Polestar 4 und 3 angeschaut: Sportlichster Polestar tauscht Scheibe gegen Display-Spiegel

Nicolas La Rocco
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Polestar 4 und 3 angeschaut: Sportlichster Polestar tauscht Scheibe gegen Display-Spiegel

Der Polestar 4 ist ein elektrisches SUV-Coupé und tanzt im Portfolio des Herstellers mit einer von Geely entwickelten Plattform aus der Reihe. Das macht sich vor allem im Innenraum bemerkbar, wo Tasten und Bildschirme anders als etwa im ebenso neuen Polestar 3 angeordnet sind. Dazu gehört auch ein digitaler Display-Rückspiegel.

Glasdach bis ins Heck statt Heckscheibe

Diesen Rückspiegel mit integriertem Bildschirm braucht es im Polestar 4 auch, denn das von außen betrachtet auffälligste Merkmal des Autos ist die fehlende Heckscheibe. Die wäre bei der Karosserieform eines SUV-Coupés ohnehin sehr klein und der Blick nach hinten somit stark eingeschränkt ausgefallen, argumentiert Polestar, sodass man dieses Element gleich ganz weggelassen hat. Im Gegenzug streckt sich das Glasdach über die C-Säule hinaus, was für einen hellen und luftigen Innenraum sorgt, bevor das in Wagenfarbe lackierte obere Element der Heckklappe in einer kleinen Spoilerlippe mündet, auf die Rückleuchten, Logo und schließlich der Abschluss des sportlichen Hecks folgen.

Der schnellste Sprinter von Polestar

Der Polestar 4 ist das bislang sportlichste Fahrzeug der Volvo- und Geely-Kooperation. Zwar hatte das Unternehmen mit dem Polestar 1 bis 2021 ein Plug-in-Hybrid-Coupé im Sortiment, das war aber noch nicht vollständig elektrisch und kommt rückblickend betrachtet auch nicht an die Fahrleistungen des Polestar 4 heran. Beim „Long Range Dual Motor“ des Polestar 4 erhält man zweimal 200 kW oder 544 PS und kann in 3,8 s auf 100 km/h sprinten, bevor bei 200 km/h Schluss ist.

Mehr Drehmoment für den Polestar 3

Etwas weniger Leistung (380 kW/517 PS), aber mehr Drehmoment (910 Nm vs. 686 Nm), liefert das Spitzenmodell des Polestar 3, der in 4,7 s auf 100 km/h sprintet und die Höchstgeschwindigkeit auf 210 km/h festlegt. Bei Volvo gibt es maximal 180 km/h.

Einstieg ab 57.900 Euro für die Launch Edition

Das Modell mit zwei E-Motoren steht für regulär 69.900 Euro beim Polestar-Händler, noch bis 15. November gibt es die Launch Edition jedoch 4.000 Euro günstiger. Noch einmal 8.000 Euro weniger kostet die Variante „Long Range Single Motor“, die mit 200 kW/272 PS und 7,1 s auf 100 km/h allerdings an Sportlichkeit einbüßt, wenngleich die sportliche Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung auch bei diesem Modell bleibt. Gefahren ist die Redaktion ausschließlich das Topmodell inklusive Performance-Paket, das anders als beim mindestens 78.590 Euro teuren Polestar 3 zwar nicht mehr Leistung liefert, aber 22-Zoll-Felgen mit Reifen des Typs „Pirelli P Zero“, aktive Dämpfer von ZF mit Schraubenfedern, Brembo-Bremsen und farbliche Akzente in Schwedengold umfasst.

Verbrauch bei sportlicher Fahrweise

Im Polestar 4 (und 3) setzt das Unternehmen auf Nickel-Mangan-Cobalt-Batterien von CATL, die auf eine Nettokapazität von 94 kWh (Polestar 4) und 107 kWh (Polestar 3) kommen. Den Verbrauch des SUV-Coupés mit zwei Motoren gibt der Hersteller mit 18,7-21,7 kWh/100 km an, bei der sportlichen Fahrweise im Test lag der Verbrauch bei 22,9 kWh/100 km. Im größeren Polestar 3 lag der Verbrauch zur Probefahrt bei 25,4 kWh/100 km, der Hersteller selbst gibt 22,1-23,0 kWh/100 km an. Geladen wurde nicht, aber Polestar gibt bis zu 200 kW (DC) und 10-80 Prozent in 30 Minuten für den Polestar 4 und bis zu 250 kW (DC) und 10-80 Prozent in 30 Minuten beim Polestar 3 an.

