldungen zu Recall im Überblick

Der Haken waren jedoch die Sicherheitsbedenken. Ursprünglich sollte Recall standardmäßig aktiviert sein und praktisch alle Informationen auf dem Bildschirm erfassen. Selbst sensible Inhalte wie Chats landen in der Datenbank, wenn Nutzer die Funktion nicht händisch deaktivieren. Ausnahmen gab es nur wenige, diese galten etwa für den Privatmodus in Browsern – diese müssen aber auch die Recall-API unterstützen, das war zum Start nur bei Chromium-Browsern der Fall. Sicherheitsforscher stellten zudem fest, dass die Snapshot-Sammlung nicht verschlüsselt gespeichert wurde. Angreifer hätten also leicht Zugang zu den Daten gehabt.

In der Folge musste Microsoft die Reißleine ziehen. Der Recall-Start wurde verschoben, Microsoft kündigte bereits Nachbesserungen an. Die KI-Suche wird zur Opt-in-Funktion, Nutzer müssen diese also beim Einrichten des Betriebssystems aktivieren. Bei diesem Prozess soll einen auch mehr Informationen über das vermittelt werden, was Recall macht. Die auf der Festplatte abgelegten Daten sollen künftig zudem verschlüsselt sein und Nutzer müssen sich über Windows Hello authentifizieren, um darauf zugreifen zu können.

Deinstallation womöglich nur in der EU

Generell lautet also die Strategie: Die Nutzer sollen kontrollieren, was Recall macht. Die Deinstallation wäre ein noch weitreichenderer Schritt gewesen. So weit will Microsoft aber scheinbar nicht gehen, wenn im Oktober der Neustart erfolgt.

Denkbar ist jedoch, dass ausschließlich Nutzer in der EU die Deinstallationsoption für Recall erhalten, heißt es bei The Verge. Aufgrund des Gesetzes über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) sind die Auflagen für marktbeherrschende Plattformen besonders streng, Gatekeeper-Konzerne wie Microsoft müssen den Nutzern mehr Wahlfreiheiten lassen. Dass sich Recall deinstallieren lässt, wäre eine naheliegende Option.