Kritik an SAP-Cloud für Microsoft 365: Bund wird Abhängigkeit der Verwaltung von Microsoft verstärken

Andreas Frischholz
98 Kommentare
Kritik an SAP-Cloud für Microsoft 365: Bund wird Abhängigkeit der Verwaltung von Microsoft verstärken
Bild: Carsten | CC BY 2.0

Um Cloud-Dienste für den Bund anbieten zu können, plant Microsoft eine Kooperation mit der SAP-Tochter Delos. Über den deutschen Cloud-Betreiber sollen auch Verwaltungen die Microsoft-365-Dienste nutzen können. Kritiker warnen nun, dass der Bund so die Abhängigkeit von Microsoft verstärke.

Aufgrund der Datenschutzvorgaben ist es für Behörden in Deutschland generell eher schwierig, Microsofts Cloud-Dienste einzusetzen. Das gilt auch für den Bund, heißt es in einem Bericht von Netzpolitik.org. Demnach nutzen Bundesbehörden bislang Microsofts Office-Pakete als On-Premise-Lösungen, es handelt sich also um lokal laufende Anwendungen.

Es bestehe aber der Bedarf, künftig verstärkt Microsofts Cloud-Dienste sowie Anwendungen wie Teams oder den KI-Assistenten Copilot zu nutzen. Damit das geht, kommt die SAP-Tochter Delos ins Spiel. Der deutsche Cloud-Betreiber kooperiert nun mit Microsoft, um Azure-Diensten sowie Office-Lösungen in den eigenen Rechenzentren zu betreiben – also sowohl auf eigener Hardware als auch mit eigenem Lizenzierungsverfahren.

Was entstehen soll, ist eine Plattform, die laut den „regulatorischen Vorgaben des Bundes in Bezug auf Daten, Betrieb und Regulatorik souverän“ ist. Die staatlichen Vorgaben für Datenschutz, IT-Sicherheit und Geheimschutz vollumfänglich erfüllen.

Nächster Anlauf für die Deutschland-Cloud

Es ist also ein weiterer Anlauf für eine Art Deutschland-Cloud. Ein ähnliches Vorhaben startete Microsoft bereits infolge der NSA-Enthüllungen mit der Telekom, diese wurde damals als eine Art Treuhänder eingesetzt. Auf diese Weise sollte garantiert werden, dass Microsoft keine vertraulichen Daten an Geheimdienste wie die NSA weitergeben muss. Entsprechende Gesetze existieren in den USA, stehen aber im Widerspruch zum europäischen Datenschutzrecht. Die Deutschland-Cloud von Microsoft hatte jedoch keinen nachhaltigen Erfolg.

Mit dem SAP-Abkommen könnte sich das nun ändern, denn es geht nochmals weiter. Denn Delos kontrolliert nicht nur den Zugang zu den Kundendaten, sondern betreibt das komplette Rechenzentrum selbst und vertreibt auch die Lizenzen.

Mit der Delos-Cloud würde sich das ändern. Dann wäre es möglich, Microsoft 365 als Cloud-Dienst zu verwenden.

„Microsoft-Cloud im Delos-Mantel“

Datenschützer und Befürworter von freier Software sind von dem Abkommen wenig begeistert. Es sei „eine Microsoft-Cloud im Delos-Mantel“, sagte Anke Domscheit-Berg (Die Linke) gegenüber Netzpolitik.org. Die ohnehin große Abhängigkeit der Verwaltung von Microsoft – und damit auch von proprietärer Software – würde sich somit weiter verstärken.

Die Kosten, die der Bund für IT-Leistungen und Lizenzen von Microsoft aufbringt, steigen ohnehin. 2023 lag die Summe bei 198 Millionen Euro, davon entfallen 98,5 Millionen Euro auf unbefristete Lizenzen. 2017 lag die Summe noch bei 74 Millionen Euro.

Man entferne sich also immer mehr von dem Ziel, offene Software in der Verwaltung einzusetzen. Und je mehr Lösungen aus Microsofts Cloud-Ökosystem verwendet werden, desto schwerer werde es, freie Alternativen zu integrieren. So schränke die Bundesregierung den Handlungsspielraum ein, so Domscheit-Berg.

Kanzler Scholz warb persönlich für SAP-Abkommen

Im Vorfeld des Beschlusses hat sich auch der IT-Planungsrat gegen die Delos-Cloud ausgesprochen. Die Bundesregierung hat sich aber anders entschieden. Wie Netzpolitik.org berichtet, hat sich sogar Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Juni persönlich in eine Sitzung des IT-Planungsrats eingeschaltet und für Delos geworben. Laut Netzpolitik.org ein ungewöhnlicher Vorgang, normalerweise äußere sich der Kanzler nur selten zur Verwaltungsdigitalisierung.

Ein Monat vor der Sitzung hat es jedoch ein Treffen zwischen Scholz und der Führungsspitze von SAP gegeben. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken hervor.

SAP-Startschuss für Microsoft 365 im zweiten Halbjahr 2025

SAP selbst hatte am Donnerstag offiziell den Start für die Microsoft-Kooperation in der Delos-Cloud angekündigt. Erste Azure-Dienste sollen ab dem ersten Halbjahr 2025 verfügbar sein, Microsoft Office 365 folgt laut dem Plan in der zweiten Jahreshälfte. In den kommenden Jahren will SAP zudem 2 Milliarden Euro investieren, um sichere Cloud-Dienste in Deutschland anzubieten.