Abmessungen und technische Daten von Polestar 3 und 4

Mit Abmessungen von 4.840 × 2.008/2.139 × 1.534 mm (mit Außenspiegeln) ist der Polestar 4 gar nicht so viel kleiner als das eigentliche SUV Polestar 3, das auf 4.900 × 1.968/2.120 × 1.614 mm kommt. Das SUV-Coupé baut sogar breiter, ist aber etwas kürzer und steht geduckt auf der Straße, was zur sportlichen Präsenz beiträgt. Die beiden Fahrzeuge unterscheiden außerdem rund 230 kg beim Leergewicht der jeweils zweimotorigen Variante. Mit einem Motor fällt das Gewicht um 125 kg respektive 85 kg.

Polestar 4 Polestar 3
Modell Long Range Single Motor Long Range Dual Motor Long Range Single Motor Long Range Dual Motor Long Range Dual Motor mit Performance-Paket
Preis Standard 61.900 Euro 69.900 Euro 78.590 Euro 85.590 Euro 92.190 Euro
Launch Edition
(bis 15.11.2024)
57.900 Euro 65.900 Euro 81.590 Euro 88.190 Euro
Motor 1 × 200 kW Permanent­magnetmotor 2 × 200 kW Permanent­magnetmotoren 1 × 220 kW Permanent­magnetmotor 2 × 180 kW Permanent­magnetmotoren 2 × 180 kW Permanent­magnetmotoren, Performance-Software-Upgrade zur Leistungssteigerung um 20 kW und Drehmomentsteigerung um 70 Nm
Antrieb Heckantrieb Allradantrieb Heckantrieb Allradantrieb
Leistung 200 kW/272 PS 400 kW/544 PS 220 kW/299 PS 360 kW/489 PS 380 kW/517 PS
Drehmoment 343 Nm 686 Nm 490 Nm 840 Nm 910 Nm
0-100 km/h 7,1 s 3,8 s 7,8 s 5,0 s 4,7 s
Vmax 200 km/h 180 km/h 210 km/h
Reichweite (WLTP) 620 km 590 km 650 km 631 km 561 km
Verbrauch (WLTP) 17,8-18,1 kWh/100 km 18,7-21,7 kWh/100 km 18,9-20,0 kWh/100 km 19,7-21,8 kWh/100 km 22,1-23,0 kWh/100 km
Testverbrauch 22,9 kWh/100 km 25,4 kWh/100 km
Batterie 100 kWh (94 kWh), 110 Zellen, 400 V
Nickel Mangan Cobalt (NMC) von CATL
111 kWh (107 kWh), 204 Zellen, 400 V
Nickel Mangan Cobalt (NMC) von CATL
Laden 200 kW (DC), 10-80 % in 30 Minuten 250 kW (DC), 10-80 % in 30 Minuten
Abmessungen
(L × B × H)
4.840 × 2.008/2.139 × 1.534 mm 4.900 × 1.968/2.120 × 1.614 mm
Leergewicht 2.305 kg 2.430 kg 2.575 kg 2.660 kg

Zwei Plattformen für zwei Innenraumkonzepte

Die Zugehörigkeit zum Volvo-Konzern setzt sich vom modern gestalteten Exterieur mit unverwechselbarer Front- und Heckpartie im Innenraum beider Modelle fort, der sich beim „4“ deutlich von früheren Polestar-Modellen unterscheidet. Beim Einsteigen wird das zunächst anhand des Infotainmentsystems deutlich, das im Landscape-Format 15,4 Zoll misst und 1.920 × 1.200 Pixel darstellt. Polestar-Fahrzeuge haben bislang auf Displays im Porträt-Format gesetzt, so auch beim Polestar 3 mit 14,5 Zoll. Das sind die Unterschiede, die sich aufgrund der unterschiedlichen Plattformen ergeben. Der Polestar 4 nutzt die SEA von Geely (Sustainable Experience Architecture), der Polestar 3 hingegen die SPA II (Scalable Product Architecture II) von Volvo, die dort auch der elektrische EX90 nutzt.

