Nokia vs Amazon: Patentstreit bedroht Fire-TV-Verkäufe

Frank Hüber
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Nokia vs Amazon: Patentstreit bedroht Fire-TV-Verkäufe

Das Landgericht München hat in einem Patentrechtsstreit zwischen Nokia und Amazon zugunsten von Nokia entschieden. Das Urteil versetzt Nokia in die Lage, zumindest den Verkauf einiger Fire-TV-Geräte in Deutschland zu stoppen. Hintergrund des Verfahrens sind Lizenzgebühren für Videopatente, die Nokia von Amazon erhalten möchte.

Streit um Video-Patent

Schon seit 2023 klagt Nokia in mehreren Ländern gegen Amazon, weil es seine Patente im Bereich der Videokompressionsverfahren H.264 und H.265 verletzt sieht, die Amazon etwa beim Videostreaming über die Fire-TV-Geräte einsetzt. Amazon hatte sich bislang geweigert, die geforderte Höhe der Lizenzgebühren an Nokia zu entrichten, da diese deutlich höher ausfallen als branchenüblich. Nokia verlangte deshalb ein Verkaufsverbot für einige Fire-TV-Geräte sowie Schadenersatz, dessen Höhe nicht bekannt ist.

Amazon wird Rechtsmittel einlegen

Das Landgericht München hat nun zwar im Sinne von Nokia entschieden, daraus folgt aber nicht automatisch der Verkaufsstopp für die Fire-TV-Geräte. Diesen muss Nokia wiederum mit einem Unterlassungsanspruch durchsetzen. Auch dann wären nach bisherigen Erkenntnissen nicht alle Fire-TV-Geräte betroffen, da nicht alle das Nokia-Patent mit der Nummer EP2375749 nutzen. Welche Geräte genau betroffen sind, ist noch nicht bekannt. Sollte eine spätere Instanz gegen Nokia entscheiden, müsste das Unternehmen Amazon allerdings die erlittenen Einnahmeverluste erstatten. Das Durchsetzen eines Verkaufsstopps birgt somit auch ein Risiko für Nokia.

Amazon kann und wird, wie man gegenüber ComputerBase bestätigte, noch Einspruch gegen das Urteil einlegen, das noch nicht in schriftlicher Form vorliegt.

Amazon hält Gebühren für überzogen

Amazon hat sich bereits zu dem Urteil geäußert und hält es für falsch, bestreitet jedoch nicht, das strittige Patent zu nutzen, ohne Lizenzzahlungen zu leisten. Vielmehr halte man die von Nokia verlangte Höhe für übertrieben. Nokia habe entsprechende Angebote zu Lizenzzahlungen von Amazon bisher ausgeschlagen. Auch für Nokia gilt die gesetzliche Pflicht, Patente auf fairer Basis zu lizenzieren. Wie hoch diese Gebühren ausfallen dürfen, müssen wie im weiteren Verlauf wohl auch jetzt, mitunter aber Gerichte entscheiden. Nokia sieht im Urteil des Landgerichts München ihre Haltung aber bestätigt.

Der auf Patentrechtsstreitigkeiten spezialisierte Blog IPfray zitiert Nokias Chief Licensing Officer New Segments, Arvin Patel, mit den Worten: „Das Landgericht München hat entschieden, dass Amazon die patentierten videorelevanten Technologien von Nokia in seinen Streaminggeräten für Endverbraucher nutzt und diese illegal ohne Lizenz verkauft. Das Gericht hat auch festgestellt, dass Nokia in seinen Verhandlungen mit Amazon fair gehandelt hat“.

Eine Klärung könnte auch in Großbritannien herbeigeführt werden, wo ebenfalls noch eine Gerichtsverhandlung im Jahr 2025 zu diesem Thema aussteht.

Wir halten die Entscheidung des Landgerichts München für falsch und sind zuversichtlich, dass die Situation bald gelöst sein wird. Das Urteil wird keine Auswirkungen auf bestehende Kund:innen haben und eine große Auswahl an Fire TV-Geräten wird weiterhin auf Amazon.de verfügbar sein. Wir sind stets bereit, einen fairen Preis für Patentlizenzen zu zahlen, und haben mit einer Reihe von Unternehmen zusammengearbeitet, um Videopatente dieser Art zu lizenzieren. Nokia verlangt mehr als all diese Unternehmen zusammen und hat unser faires und branchenübliches Angebot abgelehnt. Wir bedauern, dass Nokia versucht, die Auswahl für Kund:innen einzuschränken.

Amazon Sprecher:in

Keine Auswirkung auf bisherige Käufer

Selbst wenn Nokia ein Verkaufsverbot durchsetzt, wirkt sich dieses nicht auf Besitzer von Fire-TV-Streaminggeräten aus. Diese werden dadurch nicht etwa im Funktionsumfang beschnitten oder eingeschränkt, sondern können in jedem Fall wie bisher genutzt werden.