Infotainmentsystem mit Google-Betriebssystem

Hintergrund der unterschiedlichen Bildschirmauslegung ist das multimediale Verhalten der chinesischen Kundschaft, die abseits des eigentlichen Fahrens viel mehr Zeit im Auto verbringt als europäische Kunden. Das Auto ist in China auch ein kleines Wohnzimmer, dort werden etwa Videoinhalte konsumiert, was mit einem Display im Breitbildformat besser gelingt. Im Polestar 4 lassen sich auch in Deutschland Apps wie YouTube oder der Vivaldi Browser nutzen, die vom gewählten 16:9-Format profitieren. Während der Fahrt ist der Zugriff darauf gesperrt und die Navigation steht im Vordergrund. Dank Android Automotive OS übernimmt diese Rolle Google Maps, das auch Ladestationen und empfohlene Stopps und nicht zuletzt eine riesige Masse an Points of Interest samt Bewertungen umfasst, so wie man es vom Smartphone kennt. Derzeit basieren beide Infotainmentsysteme noch auf Android 12, ein Update auf Android 14 ist aber für das kommende Jahr geplant. Android 13 will Polestar in beiden Modelle überspringen.

Apple CarPlay aktuell nur im Polestar 4

Wer das alles nicht haben oder ohne ein Google-Konto das Infotainmentsystem einrichten möchte, kann zumindest im Polestar 4 alternativ zu Apple CarPlay greifen, das auf 15,4 Zoll fast schon lächerlich groß wirkt, aber reibungslos im Test funktionierte. Für den Polestar 3 gibt es noch kein CarPlay, das soll aber per OTA-Update nachgereicht werden – Termin offen.

Unterschiedliche Bedienkonzepte

Im Polestar 3 mit dem hochkant positionierten Display muss man sich bei der Bedienung etwas umgewöhnen, wenn man kurz davor aus dem Polestar 4 gestiegen ist. Dort sind etwa die Schnellverknüpfungen, um zum Beispiel den seit Juli dieses Jahres in der EU vorgeschrieben ISA-Tempowarner zu deaktivieren, auf großen Kacheln in der rechten Bildschirmhälfte zu finden, während sie beim Polestar 3 in einer Leiste für die Klimatisierung am unteren Rand abgelegt sind.

Das voneinander abweichende Bedienkonzept setzt sich in Bereichen wie den Assistenzsystemen fort, wo beim Polestar 4 alles über die linke Lenkradspeiche gesteuert wird, beim Polestar 3 aber der rechts positionierte Gangwahlhebel zunächst zur Aktivierung des Level-2-Systems nach unten gezogen muss (Tesla lässt grüßen). Nur beim Polestar 4 lässt sich auch der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einstellen, beim Polestar 3 zumindest aktuell noch nicht, wenngleich dafür ein OTA-Update geplant ist. Und in der Fahrertür gibt es nur beim Polestar 4 vier Schalter für vier Fenster, während für den Polestar 3 ein Umschalter zwischen den vorderen und hinteren Scheiben wechselt, so wie es auch VW macht und dafür immer wieder Kritik einstecken muss.

Kleine Displays hinten für Klima und Multimedia

Vollwertige Bildschirme für die Passagiere auf den hinteren Plätzen gibt es in beiden Modellen nicht, lediglich ein Touchscreen zur Bedienung von Klimatisierung und Sitzheizung für Mitreisende im Fond ist im Polestar 3 verbaut und im Polestar 4 lassen sich über einen 5,7 Zoll großen Bildschirm mit 640 × 160 Pixeln Lüftung und Multimedia steuern.

Dolby Atmos von Bowers & Wilkins

Fans von 3D-Surround-Sound kommen im Polestar 3 auf ihre (hohen) Kosten, wo im Plus-Paket (6.000 Euro) das serienmäßige System mit 10 Lautsprechern und 300 Watt gegen eines von Bowers & Wilkins mit 25 Lautsprechern (auch in den vorderen Kopfstützen), 1.610 Watt, aktiver Straßengeräuschunterdrückung und Dolby Atmos getauscht wird. Wer dann beim Streaming-Anbieter Tidal die richtigen Musikstücke oder Demoaufnahmen von Dolby auswählt, erhält einen bombastisch guten 3D-Klang. Eine App für Apple Music fehlt allerdings. Steigerungsfähig ist auch dieses System selbstverständlich, so klingt die 8.000 Euro teure Lösung von Burmester in der S-Klasse noch eine Stufe besser.

Hochtöner von Bowers & Wilkins
Hochtöner von Bowers & Wilkins
Lautsprecher in Kopfstützen
Lautsprecher in Kopfstützen

Bunte Beleuchtung im Polestar 4

Guten Klang gibt es auch im Polestar 4, wenn das Upgrade auf das Plus-Paket (5.500 Euro) und Nappaleder (5.000 Euro) erfolgt, da erst nach Auswahl dieser Pakete „Harman Kardon Premium-Sound“ mit 16 Lautsprechern inklusive 4 Lautsprechern in den Kopfstützen vorn verbaut wird. Derart teuer ist das Plus-Paket aber auch, weil damit Features wie die beleuchteten Star-Knit-Dekoreinsätze, 12-fach verstellbare Vordersitze mit Funktion für einfaches Ein- und Aussteigen, elektrisch verstellbare Rücksitze, Lenkrad- und Rücksitzheizung und 22-kW-AC-Laden hinzukommen. Verstellbare Rücksitze gibt es nicht einmal im eigentlich größeren und dank Luftfahrwerk deutlich komfortabler abgestimmten Polestar 3.

Digitaler Rückspiegel statt Heckscheibe

Der eingangs erwähnte digitale Rückspiegel ist ohne die Heckscheibe zwingend notwendig für den Polestar 4. Zunächst einmal gibt es mit einer Doppelbelegung auch weiterhin einen traditionellen Rückspiegel, über diesen lassen sich aber nur noch die Gäste auf der Rücksitzbank im Blick behalten, nicht aber, was hinter dem eigenen Auto geschieht. Über einen Kippschalter lässt sich zwischen Spiegel- und Bildschirmansicht wechseln, die ihr Signal von einer Kamera am Heck erhält, wo direkt daneben eine weitere Linse für die Rückfahrkamera respektive 360-Grad-Ansicht sitzt.

Der Kopf muss erst einmal darauf klarkommen

Der digitale Rückspiegel misst 8,9 Zoll und arbeitet mit 1.480 × 320 Pixeln. Der persönlichen Wahrnehmung nach erfolgt die Wiedergabe des Kamerasignals mit 50 oder 60 FPS, exakt klären ließ sich das nicht, doch erscheinen die Bilder im Rückspiegel (und im 10,2 Zoll großen Fahrer-Display) deutlich flüssiger als auf dem Center-Bildschirm. An der Bildqualität gibt es wenig auszusetzen, die Kamera kam auch mit unterschiedlichen Helligkeiten gut zurecht. An das klare Bild eines echten Spiegels und vor allem die Möglichkeit, mit den eigenen Augen auf den gewünschten Bereich zu fokussieren, kommt die digitale Lösung aber nicht heran. Das geht so weit, dass man sich in den ersten Minuten der Fahrt deutlich daran gewöhnen muss, da die Bereiche, die die Kamera nicht scharf erfassen kann, nicht mehr über das Auge scharfgestellt werden können – man versucht es aber. Das Gehirn muss zunächst „neu verdrahtet“ werden. Das wird der eine Fahrer schneller, ein anderer aber erst später und mancher potenziell nie hinbekommen.

Objects in mirror are not as close as they appear

Die Kamera hat außerdem eine Brennweite, die suggeriert, dass ein anderes Fahrzeug deutlich näher hinterherfährt, als es tatsächlich der Fall ist. „Objects in mirror are closer than they appear“? Mitnichten. An der Ampel stehend lässt sich zum Beispiel nicht einmal mehr das Kennzeichen des Hintermanns ablesen, obwohl das andere Auto einen ausreichenden Sicherheitsabstand wahrt. Das wiederum lässt sich daran erkennen, dass keines der Assistenzsysteme einen zu geringen Abstand zum nächsten Auto bemängelt.

Rangieren besser mit 360-Grad-Ansicht

Der neue Spiegel erfüllt somit seinen Zweck zum Großteil, er stellt aber eine klare Umgewöhnung gegenüber traditionellen Lösungen dar. Für den kurzen Blick nach hinten während der Fahrt reicht das System aus, beim Rangieren auf dem Parkplatz schaut man aber lieber auf das Infotainmentsystem mit 360-Grad-Ansicht und in die seitlichen Spiegel. Allerdings muss man selbst für den Polestar 3 mit traditionellem Spiegel anmerken, dass dieser für nicht mehr als den kurzen Blick nach hinten etwa beim Spurwechsel geeignet ist, da auch dort der Blick durch die Heckscheibe eingeschränkt ausfällt. Zum Rangieren und Parken sind die (teils optionalen) Assistenzsysteme in beiden Fahrzeugen unabdinglich.

Pilot-Paket für das Fahren nach Level 2

Selbst in den teuersten Basiskonfigurationen für 69.900 Euro (Polestar 4) oder 92.190 Euro (Polestar 3) ist das Pilot-Paket nicht serienmäßig verbaut – Ausnahme bildet jeweils die Launch Edition. Für 1.500 Euro respektive 2.800 Euro Aufpreis erhält man damit den nach Level 2 agierenden Pilot Assist, der das Fahrzeug bei Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h in der Spur hält. Das System überwacht dabei den Abstand zu den Fahrbahnmarkierungen und dem vorausfahrenden Verkehr und führt eigenständig Geschwindigkeits- und Lenkkorrekturen aus. Hinzu kommen mit dem Pilot-Paket auch der Spurwechselassistent und die zuvor erwähnte 360-Grad-Ansicht über die Außenkameras.

Mobileye SuperVision im Polestar 4

Im Polestar 4 steckt aufgrund der alternativen Plattform Technik von Mobileye, das zu Intel gehört. Mobileye SuperVision nennt sich die Lösung, die für bis zu Level 2+ ausgelegt ist, also eines Tages dauerhaft „hands-off mit eyes-on“ beherrschen soll, so wie es BMW im i5 und i7 bereits bis 130 km/h anbietet. Eine Zulassung liegt Polestar aber noch nicht vor, sodass aktuell bei Level 2 mit „hands-on und eyes-on“ Schluss ist. Der Pilot Assist meistert vor allem Autobahnen sicher, auf der Landstraße wünscht man sich aber mehr Stabilität in der Spur. Das Fahrzeug scheint sich immer wieder an der linken oder rechten Fahrbahnmarkierung zu orientieren, aber nie zuverlässig die goldene Mitte zu finden.

Polestar 3 fährt mit Nvidia Orin

Das meistert der Polestar 3 deutlich besser, der als ADAS-Rechner einen Nvidia Orin nutzt. Die Sensor Suite liest sich mit 12 Ultraschallsensoren, 1 Frontradareinheit, 9 Außenkameras und 2 Infrarot-Innenkameras zur Augenverfolgung ziemlich ähnlich. Die praktische Umsetzung erfolgt aber zuverlässiger, was sich vor allem auf kurvigen Landstraßen bemerkbar macht, die der Polestar 3 respektive Pilot Assist mit Bravour nimmt und deutlich weniger in der Spur von links nach rechts schwimmt. Was die Assistenzsysteme jeweils sehen, visualisieren beide Modelle für jedermann verständlich im kleineren Bildschirm hinter dem Lenkrad dar. Dort lässt sich alternativ zu einer Kartenansicht oder minimalistischen Optik (fast) nur mit Geschwindigkeit wechseln.

Level 2+ und Level 3 in Entwicklung

Beide Autos sollen eines Tages nach Level 3 fahren können, also „hands-off und eyes-off“ ermöglichen, sodass Nebentätigkeiten erlaubt wären. Aktuell bieten das nur Mercedes-Benz mit dem Drive Pilot (Test) und BMW mit dem Personal Pilot (Test) in Deutschland an, jedoch mehr als Stauassistent, da auf Autobahnen und (noch) auf maximal 60 km/h beschränkt.

Polestar hält eine Zulassung für Level 2+ mit autobahntauglichen Geschwindigkeiten von 130 km/h für sinnvoller, wie CTO Lutz Stiegler im Gespräch zu verstehen gab. Im Polestar 4 wäre dafür das Mobileye SuperVision ausreichend, doch müsste das System aus Sicht der Redaktion dafür schon beim aktuellen Level 2 souveräner agieren. Laut einer früheren Pressemitteilung will Polestar den „4“ eines Tages mit Level 3 anbieten, doch setzt das laut Mobileye, die das System „Chauffeur“ getauft haben, LiDAR, mehr Radareinheiten und mehr Rechenleistung voraus, sodass ein OTA-Update nicht reicht.

Polestar 4 Head-up-Display
Polestar 4 Head-up-Display
Polestar 3 Head-up-Display
Polestar 3 Head-up-Display

Was aber per OTA-Update kommen soll, ist eine optionale Visualisierung der Assistenzsysteme auch im Head-up-Display, das jeweils mit dem Plus-Paket in die Fahrzeuge kommt. Im Polestar 3 und 4 kommt der Anzeigebereich in der Windschutzscheibe auf 800 × 480 Pixel und stellt in seiner derzeitigen Umsetzung mit minimalistischer Ansicht Tempolimit, Geschwindigkeit und Navigationshinweise dar.

LiDAR verzögert die Auslieferung

Für den Polestar 3 lässt sich das erweiterte Pilot-Paket in der LiDAR-Variante bereits vorbestellen, die 5.000 Euro statt 2.800 Euro kostet. Einzug halten damit ein zweiter Nvidia Orin, LiDAR von Luminar, das Objekte auf eine Entfernung von bis zu 250 m auch bei Dunkelheit und schwierigen Witterungsverhältnissen erkennen können soll, sowie drei zusätzliche Kameras mit hoher Auflösung (8 MP) samt Reinigungssystem. Wer sich für dieses Paket entscheidet, muss mit einem Lieferdatum erst ab Mitte 2025 leben.

Ob man damit dann überhaupt Level 2+, Level 3 oder lediglich ein besseres Level 2 erhält, lässt sich der Produktseite nicht entnehmen. Polestar schreibt: „Dieses Upgrade ergänzt das Pilot-Paket um drei extra hochauflösende Kameras und das fortschrittliche LiDAR-System von Luminar. Es erstellt eine 3D-Darstellung der Fahrzeugumgebung und hebt damit die Fahrerassistenzfunktionen des Polestar 3 auf eine neue Stufe.“

Auslieferung ab Ende Oktober

Ohne LiDAR sind vorkonfigurierte Neufahrzeuge des Polestar 3 des Jahrgangs 2024 als Launch Edition inklusive Pilot- und Plus-Paket ab Ende Oktober zu Preisen ab 88.400 Euro bei Polestar zu bekommen. Die Auslieferung des Jahrgangs 2025 aus der oben abgebildeten Tabelle ohne die Launch-Edition-Extras ist bis November zu Preisen ab 78.590 Euro geplant. Für den Polestar 4 soll die Auslieferung individuell konfigurierter Fahrzeuge ab 61.900 Euro im Zeitraum Dezember 2024 bis Januar 2025 erfolgen. Bei vorkonfigurierten Fahrzeugen ist der Erhalt Ende Oktober ab 85.900 Euro möglich.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Polestar im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers in Bad Tölz unter NDA erhalten. Die Kosten für Anreise, Abreise und eine Hotelübernachtung wurden von dem Unternehmen getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers auf die oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.

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